KANIPCHEN-FIT: Unfit For These Times...

An dieser Veröffentlichung bin ich zunächst wegen des ulkigen Bandnamens und des Formates hängengeblieben. Eine Doppel-7inch wird nicht mehr allzu oft veröffentlicht, und bei KANIPCHEN habe ich einen niederländischen Hintergrund vermutet (was auch stimmt), bin bei dem Wort selbst allerdings nicht fündig geworden. GLORIA, EMPEE und FRANK leben – nach einer Zeit in New York – seit 2011 wieder in Amsterdam, treten dort in diversen Clubs auf und planen für Herbst 2016 auch einige Konzerte in Nachbarländern. Alle spielen in zahlreichen anderen Bands oder Projekten – GLORIA zum Beispiel ist Mitglied der New Yorker Lyrik-Performer PUSSY POETS – und sind in der jetzigen Besetzung von KANIPCHEN-FIT erst für die neue Veröffentlichung zusammen gekommen. Das Schlagzeug in Form von FRANK wurde bis dahin vom Band eingespielt oder, auf der Bühne, per Drum Machine programmiert. Nun bekommen die wavigen kleinen Pop-, Rock- oder Folksongs durch das schnodderige echte Schlagzeug noch zusätzlichen Charme...

Nach wenigen Sekunden sind Bandname und Format vergessen, stattdessen becirct mich "Fight" (01) mit dem wavigen Bass aus alten CURE-Zeiten und charmant wackeligem Duett-Gesang. Die melancholische Mischung aus Wave und Pop, minimalistisch, fast Lo-Fi in der Ausarbeitung, ist perfekt zum Autofahren mit runtergekurbelter Scheibe. "Today I Go As Myself" (02) tönt wesentlich bluesiger, mit Gitarre und Orgel, die Stimmen etwas tiefer. "Flags" (03) ist dagegen wieder eine britische, schnellere Pop- / Post-Punk-Nummer in Richtung XTC. "Middle Ages" (04) nimmt die Geschwindigkeit zurück, bleibt ruhig und nachdenklich durch Gitarre und Piano, allerdings immer mit dem leicht punkigen Schlagzeug im Hintergrund. Über experimentellen Sprechgesang mit Bass und 70er-Jahre-Drogen ("Residue", 05) sowie ein funkiges Duett ("Opening Ceremony", 06) geht es zum Schlusssong, dem längsten der ansonsten kaum dreiminütigen Tracks, mit einigen Instrumentalpassagen und erzählerischen Vocals, sowie proggigem Verlauf in klassischer Besetzung Bass – Schlagzeug – Gitarre.

Die Lyrics tragen ihren Teil zu diesem 7-Lied-Erlebnis bei; Alltagsprobleme, eine Ansprache an die Freiheitsstatue oder Erlebnisse mit der New Yorker Polizei haben etwas wunderbar Beiläufiges. Alle Lieder sind erfrischend einfach und schön in ihrer Schlichtheit, an schrägen Stellen auch zerbrechlich. Die wechselnden Vocals Mann / Frau überraschen immer wieder, alles wirkt durch und durch handgemacht. Zwischendurch muss ich an diverse ROUGH TRADE-Acts der 80er-Jahre denken, wie MOMUS oder THE BAND OF HOLY JOY, alle vereint in KANIPCHEN-FIT. Ein kleines, aber sehr stimmungsvolles Fest. Und das – hier sind wir dann doch wieder beim Format – auch noch als Klappsingle!

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