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Michael We.

SAL SOLARIS: Thresholds

Russische Industrial-Landschaften mit Techno-Teilen


SAL SOLARIS: Thresholds
Genre: Industrial
Verlag: Zhelezobeton
Erscheinungsdatum:
Frühjahr 2016
Medium: CD
Preis: ~13,00 €
Kaufen bei: Lichterklang


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Die Veröffentlichungspolitik des russischen Duos SAL SOLARIS durchschauen zu wollen, habe ich längst aufgegeben. Ein letztes reguläres Vollzeitalbum von CONSTANTIN MEZER und IVAN NAPREENKO ist gefühlt vor Dekaden erschienen. Allerdings lieben die Musiker aus Rostov offenbar Kollaborationen, Sampler, Neuauflagen alter Stücke und so weiter, wovon die Diskografie der vergangenen rund 15 Jahre zeugt. Gemeinsam etwa mit REUTOFF, GENOCIDE ORGAN oder DEUTSCH NEPAL wälzten die beiden ihre weiten, eisgrauen und stählernen Landschaften, durchmischt mit Power Electronics, Noise, Industrial und vielem mehr. Ich war deshalb extrem überrascht, als das russische Industrial-Label ZHELEZOBETON tatsächlich ein neues, eigenes, reguläres Album von SAL SOLARIS ankündigte, was nun mit "Thresholds" erschienen ist. Wie der Titel andeutet (dt.: "Schwellen"), sollen hier Grenzen ausgetestet, Schwellen überschritten werden. Sowohl auf der inhaltlichen Metaebene – was passiert mit Menschen, die bestimmte Grenzen überqueren – als auch musikalisch. Als die rhythmischste Arbeit bisher bezeichnet das Label die neue CD, was sich unter anderem in Techno-Sequenzen äußert...

Gleich "Cryptosystem" (01) wummert los mit Stakkato-Beats, bewahrt allerdings durch schnarrende, maschinelle Sounds und verschobene, abgehackte Rhythmen ein industrielles Flair und klingt immer noch organisch, handgemacht. Durch die dezente Zunahme an Elementen wie Scheppern, Sägen und Fiepen entsteht nach und nach ein mächtiges, rhythmisches Brett, welches am Ende noisig entgleitet. "Limit Value" (02) ist zunächst höhliger, leiser und damit auch geheimnisvoller, aber auch hier bleiben wummernde Beats und ein durchgehender Rhythmus. Die plingende Melodie besteht aus scharrenden Drones, und auch dieses Stück steigert sich zu einer mächtigen Fläche zwischen Industrial, Noise und Techno. Nie zu extrem oder zerrend, um ihm nicht doch eine gewisse Schönheit abgewinnen zu können, insbesondere mit der russischer Rezitation im letzten Drittel. "Polygyny Model" (03) besteht aus Maschinenhämmern und -rattern; klassische Industrialklänge, äußerst rhythmisch in Schleifen sortiert, dazu eine sich einschleichende Melodie in der zweiten Hälfte. "Displaced" (04) bleibt mit Frequenzbrummen und Schnarren zunächst ohne Struktur, nach rund vier Minuten setzt aber überraschend eine lupenreine Technosequenz ein, deren 'utz utz utz' doch etwas seltsam anmutet.
Bei dieser Mischung aus Industrial, Noise, Dark Ambient, Techno und Drone bleibt es, mal mehr, mal etwas weniger intensiv. Allerdings wirkt das letzte Drittel des Albums melodiöser und choraler. "Dark Adaptation" (06) etwa, zwitschernder Cold Wave mit lakonischen, weiblichen russischen Vocals. Oder "Pain" (07) als russische Unterhaltung vor Fanfarentröten, übergehend in eine gleißende und melodiöse Strecke, teils untermalt von Männerchören. Am Ende steht (leider) wieder ein bisschen stampfender Techno, der wunderbar perlende Ausklang versöhnt aber.

Ich behaupte ja immer, dass insbesondere russische Musiker ein Händchen für industrielle Landschaften haben. Dies gilt auch für SAL SOLARIS und "Thresholds". Für mich gewöhnungsbedürftig sind das viele Wummern und ein paar sehr technoide Parts, was vielleicht der Thematik geschuldet ist – die Wucht beim Grenzen überschreiten, oder so ähnlich. Das Album weist durch die Beats und Rhythmen eine Gleichmäßigkeit auf, die sehr gut zu hören ist. Ich habe allerdings schon intensivere und feingliedrigere Tracks des russischen Duos erlebt. Egal, das erste Vollzeitalbum von SAL SOLARIS seit 15 Jahren – ich habe noch mal recherchiert, also lag ich eingangs mit den "Dekaden" nicht ganz falsch – ist so oder so ein Muss!

 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» SAL SOLARIS @ Facebook
» SAL SOLARIS @ Bandcamp

Themenbezogene Artikel:
» SAL SOLARIS: Die Scherben 2004-2010


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Zusammenfassung
Für mich gewöhnungsbedürftig sind das viele Wummern und ein paar sehr technoide Parts, was vielleicht der Thematik geschuldet ist. Das Album weist durch die Rhythmen eine Gleichmäßigkeit auf, die sehr gut zu hören ist. Ich habe allerdings schon feingliedrigere Tracks des russischen Duos erlebt.

Inhalt
01. Cryptosystem (8:01)
02. Limit Value (8:28)
03. Polygyny Model (7:14)
04. Displaced (8:47)
05. Error (Eigen's Paradox) (6:22)
06. Dark Adaptation (5:26)
07. Pain (8:09)
08. From Now To The New De Sitter Space (Ухушуху Remix) (9:54)
09. Tautology (Myrrman Remix) (8:40)

~ 71 min.
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