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Michael We.

AMBER ASYLUM: Sin Eater

Altes Ritual in Neoklassik


AMBER ASYLUM: Sin Eater
Genre: Neo - Klassik
Verlag: Prophecy
Erscheinungsdatum:
Dezember 2015
Medium: CD / 2xLP
Preis: ~15,00 €
Kaufen bei: Labelshop


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Sechs Jahre Pause und Labelwechsel – die Erwartungen an AMBER ASYLUM sind hoch. Nach "Bitter River" aus dem Jahr 2009, erschienen noch auf PROFOUND LORE, hat sich PROPHECY das Projekt um Multitalent KRIS FORCE geangelt. Und kann, aber das nur nebenbei, inzwischen auf eine wirklich hochrangige Liste an Künstlern verweisen, hat gerade zum Beispiel mit dem neuen Album von SECRETS OF THE MOON sämtliche Metal-Schreiber zum Niederknien gebracht. An Beschäftigung und Kreativität hat es KRIS FORCE ganz sicher nicht gemangelt. Die Komponistin, Sängerin, Cellistin und Geigerin aus Kalifornien war im Gegenteil fast omnipräsent und hat sich zum Beispiel auch am Mischpult bei JARBOE & HELEN MONEY betätigt. So war es wahrscheinlich eher eine Frage von Zeit und Terminen, bis aus dem umfangreichen Personaltableau von AMBER ASYLUM eine Bandbesetzung für ein neues Album zusammen kam; am Ende wie übrigens fast immer ein Quartett aus vier Musikerinnen.
Musikalisch, so viel ließ sich im Vorfeld erahnen, fand keine Revolution statt. AMBER ASYLUM stehen für dunkle, extrem dunkle Neoklassik, für mich immer verknüpft mit dem Doom-Genre. "You can't hear the metal, but you can feel it", lautet ein geflügeltes Wort unter vielen Fans des Projektes. Allein die Thematik macht viel von der Stimmung des Albums deutlich. Es geht um das sogenannte Sündenessen, ein altes Bestattungsritual, bei dem über den Körper des Verstorbenen hinweg ein Mahl gereicht wird. Die Verzehrenden nehmen dabei die Sünden auf sich, so dass die Seele des Toten Frieden finden kann. Erlösung durch das Abnehmen von Schmerzen – dieses Motto passt durchaus zu "Sin Eater".

"Prelude" (01) leitet wunderbar ein mit warmen, aber dennoch leicht beunruhigenden Streicherdrones. Kammermusikalisch, elegisch und schmerzlich. "Perfect Calm" (02) übernimmt diese fragile Stimmung mit langsamen Drones im Hintergrund, zu denen sich ein dezenter Bass aus zwei Tönen gesellt. Der weibliche, sphärisch langgezogene Gesang erinnert mich immer wieder mal im Verlauf des Albums an DEAD CAN DANCE. Atmosphärisch geht bereits dieses Stück über pure Melancholie hinaus. Weltschmerz und Trauer fließen, von Nebel durchzogen, auf ästhetische Weise. Die Streicherarrangements werden nach und nach mit Percussion unterlegt, deren Langsamkeit nun absolut an Doom gemahnt. Der elfenhafte Gesang und die weinenden Streicher lassen mich, noch viel mehr als an DCD, an meine französische Lieblingsband COLLECTION D'ARNELL ANDREA denken. "Beast Star" (03) hat mit seinem trauernden, düsteren Gesang viel von einer Prozession zum Grab, wird aber von "TOT" (04) an Depression noch überboten. Immer wieder pausiert die verlorene, schwebende Stimme mit Hang zum arienhaften, lässt einen nie erfolgenden Ausbruch vermuten, was den Stücken Kraft gibt. Im Laufe des Tracks entsteht mehr Bewegung, vor allem durch hektische Streicher, dann übernehmen wieder doomige Phasen mit Schlagzeug, hier auch zum ersten Mal mit deutlich hörbarer E-Gitarre, die dazu beiträgt, sich stoisch wiederholende Loops zu formen.
"Harvester" (05) ist ein ausgeruht doomig-klassisches Stück mit starkem, treibenden Cello ab der zweiten Hälfte. Und das tieftraurige, rein instrumentale Zwischenspiel "Paean" (06) bildet die Überleitung zu den beiden letzten, längsten Stücken, die einen neueren, moderneren Sound haben. Ein extrem langsamer Bass prägt "Executioner" (07), die Klangflächen gehen teils in Richtung Industrial oder Dark Ambient, mit schneidenden, pfeifenden Tönen. Erst ab der Mitte setzen ganz verwehte, introvertierte, fast zerstörte Vocals ein. Auch der Titeltrack "Sin Eater" (08) weist zum Schluss ausufernde Flächen auf, in die hinein verstörende Sounds, technisch veränderte Streicherklänge getupft werden, teils enorm schrill.

Ein ungeheuer düsteres und kompakt wirkendes Werk, das einen perfekt durchkomponierten Eindruck macht, insbesondere bei den langen Stücken. Inklusive des Covers strahlt "Sin Eater" eine derartige Intensität aus, wie ich sie selbst bei AMBER ASYLUM selten erlebt habe. Den Toten wird die geballte Ladung Schmerz von der Seele gelockt. Wohl eines der besten, wenn nicht das beste neoklassische Album 2015. Thema perfekt umgesetzt, 1 mit Sternchen.

Neben "Sin Eater" als CD und limitierte Doppel-LP erscheint auf PROPHECY zum 20jährigen Bandbestehen noch eine Anthologie mit zwölf CDs, die das Gesamtwerk der Gruppe vereinen, inklusive unveröffentlichter Bonus-Stücke und 80seitigem Buch.

 
Michael We. für nonpop.de


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Zusammenfassung
Ein ungeheuer düsteres und kompakt wirkendes Werk, das perfekt durchkomponiert klingt. Eine derartige Intensität habe ich selbst bei AMBER ASYLUM selten erlebt. Wohl eines der besten, wenn nicht das beste neoklassische Album 2015.

Inhalt
als CD oder aufwändige Doppel-LP

01. Prelude (3:59)
02. Perfect Calm (7:28)
03. Beast Star (5:53)
04. TOT (8:08)
05. Harvester (9:02)
06. Paean (3:10)
07. Executioner (12:44)
08. Sin Eater (11:46)

~ 62 min.
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