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Michael We.

FELIX KUBIN / MITCH & MITCH: Bakterien..

... und Batterien. Jazzorchester mit Maschinen


FELIX KUBIN / MITCH & MITCH: Bakterien..
Genre: Experimental
Verlag: Gagarin Records
Erscheinungsdatum:
Dezember 2013
Medium: CD / LP
Preis: ~12,00 €
Kaufen bei: Labelshop


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Die letzten Arbeiten, die mir von FELIX KUBIN untergekommen sind, habe ich als 'experimentelle Elektronik' abgespeichert, etwa sein Röntgenversuch "TXRF" (Besprechung). So hat sich das Bild des musikalischen Astronauten verfestigt, der mit seinen spacigen Sounds nach den Sternen greift. 'Elektronaut' ist ein schönes Wort dafür, welches in Beipackzetteln seiner Alben gerne verwendet wird. Nun widmet sich der Hanseat auf "Bakterien & Batterien" einem ganz anderen Genre, erfindet den Bigband-Sound neu. Zusammen mit der polnischen Formation MITCH & MITCH ist dieses Werk entstanden. Bei dieser Gruppe aus mindestens fünf Musikern plus unzähligen Gästen dominieren in der Regel die Bigband-Bläser, aber auch Anklänge von Surfmusik (Twang!), Doom, Post Punk oder Undefinierbarem sind zu hören. Im vergangenen Herbst traf sich KUBIN mit MITCH & MITCH sowohl in Hamburg als auch in Warschau, dabei entstanden unter Anleitung von TOBIAS LEVIN, einem der fleißigsten deutschen Produzenten (TOCOTRONIC, KREIDLER, KANTE, ROCKO SCHAMONI) zehn Songs. Im Moment ist das Experiment zehnköpfig auf Tour, und nun erscheinen dazu auch CD und LP.

"Horizontal Rain" (01) steht zu Recht am Anfang. Drängender, treibender Schlagzeugbeat, trocken und knarzend, mischt sich mit Bigband-Bläsern, der schon angesprochenen Surfgitarre und vielerlei elektronischen Effekten. Das Stück ist so ungeheuer mitreißend, dynamisch, dass es ein Weilchen dauert, bis die CD endlich zum nächsten Track wechseln darf. Dort und im weiteren Verlauf treffen sich dann eben diese Elemente in unterschiedlichen Varianten und Schnittmengen, gelegentlich auch mit etwas weniger Drive. "Syncopated Secretaries" (02) zum Beispiel ist eher spartanisch und experimentell, mit langen geräuschigen, elektronischen Phasen, über denen etwa ein Trompetensolo liegt. "Creeper" baut auf eine bassige, brummende Bläsersektion, die wie in einem einzigen, großen Loop vor sich hin rollt, dazu ein Schlagzeugbecken und hörspielartige Sounds (Werkzeuge, Telefone ...). Bislang rein instrumental, tauchen in "Narzissmus & Musik" (04) zum ersten Mal spacig gesprochene Vocals von FELIX KUBIN auf, die sich allerdings auf den Songtitel beschränken. Später, in "Schnürsenkel" (08) folgen weitere Wörter, auch in ganzen, dadaistischen Sätzen. Ansonsten reißt auch dieses Stück wieder mit, ein jazziges Xylophon wird ergänzt durch surfiges Basszupfen, jaulende Heimorgel und mechanischen Drumbeat. "The Tired Hands Of M. Curie" (05) lässt zu dronigen, schläfrigen Blechbläsern eine Maschine blubbern und quietschen, bevor mit "Dead Face" (06) noch eine schrille Überraschung auftaucht: Die dröhnende Gitarrenseite und das unruhige Schlagzeug gehen glatt als Stoner Rock durch! Am Ende stehen zwei sehr experimentelle Stücke, bestehend aus längeren Flächen von digitalen Sounds in Kombination mit dem einen oder anderen akustischen Instrument.

Vom Ansatz her erinnert mich dieses Projekt ein wenig an SEÑOR COCONUT, das feurige Alter Ego des Elektronikmusikers UWE SCHMIDT (Interview). FELIX KUBIN mit MITCH & MITCH bleiben allerdings durchweg digitaler und auch experimenteller. Was mich am meisten erstaunt: Trotz aller Surfpunk-, Boogie-, Jazz- oder Swinganleihen bleibt die Handschrift von FELIX KUBIN deutlich hörbar, als hätte er versucht, diese Genres mit Hilfe von modernen Geräten an die heutige Zeit anzupassen. Sehr faszinierend, und zwischendrin wirklich umwerfend. Ich kann mir gut vorstellen, was zehn Mann auf der Bühne – und mittendrin FELIX KUBIN – dabei für einen Spaß haben!

Über den Link oben gelangt ihr zur LP, die CD gibt es unter anderem auch => hier.


 
Michael We. für nonpop.de


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Zusammenfassung
Experimentelle Elektronik trifft Bigband. Erstaunlich: Trotz aller Surfpunk-, Boogie-, Jazz- oder Swinganleihen bleibt die Handschrift von FELIX KUBIN deutlich hörbar, als hätte er versucht, diese Genres mit Hilfe von modernen Geräten an die heutige Zeit anzupassen. Sehr faszinierend.

Inhalt
01. Horizontal Rain (2:41)
02. Syncopated Secretaries (3:51)
03. Creeper (3:30)
04. Narzissmus & Musik (2:47)
05. The Tired Hands Of M. Curie (3:56)
06. Dead Face (3:27)
07. Bój Si_ Boogie (2:27)
08. Schnürsenkel (3:27)
09. Bakterien & Batterien (2:10)
10. Too Much Light, Too Many Suns (4:40)
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