AGARTTHA: A Water Which Does Not Wet ...

Song 2 des Albums

Bei AGARTTHA handelt es sich um ein spannendes neues Solo-Projekt aus Italien. Allein die Projektbeschreibung, verfasst von FRANCESCA MARONGIU selbst, weckt Interesse. "From the backward special theatre of archetypes, Agarttha is a flashing journey into the past dream of a gypsy moth whom powder ferries the listener into the twists and turns of unconscious among the remote architectures of black pointed stones and echoes of warmth and light", heißt es da. Auch die aufgeführten Inspirationen für das aktuelle Debütalbum klingen nicht minder geheimnisvoll: Zum einen sei "A Water Which Does Not Wet Hands" von MICHAEL SENDIVOGIUS beeinflusst, einem polnischen Alchemisten und Arzt aus dem 16. Jahrhundert, der heute als einer der Vorreiter der Chemie gesehen wird. Zum anderen dienten Zeichnungen einer Achtjährigen als Quelle, einer Patientin des Schweizer Psychiaters CARL GUSTAV JUNG, die eine Zeit lang von Todessymbolen träumte und diese in einem kleinen Büchlein festhielt, bevor sie an einer schweren Krankheit starb.
Die Erwartungen an eine dunkle, sehr geheimnisvolle, dröhnende und alchemistische Atmosphäre, die nach dieser Einführung aufkommen, werden nicht enttäuscht ...

"Lambsprinck" (01) startet mit einem langen, leisen und vibrierenden Frequenz-Drone, in den sich eine zerrende Bassgitarre hinein wühlt. Massive Trommeln, ein trockenes Schlagzeug und verwehter Frauengesang setzen nach und nach ein. Schamanischer Doom, den auch die Anfangsfrequenz wieder einholt, wie eine wuppende Wellblech-Platte. Spätestens mit der Orgel formt sich schon der Einstiegstrack zu einem wilden, magischen Gebräu. "Visions of Alina" (02, vermutlich der Name des erwähnten Mädchens) wirkt etwas ruhiger, eine Mischung aus COCTEAU TWINS in Zeitlupe und einem fortwährenden Doom-Intro, später noch mit Schlagzeug. Auch hier entwickelt sich schnell die geheimnisvolle Atmosphäre, die nach Magie und Experimenten im Hinterzimmer riecht. In "Melusine" (03) bekommt die Stimme mehr Gewicht, die Lyrics sind zu verstehen. Zauberhaft und beschwörend, begleitet nur von einzelnen, einer Leier ähnlichen Tönen, singt FRANCESCA. Im Hintergrund steht erneut das sich durchs gesamte Album ziehende, räumliche Schlagzeug. Überraschung nach vier Minuten: Das Stück überschreitet die Grenze zum Metal, donnert los wie ein in Bewegung geratener Felsbrocken. "The Sphynx" (04) hat einen fließenderen Charakter, geht Richtung Ambient, nicht ohne das stoische Schlagzeug inklusive einzelner Synthietöne, flirrend und pfeifend. "Storms As He Walks" (05) bringt nahezu alle vorhandenen Elemente zusammen, klingt leicht schräg und experimentell. Im Mittelpunkt steht streckenweise der klare Gesang, am Ende wirbelt Gitarrensound. "Chymische Hochzeit" (06) bildet den Abschluss, trocken und etwas bedrohlicher, mit Brummen und Knattern im Hintergrund. Die Frauenstimme klagt, und das Piano (übrigens ebenso wie die Gitarre gespielt von RETO MÄDER von SUM OF R) verstärkt den flehenden, verzweifelten Eindruck.

Auf den ersten Blick kann ich die oben genannten Bezüge nicht sofort identifizieren, macht aber nichts: Das Album funktioniert dennoch sofort über seine intensive, okkulte (ja, ich weiß: Modewort) und orakelhafte Stimmung. Musikalisch eine packende Mischung aus Doom, Ambient und 4AD-mäßigem Sphärengesang. Mystisch im besten Sinnes des Wortes!

PS: Die ersten 100 Ausgaben der LP sind lila, außerdem liegt der gesamten Auflage ein Poster bei.
PSS: Im Rahmen einer Kurzbesprechung haben wir das verwandte Duo ARCHITEUTHIS REX, dessen Stimme ebenfalls FRANCESCA MARONGIU ist, übrigens hier schon vorgestellt ...

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