Endsal
KARJALAN SISSIT: ...Want You DeadNever change a winning team.
Genre: Martial Industrial
Verlag: Cyclic Law Vertrieb: TESCO Erscheinungsdatum: 28. März 2015 Medium: CD / LP / MC Kaufen bei: Amazon KARJALAN SISSIT, das Martial Industrial-Projekt des bekennenden Wodka-Enthusiasten und finnischsten aller finnischen Wahlschweden, MARKUS PESONEN, ist nach sechs Jahren mit einem neuen Album zurück auf der Bildfläche – wenn das mal kein Grund ist, lauthals "HUMPPA!!!" zu rufen! Mit der an den Hörer adressierten ... äh ... Widmung "... Want You Dead" peilt man gleich im Albumtitel das misanthropische Maximum an, was angesichts der alkoholgeschwängerten und in den letzten Jahren zusehends raumgreifenderen Universalverdrossenheit von Mastermind PESONEN nur konsequent erscheint. Zudem provoziert der beherzte nihilistische Impetus, der einem hier entgegenschlägt, insbesondere vor dem Hintergrund der im Laufe der Bandgeschichte kontinuierlich zunehmenden musikalischen Wucht und ästhetischen Kompromisslosigkeit beim kundigen Connaisseur den enthusiastischen Speichelfluss vorfreudiger Begehrlichkeiten. Und das mit gutem Grund, ist der Mann aus Eskilstuna doch bereits seit dem 2001 erschienenen Debüt-Album eine absolut sichere Bank, wenn's um unprätentiösen, negativ hochgesättigten, musikalischen Bellizismus jenseits öden Landserkitsches und dümmlicher Effekthascherei geht.
War die Veröffentlichung der Vorgängeralben hinsichtlich des Formates noch fein säuberlich zwischen den Kanadiern von CYCLIC LAW und den Berlinern von ETERNAL SOUL aufgeteilt, wobei diese für die Vinyl- und jene für die CD-Version verantwortlich zeichneten, so ist das Geschäft nach der, Ende 2013 erfolgten, bedauerlichen Grablegung von ETERNAL SOUL nun vollends in die Obhut des in Montreal ansässigen Dark Ambient-Labels übergegangen: "... Want You Dead" ist also in all seinen medialen Erscheinungsformen ein reines CYCLIC LAW-Produkt. Das allerdings ist, in Kombination mit dem ungewohnt comichaft anmutenden Front-Coverbild, auch schon so ziemlich alles, was an Innovation zu vermelden ist, denn abgesehen von dergleichen randläufigen Oberflächenmodifikationen klatschen PESONEN und sein kongenialer Mitstreiter PETER BJÄRGÖ dem lechzenden Volk genau das um die Ohren, was das lechzende Volk von ihnen hören will – und das satt und ohne den Hauch eines Kompromisses: "Keine Gefangenen!" heißt die Parole. So beginnt der Opener, "Kantapää Lapiossa" mit seinem wohlgesetzten Pathos zwar noch durchaus feierlich und getragen, bricht diesen Kurs jedoch spätestens mit Minute 2:50 und PESONENs brutalstmöglich abgegessenem und stinkesaurem Gezeter, das von dichtem Getöse und in kurzer, regelmäßiger Taktung ab- und aufbrandenden Trommelwirbeln unterlegt ist, ab. Der Folgetrack "Vittumainen Yksinäisyys" führt die vorgegebene Marschrichtung fort, steigert jedoch die Intensität deutlich und kommt noch bombastischer, treibender und wilder daher – insbesondere die Vocals versteigen sich zu einem aberwitzigen Furor, der seinesgleichen sucht. Was für ein Einstieg: Es ist eine Pracht! Und im großen und ganzen geht es dann dementsprechend weiter: "...Want You Dead" bietet auf voller Länge martialischen Bombast-Soziopathen-Noise vom Feinsten, wobei insbesondere die beiden großen "Hits" der Scheibe, "Firman Isoin Puliukko" und "Totaalinen Kaaos", die eigentümliche Fusion aus anarchischem Nihilismus, existenzieller, weißglühender Wut und martialischer Attitüde perfekt auf jenen musikalischen Punkt bringen, der für KARJALAN SISSIT so charakteristisch ist. PESONEN selbst bezeichnet seine Musik auf der Facebook-Präsenz der Band übrigens als "Puliukko Rock", wobei "Puliukko" das finnische Wort für einen obdachlosen Trunkenbold ist. Dass der Bandgründer eine tief sitzende Sympathie für alkoholkranken White Trash finnischer Couleur hegt, ahnt der aufmerksame Rezipient angesichts entsprechender Interview-Äußerungen nebst korrespondierendem Bildmaterial bereits des längeren, immer deutlicher wird nun jedoch, dass diese Sympathie offenbar konstitutiver Bestandteil der Bandprogrammatik ist. Nichtsdestoweniger kommen auf dem Album auch die vergleichsweise "ruhigen", in den Dark Ambient-Bereich diffundierenden Facetten des Projektes zur Geltung, so z.B. mit dem, mutmaßlich auf PESONENs – mutmaßliches – Geburtsjahr abhebenden, "1974" oder dem rumpelig-dronigen "Sairaus...Katkeruus..Kuolema". In der Gesamtschau dominieren martialische Percussion, brazzelnde Gitarren, schnarrende Noisewände und hysterisch hassige Vocals das akustische Gesamtbild jedoch dermaßen, dass "...Want You Dead" mit voller Berechtigung als bis dato harschestes, brutalstes und zornigstes Album der Band durchgeht. Und dabei wird ein solch gerüttelt & geschüttelt Maß an Dichte und Kohärenz realisiert, dass es den Rezensenten in ausgedehnte Zustände euphorischer Schnappatmung versetzte. Bei aller Begeisterung und allem Wohlwollen für die hemdsärmelige, proletarophile Noise-Monumentalhymnik, die KARJALAN SISSIT ebenso überzeugend wie unterhaltsam und wirkungsvoll entfalten, gilt es aus Gründen der Redlichkeit freilich auch ohne Wenn und Aber zu diagnostizieren: Wer signifikant Neues, Innovatives oder gar Revolutionäres erwartet bzw. erhofft, ist schief gewickelt. Das Moment der Innovation erweist sich im Lichte des vorliegenden Opus allerdings zumindest als überschätzt, wenn nicht als schlichtweg überflüssig, denn abgesehen davon, dass liebgewonnene Gimmicks wie die, auf früheren Alben immer wieder eingearbeiteten finnischen Schlager mittlerweile fehlen, wird Altbewährtes in solcher Formvollendung präsentiert, dass es im Grunde weitaus angebrachter ist, von einer Veredelung und einem letzten Feinschliff denn von einer Reproduktion vertrauter Stilelemente zu sprechen. "It's all still there, the pounding metallic percussions, deep angst ridden atmospheric passages and all is held together by Make Pesonen's angrier than ever vocals", sagt der Promotext, und man kann nur beipflichten. Insgesamt gesehen sind KARJALAN SISSIT noch härter und noch finsterer geworden, das verspielte Element jedenfalls, das man von früheren Alben kennt, ist nahezu gänzlich jenem universellen Furor gewichen, den "...Want You Dead" nunmehr idealtypisch abfeiert und auf seinen ultimativen Punkt bringt. Das kann man ein bisschen bedauerlich finden. Muss man angesichts dieser Scheibe aber keineswegs. Kurzum: Sechs Jahre Warten haben sich gelohnt. Meisterhaftes Album. Humppa!
Endsal für nonpop.de
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Zusammenfassung
Opus magnum des finnischen Martial Industrial-Projektes, das hier seine schiere nihilistische Substanz destilliert und konzentriert. Bis dato definitiv das brutalste, kompromissloseste und finsterste Album der Wodka-Apokalyptiker um MARKUS PESONEN und PETER BJÄRGÖ.
Inhalt
01: Kantapää Lapiossa
02: Vittumainen Yksinäisyys 03: 1974 04: Firman Isoin Puliukko 05: Läpi Elämän Helvetin 06: Sairaus ... Katkeruus .. Kuolema 07: Totaalinen Kaaos 08: Suga En Kalja o Somna In CD lim. auf 1000 Stück, 4-panel-DigiPak; LP lim. auf 300 Stück, goldenes Vinyl; MC lim. auf 100 Stück. |