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FIRE+ICE, SONNE HAGAL, FORSETI

und SONNENTAU in Halle


FIRE+ICE, SONNE HAGAL, FORSETI
Kategorie: Rezension
Wörter: 1599
Erstellt: 29.12.2003
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Autor: Axel

"Did you bring silver, did you bring gold ... ? "



Zum Ausklang eines Jahres ein würdiges und passendes Konzert, dies wünscht man sich nicht selten. Selten wird einem aber dieser Wunsch erfüllt. Hier war es umgekehrt ...

Und getreu dem oben vorangestellten Zitat als Motto läßt sich guten Gewissens sagen: 'Ja, sie brachten wirklich etwas Wertvolles, etwas Goldenes an diesem 1. Weihnachtsfeiertag, dem 25.12.2003 nach Halle in die Tanzbar Palette ...'
Sie, damit sind FIRE & ICE, SONNE HAGAL, SONNENTAU, und FORSETI gemeint, sowie die Veranstalter NOLTEX und EIS & LICHT, die dafür sorgten, dass eine gelungene, gut besuchte Veranstaltung über die Bühne ging, die, mit einigen Überraschungsmomenten aufwartend, wunderbar entspannt das diesjährige Julfest zu einem besonderen Höhepunkt machte ...

Erwartungsgemäß gab es wohl auch hier wieder altbekannte Schwierigkeiten im Vorfeld mit der Realisierung des Abends, die aber offenbar von den Organisatoren bewältigt werden konnten, denn "Schreckensmeldungen" über Ausfall oder Verlegung der Örtlichkeit blieben konsequent aus und nichts konnte angenehmer sein, als durch die fast ausgestorbene, abendliche Stadt Halle, über'n Marktplatz, in die stille Seitenstraße zu spazieren, wo sich vor der Tanzbar schon viele fröhliche Gesichter in Erwartung des bevorstehenden Erlebnisses zeigten.
Kalt war’s, und so war man beim Eintritt nicht lange zimperli(es)ich. Drinnen, heimelig warm, ein paar gemütliche Tische, Tresen, Kerzen und Treppe zum Obergeschoss, wo Verkaufsstände und Konzertsaal bereits warteten.

Wie es sich bei Veranstaltungen dieser Art meistens verhält, wird ja kaum eine Gelegenheit verpasst, Bekanntschaften zu pflegen und Freunde zu treffen, so dass man mitunter aufpassen muß, nicht den wahren Grund seines Erscheinens zu vergessen.
So begaben sich SONNE HAGAL als erste Gruppe des Abends von vielen fast unbemerkt etwa um 21.30 Uhr auf die Bühne und begannen ihr Konzert. Im Saal befanden sich schon zahlreiche Zuschauer, deren Gesamtzahl sich im Verlauf des Abends schätzungsweise um ca. 300 bis 400 (?) Leute bewegte. Die Luft war hier (noch) angenehm kühl (auch kein zu vernachlässigendes Kriterium), und so konnte man entspannt dem Programm SONNE HAGALs folgen.
Die vier Musiker mit zwei Gitarren, Bass bzw. E-Gitarre und Keyboard absolvierten ein gutes Konzert mit ihrer Mischung aus trad. Folkklängen und elektronischen Rhythmen. Klassiker wie "Eismahd" oder "The Chimney Sweeper ...", dessen prägnanter Gitarrenriff mich immer ein wenig an R.E.M. im positiven Sinne erinnert, wurden jubelnd vom Publikum aufgenommen. Alle Stücke, in den Pausen durchsetzt mit einem kryptischen Stimmenloop, wurden überzeugend vorgetragen und bildeten die ideale Einstimmung auf weiteres, was an diesem Abend folgen sollte.
Ein Fazit über einen wirklich gelungenen Auftritt ist an dieser Stelle angebracht.

Nach einer kurzen Pause für's Getränk erschienen drei andere Herren, wiederrum fast unbemerkt auf der Bühne, von denen einer, in rotes Licht getaucht, die eine Hälfte ORPLIDs, SONNENTAU-Kopf und Mitveranstalter UWE NOLTE höchstpersönlich war.

Beinahe fehlte einem irgendwie eine angemessene Ansage: 'Halle proudly presents ...' o.ä., denn diesen Auftritt, möchte ich meinen, haben mit Sicherheit 99% der Zuschauer seit Jahren herbeigesehnt. Auch wenn die permanente Bühnenabstinenz ORPLIDs auch hier nicht wirklich beendet werden sollte, UWE NOLTE im Zuammenhang mit SONNENTAU nur als 'Session' angekündigt worden war, bekam man doch etwas vom wagnerianischen Amber und der Schwere ORPLIDs zu Gesicht und Gehör, was sicherlich in dieser Form einzigartig war.
So entpuppte sich der Auftritt vorerst mitnichten als SONNETAU-Session, sondern vielmehr als eine urbane, rohe aber kunstvolle und anspruchsvolle Essenz von ORPLID, bei der eine ordentliche Portion theatralisch-Nolte'schen Humors nicht fehlen durfte.
Der Frontmann begann in Kriegerpose mit ausgestreckten Armen und tief krächzenden Lauten diesen Auftritt, welcher im Grunde nur aus mitunter a capella vorgetragenen Liedern oder streckenweise sogar heftig gebrüllten Rezitativen in Verbindung mit ein paar wuchtig-trockenen Pauken und verhaltenen Akkorden aus der E-Gitarre bestand.
Highlight war sicherlich der "Merseburger Rabe", den UWE NOLTE, unnachahmlich mit martialisch verzogener Miene deklamierte, und der hier den größten Jubel beim Publikum erntete.

Sich selbst humorvoll aber souverän in Szene setzend, wußte UWE ein, zwei Widmungen bzw. kurze Vorworte zu den dargebotenen Stücken einzustreuen oder dem Techniker auch mal einen flotten Spruch herüberzurufen. Jedoch endete er leider schon nach etwa fünfzehn Minuten ...
Sicherlich mit gewollter Anspielung auf das weitere "Niveau" des Abends wurden nun erst SONNENTAU angekündigt und die Zuschauer im Saal verblüfft zurückgelassen.

Betrachtet man im Nachhinein diesen, wenn auch kurzen, so doch herausragenden Auftritt, so sollte klar werden, was hier eigentlich für eine besondere Form einer musikalischen Inszenierung, den Grenzweg zum archaischen wie auch modernen Sprechtheater mit dem originellen Wechsel aus epischem Gesang und Trommelwirbel beschreitend, dargeboten wurde.
Für kurze Momente war etwas ziemlich Unerwartetes und Neues für die Leute zu erleben, was hinsichtlich des gezeigten Könnens und aber der andauernden vergeblichen Hoffnung auf ein richtiges ORPLID-Konzert in ferner Zukunft den Rezipienten nun beinahe erst recht unbefriedigt läßt.
Nicht zu vergessen ist der gesunde Humor, der hier neben allem antikem Ernst auch einen komödiantischen Aspekt verriet, welcher vielen anderen, ach so ernsthaft scheinen wollenden Gruppen des Genres auch einmal sehr gut tun würde.

Schade, dass es so kurz war!

Kurz darauf folgte dann SONNENTAU, allerdings ohne Uwe Nolte selbst, sondern mit der Sängerin, dem E-Gitarristen, der sein Instrument mit der klass. Gitarre getauscht hatte, sowie FORSETIs Cellisten.

Aus Mangel an Kenntnis über die bereits erschienene Veröffentlichung von SONNENTAU kann ich leider kaum auf die dargebotenen Stücke eingehen. Fakt ist, dieses ebenfalls recht kurze Konzert war für meine Begriffe das schwierigste des Abends. Die Qualität der vorgetragenen romantischen, deutschen Lieder steht sicherlich außer Frage, allerdings vermochten sie es nicht, uns vollends im Rahmen dieses Abends zu fesseln. Ein gut eingespieltes Trio, bei dem zwar Cello und Gitarre offensichtlich ein paar Monitorprobleme hatten, die aber im Saal gar nicht auffielen, hätten an anderer Stelle sicherlich eine Art Kammermusik-Atmosphäre schaffen können. Hier überzeugte mich lediglich die Sängerin nicht so sehr und alles ging mit wenig echtem Herzschmerz an uns vorbei.

Wie auch immer ...

Nach einer längeren Pause, der Saal war jetzt richtig voll, erschien die Hälfte der FORSETI-Besetzung auf der Bühne. Ein weiteres Mal THOMAS HANSMANN mit Cello, SONNE HAGALs Frontmann OLIVER sowie ANDREAS RITTER, von denen man schon im Vorfeld angenommen hatte, sie würden die Live - Begleitung von FIRE & ICE bilden.

Allerdings kam vorerst niemand hinzu, sondern es erklangen überraschenderweise, beinahe wie nebenbei die ersten Töne von FORSETIs "Gesang der Jünglinge".

Starker Beifall bei den Zuschauern war die Antwort und los ging es mit zwei oder drei wirklich kraftvollen, treibenden und bravourös gespielten Klassikern ...

Dies ein weiterer gelungener Zusatz an diesem Abend, der die Wartezeit auf den Hauptact sehr angenehm verkürzte.

Schließlich war es so weit: "Runenmagier" IAN READ persönlich gesellte sich mit sportlichem Schritt dazu und FIRE & ICE waren live ein weiteres Mal geboren.

Als ich ihn war vor Jahren in Leipzig nachmittags in der Parkbühne erlebte, war ich leider überhaupt nicht begeistert ob der eher schwachen Darbietung, und so sah ich dem jetztigen Auftritt auch mit gemischten Gefühlen entgegen.
Ich ließ mich jedoch gern eines Besseren belehren ...

Ein konzentrierter und sicherer, gut gelaunter Sänger mit einer wunderbaren Stimme und Begleitband, ebenso treibend - energisch wie sensibel und soundtechnisch sehr ausgewogen, das waren FIRE & ICE an diesem Abend. Es folgte Hit auf Hit. "Long Lankin", "Dragons In The Sunset" oder "Gilded By The Sun" sind nur die wenigen, die mir noch einfallen von diesem einfach schönen Querschnitt aus dem musikalischen Schaffen IAN READs.
Die für FIRE & ICE typische Verbindung aus eigenen Stücken und traditionellen altenglischen bis hin zu irischen oder schottischen Weisen kam an diesem Abend in dieser dargebotenen und musikalisch umgesetzten Form für mich mit einem sehr frischen, fast neuen Gesicht zum Tragen.

Die Variabilität von READs Singstimme in Melodie und Färbung, die Offenheit, die seine Stücke augenscheinlich für die Instrumentierung und Begleitung bereithalten, sind ein charakteristisches Merkmal für FIRE & ICE. Die gelungene Darbietung war sicherlich auch für seine Band an diesem Abend sehr bezeichnend. 
Weiterhin gab es die eigene Fassung des trad. "The Wind That Shakes The Barley" (dessen Version von Lisa Gerrard ich im übrigen allerdings immer wieder für wesentlich besser halte ... ).
Obendrein verlor sich Herr Read auch mal in Zwischenreden. In verständlichem Deutsch vernahmen wir : "Nicht vergessen, am heutigen Tag wurde Sol Invictus geboren ... " (der Doppelsinn ist hoffentlich vielen im Saal aufgegangen ... ) oder den flammenden Ruf "Enttäuscht mich nicht !" in Verbindung mit einer vielleicht etwas mißverständlichen Anspielung auf den einstigen kulturellen und epochalen Wert und die Bedeutung des Ortes und Bodens auf dem wir uns an diesem Abend befanden und generell befinden.

Nach einer knappen Stunde war leider auch schon auch dieses Erlebnis beendet, jedoch wurden die Musiker durch frenetischen Beifall gnadenlos zur Zugabe zurückbeordert. Diese bestand aus einem sehr schönen "High Gallows Tree" von der etwas weniger beachteten, aber dennoch sehr guten CD "Midwinter Fires" von 1994.

Aber auch danach war es noch nicht ganz vorbei und IAN READ ließ sich noch einmal allein auf die Bühne bitten, wo er als krönenden Abschluß, angestrahlt von blauem Licht, das unverwechselbare "Invocation" (Looney Runes) ["Benediction"/"Malediction" (Swastikas For Noddy) ] aus alten C93 Tagen zelebrierte. Was für ein Abgesang! Fast fühlte man, als müßten unmittelbar daran anschließend die unvermeidlichen Akkorde von "Summer Of Love" erklingen .... Aber diese Zeiten sind wohl unwiederbringlich vorbei!

Mit soviel musikalisch – runischer Erbauung gestärkt war es dann etwa um 1.30 Uhr in der Früh an der Zeit, sich auf den Heimweg zu begeben. Noch immer haben wir die Bilder dieses wundervollen Abends in Erinnerung ...


"That's all folks ...! "





 
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