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Endsal

BRAINBOMBS: Disposal Of A Dead Body

"Once in a while, a genius comes by ..."


BRAINBOMBS: Disposal Of A Dead Body
Genre: Noise Rock
Verlag: Skrammel
Vertrieb: Skrammel
Erscheinungsdatum:
September 2013
Medium: Vinyl DLP
Preis: ~20,00 €
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"Back with a BANG!" möchte man in Anlehnung an ein altes SKREWDRIVER-Stück entzückt ausrufen: Mit "Disposal Of A Dead Body" melden sich die notorischen, infamen, bestialischen, infernalischen, furiosen – kurzum ganz & gar großartigen BRAINBOMBS nach fünfjährigem Schweigen – das letzte Album, "Fucking Mess", erschien 2008 – mit einer Doppel-LP zurück, die das musikalische Treiben der vier Jungs aus Hudiksvall, Schweden, über die Jahre 2009-2012 dokumentiert und auf jeder Seite den Ertrag eines Kalenderjahres zu Gehör bringt. Die A-Seite versammelt ausschließlich Tracks aus dem Jahre 2009, die B-Seite solche von 2010 und auf C- und D-Seite finden sich die Perlen der Jahre 2011 und 2012 aufgereiht. Und was soll man sagen: Auch wenn derartige Unternehmungen – fünf Jahre nüscht und dann mal eben 'ne Doppel-LP 'rausgehauen – in des Kenners kundiger Wahrnehmung erst einmal nach schnellem Reibach qua Veröffentlichung von eigentlich redundantem Material, garniert von einem Haufen minderwertiger Lückenfüller, riechen, so trifft all dies hier – selbstverständlich! – nicht zu. Es gilt die Moral von der Geschicht' gleich unvermittelt an den Anfang zu stellen: "Disposal Of A Dead Body" ist über weite Teile – um nicht zu sagen zur Gänze – schlichtweg grandios und kredenzt dem demütig lauschenden Devotee dieser, seit über 25 Jahren ihr Unwesen treibenden musikalischen Monstrosität genau das, wonach er sich die letzten fünf Jahre sehnsüchtig die Finger geleckt hat: Neues, gehaltvolles Futter nach exakt dem ewig gleichen & ebenso ewig bewährten musikalischen und konzeptuellen Schnittmuster, für das eine kleine, doch kontinuierlich größer werdende Gemeinde von fanatischen Anhängern sie obsessiv liebt und kultisch verehrt. Wie dem Leser an dieser Stelle bereits dämmern wird, gehört der Rezensent dazu.

Und Nein! – Nein-nein-nein: Ganz, ganz sicher wird das Rad hier nicht neu erfunden! Und das ist auch gut so, denn Perfektion kennt bekanntlich weder Entwicklung noch Dynamik, sondern verharrt in verzückter Selbstgenügsamkeit und Selbstbespiegelung. Und nachdem die BRAINBOMBS den Status der Vollkommenheit bereits mit dem, ebenso frenetisch bejubelten wie kontrovers diskutierten 1996er Album "Obey" ein- für allemal realisiert hatten und in der Folge nur noch weiter zementierten, präsentieren sie auch auf dem neuen Album nicht mehr und nicht weniger als das, was in dieser diamantengleichen Perfektion eben nur die BRAINBOMBS aus den tiefsten Tiefen ihrer Eingeweide emporgerotzt bekommen. Bereits in einem Interview aus dem Jahr 1996 mit dem schwedischen Fanzine "Alzheimer" bezeichnet der ehemalige Gitarrist LANCHY Monotonie als das Kernkonzept der Band, das in ramonesker Beharrlichkeit immer aufs Neue zelebriert wird – und dieses, konsequent & kompromisslos umgesetzte Programm hat auch 17 Jahre später kein bisschen von seiner archaischen Wucht eingebüßt: nach wie vor setzt man auf dreckige Riffs in Endlosschleife (das "One Riff = One Song"-Prinzip, so formuliert 2007 im Interview mit "Z-Gun“) und gut abgehangenes Geknüppel, getragen von der ausgesucht bösartig-primitiven Brutalität der Vocals und immer wieder durchbrochen vom psychopathisch tönenden Getröte einer Trompete, die entfernt an frühe TG-Stücke erinnert. Auch die Lyrics sind von jener ausgesuchten Explizitheit, für die die Band ebenso berühmt wie berüchtigt ist: nicht von ungefähr benennen die BRAINBOMBS auf entsprechende Anfrage hin in schönster Regelmäßigkeit PETER SOTOS als den zentralen Einfluss, wenn es um die Gestaltung ihrer Texte geht. Doch auch, wenn man in puncto lyrischer Provokation und Grenzwertigkeit jene äußersten Extrembereiche nicht mehr erreicht, in die man mit Tracks wie "Anne Frank" oder "Obey" vorgedrungen ist, so weiß auch das vorliegende Werk durch kompromisslose Splatter-, Grind- und Gorephantasien auf höchstem – oder tiefstem, je nachdem, von wo aus man's betrachtet –  Niveau zu entzücken.

Es wäre nun entschieden zu viel des Guten, alle Highlights des Albums namentlich zu benennen, deshalb seien an dieser Stelle lediglich in aller Kürze die zwei, drei Stücke kurz abgefrühstückt, die den Rezensenten – man glaubt es kaum! – etwas weniger ansprechen: Da wäre zum einen "Prepared", das eine Spur zu verspielt, ja, bedingt durch die ungewöhnlich dominante Position, die die charakteristische Trompete hier beansprucht, muss man schon fast sagen: nachgerade jazzig klingt. Hier vermisst man den so überaus geschätzten, unmittelbar-brutalen Rumms – konsequenterweise kommt auch die Gitarre etwas zu selbstverliebt und dröselig daher. Ähnliches gilt für das, direkt im Anschluss folgende "Jealous", das einerseits zwar durch wunderbar direkte, pathologisch-romantisierende "She left me/I killed her"-Lyrics besticht, andererseits aber vermöge eines seltsamen, die Basis des Tracks bildenden Surfrock-Riffs nebst angeschlossenem, chaotischem Gitarrengegniedel ziemlich hurtig auf die Nerven geht – mir zumindest. Zu guter Letzt wäre dann noch "The Clown" zu nennen, eine irgendwie kunststudentenmäßig wirkende Downtemponummer, in der sowohl Gitarre und Trompete als auch das Nervenkostüm des geneigten Hörers bis aufs Blut gemartert werden. Aber das – war's dann auch schon: Drei von vierundzwanzig Stücken fallen aus dem ansonsten durchwegs enthusiastisch bejubelten Rahmen. Das halte ich für einen vorbildlichen Schnitt, an dem sich manch anderer, der sich erdreistet, Doppel-LPs unters Volk zu bringen, die dieselbe Quote, allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen aufweisen, mehr als eine Scheibe abschneiden könnte.

Diesen drei schwächeren Stücken gegenüber stehen einundzwanzig Perlen wie bspw. "How To Make An Ordinary Man Sick" (was für ein Titel!), "I Am Sorry", in dessen Verlauf Sänger PETER RÅBERG die Wirkung der gewohnt verstörenden "Strangle & Abuse"-Phantasien durch einen fiesen Lispel-Triller im Vortrag noch zu intensivieren weiß, sodann der ungemein schmissige Instrumentalkracher "Agony", das ziellos dahindelirierende "Nowhere" ("After midnight / sitting here / watching TV / drinking beer / and even if it's a life after this / these are the things I'm gonna miss") und das für BRAINBOMBS-Verhältnisse schon fast poppig klingende "Clean Up The Mess", das möglicherweise den Punkt bezeichnet, an dem sich der Kreis zum, eingangs bereits erwähnten 2008er-Album "Fucking Mess" wieder schließt – der Titel wenigstens legt's nahe. Doch wie gesagt: Es würde den Rahmen dieser Rezension sprengen, auf den spezifischen Charme und die Großartigkeit jedes einzelnen Stücks einzugehen – dafür sind es schlichtweg zu viele. Mir ist jedenfalls schon lange keine Veröffentlichung mehr untergekommen, für die ich eine ähnlich uneingeschränkte, geradezu dringende Kaufempfehlung aussprechen möchte: Hier kann man schlechterdings nichts, aber auch gar nichts falsch machen! Um mit einem – freilich sinnentstellten – Zitat aus dem Stück "Stupid And Weak" von 1999 zu schließen: "Once in a while a genius comes by, he knows what to do ..."

 
Endsal für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Disposal Of A Dead Body @ Skrammel
» BRAINBOMBS @ discogs
» BRAINBOMBS @ wikipedia
» Genius & Brutality-BRAINBOMBS-Fan-Seite
» BRAINBOMBS-Interview @ youtube (leider nur Schwedisch)
» BRAINBOMBS live @ Sonic Protest 2008 (What A Feeling)
» BRAINBOMBS live @ Sonic Protest 2008 ( Urge To Kill)

Themenbezogene Artikel:
» BRAINBOMBS: Inferno


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Zusammenfassung
Ebenso perfekter wie kompromissloser und konsequenter Nachfolger des fulminanten, 2008 erschienenen Albums "Fucking Mess" ... - sowie aller anderen Vorgängeralben. Mit einem Wort: Genial!

Inhalt
A1 Libera Me Domine
A2 Don't Go Near The River
A3 How To Make An Ordinary Man Sick
A4 I.N.R.I.
A5 I Am Sorry
A6 Fuck You All
A7 Nowhere
B1 Kill Them All
B2 The Leatherboy
B3 Agony
B4 In My Garden
B5 The Savior
B6 Prepared
C1 Jealous
C2 Into The Darkness
C3 The Butcher
C4 Jealousy
C5 True Master
C6 Better Rule In Hell
D1 Picking Flowers
D2 The Clown
D3 Clean Up The Mess
D4 I Woke Up This Morning
D5 What A Feeling
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