Michael We.
Eidolon - A Tribute To REUTOFFVarious Artists nähern sich erfolgreich den Russen an
Genre: Post Industrial
Verlag: Old Europa Cafe Erscheinungsdatum: Mai 2014 Medium: CD Preis: ~13,00 € Kaufen bei: Labelshop Der gemeinsame Track von DEUTSCH NEPAL und REUTOFF
Ein REUTOFF-Tribute kann ich mir als schwierige Sache vorstellen. Aufgrund der zahlreichen Veröffentlichungen und der teils recht unterschiedlichen musikalischen Ausrichtung des Originals geht es wohl nicht darum, bestimmten 'Hits' nachzueifern. Für mich ist das besondere an den Russen ... die übergreifende Atmosphäre. Wie auch einigen anderen der vielen russischen Post Industrial-Projekte gelingt es REUTOFF, eine in meinen Ohren besonders 'russische' Stimmung aufzubauen, getränkt von einem hohen Maß an Melancholie, dem Gefühl von Verlorenheit und Weite. Egal ob es sich dabei um klassische Dark Ambient-Stücke oder Überraschungen wie akustische, fast folkige Spielereien handelt. Und so versuchen zwölf sehr namhafte Projekte aus dem Dark Ambient- / Industrial-Bereich, diese Stimmung aufzunehmen – und haben sich dabei vermutlich doch ihre ganz persönlichen REUTOFF-Lieblingsstücke gegriffen.
Viele der Tracks basieren auf und arbeiten mit Originalmaterial, einige sind '...inspired by...', und das Stück von DEUTSCH NEPAL ist sogar eine gemeinsame Neuauflage. Einige der Acts haben ohnehin schon mehrfach mit REUTOFF zusammengearbeitet, wie etwa ANTLERS MULM, TROUM oder eben DEUTSCH NEPAL auf den verschiedenen "Kreuzung"-Alben. SAL SOLARIS und CISFINITUM sind weitere russische Projekte, denen die oben beschriebene Atmosphäre ebenso gut gelingt, aber auch genrefremdere Bands wie WERMUT aus Deutschland – um das Namedropping zu beenden – sind dabei. "Their music and their impressions on their own epiphanies were interpreted in our music. Now it's their turn...", schreiben REUTOFF auf dem CD-Cover über die Gäste. Ein paar der herausragenden Stücke im Einzelnen: ATRIUM CARCERI (01) starten mit weitem, floatendem Ambient, unterhöhlt von einem unruhigen Rauschen. Dazu tuckert ein Minimal-Beat, später besungen von gruseligen Alien-Vocals. Sehr beeindruckend und definitiv aus einer anderen Welt. Auch DESIDERII MARGINIS (02) bleiben groß und weit. Majestätische, langsame Drones schieben sich durch Synthielayer, quietschende – fast menschliche – Geräusche bilden das Umfeld. Tiefe Traurigkeit, in Fläche umgesetzt. Sehr geheimnisvoll, teils noisig ist das Stück von FLINT GLASS (03), bis zur düsteren Flüsterstimme Beats einsetzen, was dann insgesamt an Industrial-Pop erinnert. Schon nach diesen drei Stücken zeigt sich eine Grundstruktur, die fast das gesamte Tribute-Album durchzieht: starker Flow, viel Rhythmus, ein Tick mehr Ambient als das Original. Am Ende der ersten Hälfte steht ANTLERS MULM (06): Der minimale Ambientsong liefert die gewohnt tuckernden AM-Beats und verzwirbelte Vocals verschiedener Protagonisten. Ein typischer, warmer und mit einigen Effekten versehener, sehr eingängiger ANTLERS MULM-Song. Das gemeinsame Stück von DEUTSCH NEPAL und REUTOFF ist mein Highlight und eine weitere Überraschung in der Diskografie der Russen: Wie Dark Wave direkt aus den 80ern, mit pianoähnlichen Synthietönen, Drummachine und expressivem, dunklem Gesang. Bei OTZEPENEVSHIYE (10) war Doom am Werk, zähe E-Gitarren walzen zu Zeitlupenvocals, sehr stark. Und vor dem würdigen industriellen Abschluss von CISFINITUM (12) mit rauschenden Geräuschen und einem hypnotisierenden Loop als Beat stehen TROUM (11). Das Duo klingt zum einen sehr wiedererkennbar nach TROUM, mit getragenen und höhligen Drones, die Atmosphäre vermittelt aber auch sehr deutlich die weite, russische Komponente. Dieser Sampler schafft eine erstaunliche Gratwanderung: Zum einen behalten viele Projekte ihren eigenen, typischen Sound. Zum anderen gelingt ihnen aber die Adaption des REUTOFF-Spirits, der sich in allen zwölf Stücken wiederfindet. Tolle Be- und Umsetzung, weit über dem Dark Ambient- und Post Industrial-Schnitt.
Michael We. für nonpop.de
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Zusammenfassung
Dieser Sampler schafft eine erstaunliche Gratwanderung: Zum einen behalten viele Projekte ihren eigenen, typischen Sound. Zum anderen gelingt ihnen aber die Adaption des REUTOFF-Spirits, der sich in allen zwölf Stücken wiederfindet. Tolle Be- und Umsetzung, weit über dem Schnitt.
Inhalt
01. ATRIUM CARCERI - Capacity To Kill
02. DESIDERII MARGINIS - Hypnerotomachia 03. FLINT GLASS - Tunnels In The Dark 04. EMPUSAE - La Meno Ma Mento 05. SAL SOLARIS - Never Touch The Xyu 06. ANTLERS MULM - Schlaf / Hello Sleeper 07. WERMUT - Winter 1998 08. DEUTSCH NEPAL & REUTOFF - The Flame 09. SVARTSINN - Dies Irae 10. OTZEPENEVSHIYE - Moss 11. TROUM - Regennon Re-Generated 12. CISFINITUM - Last Train To Reutoff ~ 77 min. |