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Endsal
VRIL JÄGER: Vril Jäger
Black Nirvana in Neuschwabenland
Kategorie: Rezension
Erstellt: 21.05.2016
Wörter: 1058
Artikelbewertung:
positiv:100% negativ:0%
An sich steht der Rezensent dem Genre des Neofolk nebst feldgrauen Spielarten – sieht man von den ewigen WORLD SERPENT-Klassikern einmal ab – eher indifferent bis reserviert gegenüber: zu häufig kam es in den letzten Jahren zu Ernüchterung angesichts diversen kläglichen Geklampfes käsiger Stubenhocker, welches, unterlegt vom ewig gleichen martialischen Getrommel und pathetischen Fanfarenfirlefanz, lediglich den Eindruck der Reproduktion einer Reproduktion jener Klassiker, respektive relative bis reine Redundanz vermittelte. Eine dezidierte Ausnahme von diesem zugegebenermaßen ebenso ungnädigen wie zutiefst subjektiven Urteil macht der Rezensent jedoch schon seit geraumer Zeit, wenn es um :OF THE WAND AND THE MOON:, das zentrale Projekt des dänischen Vollbartenthusiasten KIM LARSEN, geht, welches ganz gegenläufig durch seine außergewöhnliche Authentizität, Ernsthaftigkeit im besten Sinne des Wortes, musikalische Vielschichtigkeit, Ausdrucksreichtum und last but not least durch seine überzeugende Außenwirkung in personeller wie medialer Hinsicht besticht. So wird es denn erklärlich, warum der Autor dieser Zeilen spontan & auf blöde zuschlug, als er während einer kleinen virtuellen Shopping-Tour bei TESCO unter der Rubrik "Neuheiten" auf das vorliegende Album, ein neues Projekt eben jenes KIM LARSEN von :OTWATM: sowie THOMAS BØJDEN von DIE WEISSE ROSE, stieß, obendrein auch noch in schniekem, weißem Vinyl. Es sprach einfach zu viel dafür, als dass ein Zögern vertretbar gewesen wäre: Das bestrickende Cover mit dem schlicht in weiß auf weißem Grund aufgebrachten Logo nach Art einer Binderune. Überhaupt schon der Name des Projektes – zu & zu schön: VRIL JÄGER, ein Verweis auf die, angeblich 1942 auf Betreiben der mythischen "Vril-Gesellschaft" fertiggestellte "Reichsflugscheibe" "Vril-1-Jäger" – womit klar sein dürfte, wohin die thematische Reise geht, nämlich mit vollem "Schumann-Levitator-Antrieb" mittenrein ins schönste Neuschwabenland. Das Ganze überdies gemastered von BOB FERBRACHE sowie mit Fotos aus der Linse von DOUGLAS P. höchstselbst kongenial angereichert. Und last but not least ein Promotext, der all die diffusen Eindrücke, die sich dem interessierten Rezipienten beim Erstkontakt aufdrängen, zu einem griffigen Ganzen zusammenschmiedet, weshalb er an dieser Stelle explizit zitiert sei: "Camouflaged and veiled under sanctified constellations the VRIL JÄGER proclaim their gospel of a Black Nirvana and the death of this world to a soundtrack reminiscent of tectonic plates in movement, prayer wheels in motion and a human race lost in utter insanity. Through the cracks of this world a pitch black darkness and nothingness is unfolding. This is the sound of VRIL JÄGER burying this world. [...] VRIL JÄGER should not be considered as a mere side project but a seperate entity with an agenda of No Fun, No compromise and No easy listening!" – Bitteschön, wer kann da noch Nein sagen? Der Rezensent jedenfalls nicht.
Und es hat sich gelohnt. Das VRIL JÄGER-Debüt ist ohne Zweifel außergewöhnlich und reicht in qualitativer Hinsicht weit über den Durchschnitt hinaus. Mit Martial Industrial hat es lediglich bedingt, mit Neofolk nur sehr, sehr wenig zu tun – Gitarren sind extrem unterrepräsentiert, dafür gibt's Getrommel satt; man könnte die stilistische Ausrichtung behelfsmäßig mit Patchworkkategorien wie "Martial Dark Ambient Noise" charakterisieren – um die Nullsummenkategorie "Post Industrial" mal elegant zu umschiffen. Als entfernte Vergleiche seien DEATH IN JUNE zu besten "Take Care And Control"-Zeiten, einiges vom BLUTHARSCH der 90er- und frühen 00er-Jahre, aber auch LES JOYAUX DE LA PRINCESSE, INADE, TURBUND STURMWERK oder HERBST9 herangezogen. Irgendwo dazwischen und trotzdem ziemlich unvergleichlich zelebrieren VRIL JÄGER ihre "Black-Nirvana"-Feierlichkeiten – und das mit einer Menge durchaus unpeinlichen Pathos und einem Maximum an Effekt. Es ist diese spezielle, perfekt abgeschmeckte Mischung aus pulsierenden Percussionpassagen, düster-grollenden Soundlandschaften, hypnotischen Drones, mysteriös raunenden oder auch offensiv nach vorne preschenden Vocals, bezugsreichen Texten sowie last but not least einer, sich von der ersten bis zur letzten Minute durchziehenden, intensiv apokalyptischen Grundstimmung, die dieses Album zu einem solch ausgesuchten Juwel macht. Wer übrigens im Lichte einschlägiger Erfahrungen mit den Worten "apokalyptische Grundstimmung" reflexartig allerlei albernes Zeug assoziiert, der stößt beim Rezensenten, welcher über einen recht ähnlichen Erfahrungshorizont verfügt, zwar spontan auf Verständnis, doch es sei jenem Zweifler mit Nachdruck versichert: Die Agenda "No Fun, no compromise, no easy listening!" wird von VRIL JÄGER ebenso gewissenhaft wie wirkungsvoll umgesetzt: Ob es das hypnotisch-schleppende, dumpf-grollende, von triumphierendem Geschrei und stoischen Textrezitationen gleichermaßen durchzogene "Vril-Ya", das feierlich-hymnische, den verschlingenden Aspekt der Großen Mutter beschwörende "Maw Of Kalki" oder der definitive "Hit" der Scheibe, das durch wummerndes Bassgepauke und dominant in den Vordergrund positionierte Vocals eine beeindruckende Wucht entfaltende "Through The Firmaments" ist – der fuchsteufelsfinsteren Atmosphäre auf "Vril Jäger", die durchweg ebenso intensiv wie dicht und raumgreifend ist, kann sich der Hörer schlechterdings nicht entziehen. Sollte er diesem Album aber partout und aller Bierernsthaftigkeit zum Trotz doch so etwas wie einen ... äh ... humorigen Subtext abgewinnen wollen, so offenbart sich dieser wohl noch am ehesten in der plakativen, nachgerade schamlosen Ernsthaftigkeit und Humorbefreitheit, die VRIL JÄGER, ja, man möchte fast sagen: abfeiern – ohne dabei auch nur einen klitzekleinen Augenblick peinlich zu wirken. Und dieses Kunststück muss man erstmal hinbekommen. Noch ein paar Details am Rande: "Vril Jäger" ist als CD und als schwarze bzw. weiße Vinyl-Version erhältlich, letztere limitiert auf 250 Stück. Labelseitig wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass CD und LP jeweils unterschiedliche Mixe der sechs Tracks enthalten, doch scheinen diese Unterschiede – wenigstens dem Rezensenten – nach mehrfachem Durchhören weit weniger dramatisch, als es beim Erstvergleich spontan den Anschein machen könnte. Gewidmet haben VRIL JÄGER ihr Debüt übrigens ausdrücklich dem am 11. Oktober 2015 im Alter von nur 56 Jahren verstorbenen JOHN MURPHY, dessen eines seiner zahlreichen Projekte bekanntlich den Namen SHINING VRIL trug, und der ursprünglich als drittes Mitglied des Projektes neben KIM LARSEN und THOMAS BØJDEN fungieren sollte, wie LARSEN in einem with-kim-larsen-of-of-the-wand-and-the-moon/">Interview mit HEATHEN HARVEST erklärt. Und je länger man das Album auf sich wirken lässt, desto mehr ist man – insbesondere im Rahmen der Percussion-Passagen – geneigt, die unsichtbare Präsenz dieses Titanen der Industrial Culture ab ovo nachzuvollziehen: ein passenderes, gelungeneres und angemesseneres Opus als das vorliegende ist als letzte Referenz jedenfalls schwerlich denkbar. – Fazit: Uneingeschränkte Empfehlung für ein durch & durch bemerkenswertes Ausnahmealbum, dessen strenge Pracht und spröde Herrlichkeit von Hördurchgang zu Hördurchgang umfänglicher wuchern. In diesem Sinne: "We sing to awake / The beast in man / Rejoice! Rejoice!" ...
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Verweise zum Artikel:
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» VRIL JÄGER @ discogs
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Zusammenfassung
Großartiges Debüt des neuen Projektes von KIM LARSEN und THOMAS BØJDEN, das durch dichte Atmosphäre, Ernsthaftigkeit, Authentizität, Bezugsreichtum, musikalische Eigenständigkeit & Vielschichtigkeit sowie thematische Originalität vollumfänglich zu überzeugen weiß. Uneingeschränkte Empfehlung!
Inhalt
01: Vril-Ya (12:47)
02: Maw Of Kalki (6:33)
03: The Road Back To Agharta (1:22)
04: Through The Firmaments (8:25)
05: Radio Wyrd (6:23)
06: Sanctified By Constellations (3:29)
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