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Endsal

GODLESSTATE: Godlesstate

Schamanistischer Tribal Post Industrial vom Feinsten!


GODLESSTATE: Godlesstate
Genre: Tribal Industrial
Verlag: Hagshadow
Vertrieb: Hagshadow
Erscheinungsdatum:
Mai 2016
Medium: CD
Preis: ~16,00 €
Kaufen bei: Hagshadow


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PATRICK LEAGAS muss an dieser Stelle wohl nicht weiter vorgestellt werden. Als Gründungsmitglied von DEATH IN JUNE und Mastermind hinter SIX COMM/MOTHER DESTRUCTION ist der Mann hinlänglich bekannt und seit Jahrzehnten aktiv, soll in den letzten Jahren jedoch, wie man hört, mit dem eigenen musikalischen Output zunehmend unzufriedener geworden sein, welcher sich, grosso modo betrachtet, für gewöhnlich ja innerhalb jenes, durchaus weitläufigen Geländes bewegte, das sich zwischen Martial Industrial und Neofolk erntfaltet. Nachdem LEAGAS seit jeher außerordentlichen Wert auf den quasi-mystischen und naturreligiösen Aspekt seiner kreativen Arbeit legt und in den letzten Jahren eine immer stärkere Sympathie für beziehungsweise Affinität zu dezidiert schamanistischen Konzepten durchscheinen lässt, lag es im Grunde genommen recht nahe, sich auch musikalisch neu auf eine eher archaische, tendenziell tribaleske Ebene einzuschwingen. Am Ende und als Produkt dieser Neuausrichtung steht GODLESSTATE – zum einen das Projekt, zum anderen das vorliegende Debütalbum, das, so LEAGAS im Begleitwort, unmittelbar durch sein "interest in archaelogy, social & spiritual history of mankind" inspiriert sei und einen "personal attempt to codify audibly the somewhat unfathomable ritual religious practices of our collective pre history" darstelle. – Und was soll man lange um den heißen Brei herumreden: Man hätte dem alten Haudegen gar nicht zugetraut, die Wurst noch mal in einem solchen Ausmaß vom Teller zu ziehen, wie es ihm jetzt mit dieser CD gelungen ist. Denn die ist ein veritabler Kracher geworden – echt jetzt mal!


"Godlesstate" löst übrigens vollumfänglich ein, was die einleitenden, zarten Andeutungen bereits ahnen machen: Es gibt Tribal beziehungsweise äh ... Tribal Industrial (gibt's sowas?) satt auf die Ohren, und das im besten nur denkbaren Begriffsverständnis, will heißen: kein kitschiger Ethnoschmonz, kein schunkeliges Atemgruppengetrommel, keine Esoterikmessenbegleitmusik, nein: das Album zeichnet sich durchwegs durch seine hohe Komplexität, immensen Strukturenreichtum, seine überwiegend harsche, raue Grundstimmung, in erster Linie jedoch durch seine schiere Substanz und seine, der etwas schräge Ausdruck sei entschuldigt: dramaturgische Tiefe aus – denn "Godlesstate" will zweifellos Geschichten erzählen und tut dies auf faszinierende Art und Weise. Zu diesem Behufe mäandert LEAGAS thematisch zwischen dem altsumerischen Gilgamesch-Epos, Themen aus den Veden, altnordischen Legenden sowie der jahrtausendealten Ausgrabungstätte von Catalhöyük herum und bringt dabei doch ganz zwanglos das Kunststück fertig, diesen eklektizistischen Flickenteppich unter der Ägide eines prähistorischen Kult-Panoptikums zu einem formal und inhaltlich perfekt stimmigen Ganzen zusammenzuschmieden. Konstitutiv für den Sound des Projektes sind ganz generell Percussions unterschiedlichster Art und Provenienz – und insgesamt tritt laut Promotext ein Instrumentarium zusammen, das "hand played drums & percussion of all varieties, reed pipes, Bombards, flutes, Zithers, Jaws harps, horns, metal pipes, multi layered vocals of all styles and the otherworldly synthesis of software instruments" umfasst. Will man übrigens Vergleiche anstellen, so könnte das Ganze wohl als überaus gelungener Cocktail aus O YUKI CONJUGATE, OMENYA, frühen ZOVIET*FRANCE, TEST DEPARTMENT, MUSLIMGAUZE und HET ZWEET umschrieben werden, abgeschmeckt mit einer zünftigen Prise Noise und Distortion.

Da sich die CD qualitativ durchgängig auf enorm hohem Niveau hält und tatsächlich keinen einzigen, auch nur als mittelmäßig zu bezeichnenden Lückenfüller umfasst, erscheint jeder Versuch, ins Detail zu gehen, im Grunde als ein Akt blinder Willkür. Nichtsdestoweniger seien des Rezensenten ganz persönliche Favoriten nicht verschwiegen: da wäre zum einen der aggressiv voranpreschende Einstiegstrack "Godless State", der unter martialischen Trommelsalven mantraartig immer wieder aufs Neue die Gretchenfragen post-postmoderner Gegenwartsbefindlichkeit stellt: "Am I dreaming? Is this reality? Is reality in this godless state?" Die Nummer ist geprägt von einem ekstatisch treibenden Rhythmusstakkato und noch pulsierender schwer vorstellbar. Das Nachfolgestück "Birch Initiation" kommt als dezidiert noisig-bratzige, dabei dennoch atmosphärische Uptemponummer daher, die auf den Opener dann doch tatsächlich fast noch einen draufsetzt. "Cedar Forest" hingegen beginnt mit einem rituell-feierlichen Einstieg und ist von der Grundstimmung her eher dem indischen Kulturraum zuzuordnen – hier wechseln flächig-kontemplative, sakrale Parts mit hypnotischem Tablagetrommel und obertonartigem Singsang, um in einen kaskadisch an- und abschwellenden Sog zu kulminieren, der den Hörer in seinen Bann zwingt. Dem Titel Rechnung tragend beinahe epische Züge weist der Track "Enkidu's Wilderness" auf, der an den aus der Wildnis stammenden Tiermenschen und Freund des sagenhaften altsumerischen Heldenkönigs Gilgamesch erinnert und demgemäß auch in musikalischer Hinsicht subtil prähistorisch anmutende und orientalisch eingefärbte, von archaischem Getrommel getragene Töne anschlägt. Als vierter und letzter persönlicher Favorit sei der, das Album abschließende Track "Catalhoyuk & Beyond" namentlich erwähnt, der auf die jungsteinzeitliche, in der heutigen Türkei gelegene Siedlung Catalhöyük rekurriert und einen wahrhaften Zyklon aus dionysischem Flötengetröte und ekstatischer Percussion entfaltet, der den Hörer atemlos zurücklässt.


Angesichts dieses, mehr als bemerkenswerten, Debüts unter dem neuen nom de guerre GODLESSTATE darf man mit Fug & Recht gespannt auf das sein, was von PATRICK LEAGAS demnächst wohl sonst noch so kommen mag. Der Nachfolger "Doggerland" soll laut HAGSHADOW-Auskunft jedenfalls schon in der Röhre sein und verspricht, noch rhythmischer und harscher zu werden als das vorliegende Album … –  jawoll, richtig gelesen: Noch mehr Wumms! Hurra!! – Bis dahin genieße das geneigte Publikum jedoch erst einmal in vollen Zügen und mit gebührender Muße das, was es hier & jetzt hat: last but not least zeichnet sich "Godlesstate" – wenigstens in der Wahrnehmung des Autors – nämlich durch jenes ganz zentrale Kriterium aus, das für wirklich gute Musik paradigmatisch ist: sie wird immer besser, je öfter man sie hört. Wer also auch nur ansatzweise ein gewisses Faible für percussiongetragenen, tranceinudzierenden, ebenso harschen wie rituell-ekstatischen ... äh ... Tribal ... äh ... Post Industrial hat, kommt an "Godlesstate" schlechterdings nicht vorbei.


 
Endsal für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» GODLESSTATE @ Hagshadow
» GODLESSTATE @ discogs
» GODLESSTATE @ bandcamp
» SIX COMM @ bandcamp
» HAGSHADOW-Homepage


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Zusammenfassung
Packendes, mitreißendes Debüt des neuen Projektes von PATRICK LEAGAS aka SIXCOMM: Komplexe, treibende, durch prähistorische Mythen inspirierte, percussiongetragene Tribalstücke mit dezidiert noisiger Note. Sämtliche Daumen steil emporgereckt!

Inhalt
01: Godless State (5:52)
02: Birch Initiation (4:30)
03: Seed Time Slipping (3:33)
04: Vedic Transference (4:52)
05: Cedar Forest (9:17)
06: Enkidu's Wildness (9:30)
07: Ice Voyage (5:44)
08: Doggerland (10:20)
09: Happy New Year Deer (2:12)
10: Zika At The Sill (7:00)
11: Catalhoyuk & Beyond (3:02)

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