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Michael We.

REUTOFF: No One's Lullabies

Mehr Ambient, mehr Zukunft, mehr Melodie...


REUTOFF: No One's Lullabies
Genre: Ambient
Verlag: Sea State
Erscheinungsdatum:
November 2014
Medium: Kassette + Download
Preis: ~13,00 €
Kaufen bei: Labelshop


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Die Ankündigung im kürzlichen NONPOP-Interview klang ja schon spannend: "Ein neues Album ist in Vorbereitung. Es wird sehr unübliche, experimentelle Tracks enthalten." Erklärten die mittlerweile zum Duo geschrumpften Russen aus der Moskauer Satellitenstadt Reutov. 'Experimentell' ist ein dehnbarer Begriff, und er trifft hier vielleicht nur für REUTOFF im Vergleich zu ihren bisherigen Werken zu. Denn auf "No One's Lullabies" bedienen sich WOWA [BT] und ARNOLD PR besonders eingängiger Strukturen und, damit einhergehend, für den REUTOFF-Kontext recht ungewöhnlicher Elemente. Dieses Album wirkt deshalb ungeheuer expressiv, modern und – durch viele, viele Schichten an Material – sehr mächtig.
Wichtig, bevor sich der geneigte Fan schon ans Bestellen macht: "No One's Lullabies" kommt in einer besonderen Form auf den Markt. Zum Anfassen lediglich 80 Mal als Kassette (für 13 Euro) auf SEA STATE (Ex-SONDERÜBERTRAGUNG). Auf dem Tape sind vier neue Songs und es liegt ein Download-Code bei, über den diese vier Lieder auch bei BANDCAMP zu haben sind. Ein komplettes Album (nur Download!) mit acht Stücken – darin enthalten die vier von SEA STATE – gibt es direkt von REUTOFF ebenfalls bei BANDCAMP für circa 8 Euro. Im Folgenden geht es um das Komplett-Paket mit allen acht Stücken...

"New World Disorder" (01) beginnt noch recht zahm, mit einzelnen Tönen und dezenten Rhythmusstrecken, dazu ein Geräusch wie das Ausatmen einer größeren Maschine. Nach einigen Minute kristallisieren sich Melodie und Beats deutlicher heraus, der Song – bei allen acht Stücken kann durchaus von 'Song' gesprochen werden – wächst zu industrieller Ambientmusik, die sich zunehmend aufschichtet, mehr Struktur und einen dahingleitenden, fließenden Charakter bekommt. Für REUTOFF-Verhältnisse sehr freundlich, ohne die implementierte, düstere Verloren- und Verzweifeltheit vieler früherer Stücke, etwa den Tracks der "NullRauM"-Sammlung (Besprechung). Allenfalls etwas bedrückt geht es in die Zukunft. In "Slumber Song" (02) steht der tuckernde, leicht hämmernde Rhythmus von Beginn an, mit leiser E-Gitarren-Begleitung (klingt zumindest so) hat das was von einem Rocksong-Intro. Daraus entwickelt sich eines der stärksten Stücke des Albums, vielleicht auch der jüngeren REUTOFF-Geschichte. Überraschung, man trägt einen Hauch von Gothic, ohne aber das typisch treibende Element zu verlieren. Bestechend stoisch, dronig, mit mächtigen Melodien-Schichten und einem leisen Ansatz von Vocals. Trotz aller Eingängigkeit braucht es mehrfaches Hören, um alles aufnehmen zu können. "Edge Of Oblivion" (03) macht ernster: Dark Ambient, mit Brummen und Schaben. Eine summende, mechanische Stimme schnurrt vor sich hin, schleppend, zerrend. Was vorher noch gradlinig und melodiös war, wird hier schief und bedrohlich – bleibt dennoch ungeheuer energetisch, mit viel Drive, gegen Ende erneut mit einer beeindruckenden, süchtig machenden Melodie.
Es zeigt sich schon nach diesen drei Stücken, dass REUTOFF viel ausprobieren, was bislang nicht unbedingt ins eigene Universum gehörte, sich auf "No One's Lullabies" aber gut einfügt. Etwa – im weiteren Verlauf – die esoterischen Gongs ("Dead Templar's Groove Manuscript", 04), einen schräger Standuhr-Walzer formend, oder das direkte Clubschlagzeug ("Ice In My Liver", 05) mit jazzigen Anleihen – ein industrielles Chanson! PINK FLOYD grüßen bei "Nameless Tune With No Fate" (06); ein einziges, psychedelisches Ambient-Opening mit trauriger, sphärischer Anmutung. Nur zu erahnen ist der opernhafte Gesang im Hintergrund. "Requiem For Android" (07) dagegen erinnert mich von Melodieführung und Fender Rhodes-Klang an BOHREN & DER CLUB OF GORE. "Die Stille Scheint In Der Finsternis" (08) wirkt – bei all der industriellen Umgebung und einem bisweilen fast martialischen Sound – wieder heller und strahlender, zwischendurch fast technoid. Mit etwas Mut sogar radiotauglich!

Wären wir in der Literatur, wäre "No One's Lullabies" für mich ein Science Fiction-Roman. REUTOFF entwerfen hier ihre eigene Zukunft, streifen einiges aus der Vergangenheit ab, sowohl inhaltlich als auch musikalisch. Die zwei Russen haben sich wirklich ins Zeug gelegt: Melodien, Rhythmus, viele (unter anderem) Vocal-Experimente, neue Instrumente und Sounds – ein Aufbruch mit Wucht. Die Stücke sind dabei nicht weniger komplex oder atmosphärisch als in früheren Phasen, aber über die Dauer von mehr als einer Stunde hinweg deutlich kompatibler. Kritiker könnten das bemängeln, ich bin allerdings der Meinung, dass hier nur die unterschwellige Schönheit deutlicher zutage tritt, die bei REUTOFF schon immer vorhanden war. Sicher ein zentrales Werk in der Diskografie.



 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» REUTOFF @ Bandcamp
» REUTOFF @ Discogs
» REUTOFF @ Facebook
» SEA STATE @ Bandcamp
» SEA STATE @ Facebook
» SEA STATE @ Soundcloud

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Zusammenfassung
Wären wir in der Literatur, wäre "No One's Lullabies" ein Science Fiction-Roman. REUTOFF entwerfen hier ihre eigene Zukunft, streifen einiges aus der Vergangenheit ab, sowohl inhaltlich als auch musikalisch. Ein Aufbruch mit Wucht, überraschend antidepressiv.

Inhalt
Download-Version (8 Songs)

1. New World Disorder (7:22)
2. Slumber Song (7:36)
3. Edge Of Oblivion (8:30)
4. Dead Templar´s Groove Manuscript (6:05)
5. Ice In My Liver (7:51)
6. Nameless Tune With No Fate (9:56)
7. Requiem For Android (8:22)
8. Die Stille Scheint In Der Finsternis (6:40)

Kassette + Download (lim. 80, 4 Songs)

1. Slumber Song (7:38)
2. Ice In My Liver (7:50)
3. Edge Of Oblivion (8:36)
4. Dead Templar's Groove Manuscript (6:11)
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