RANDALL DUNN war für die Produktion von "Capnomancy" verantwortlich, was einen ersten zarten Hinweis auf den Sound dieses Albums gibt. Denn DUNN nimmt auch
SUNN O))) auf und steuert selbst einige Instrumente bei. Er dürfte wohl – zumindest in Deutschland – noch der bekannteste Name rund um das Duo DIMINISHED MEN aus Seattle sein. In den USA bekam die 2005 von DAVE ABRAMSON (Drums) und STEVE SCHMITT (Gitarre) gegründete Band immer wieder positive Besprechungen, außerhalb blieben die Alben dagegen weitgehend unbeachtet, was sich mit dem im Januar 2013 erscheinenden "Capnomancy" hoffentlich ändert.
Nach dem Debüt 2005 erschienen einige Kassetten sowie Sammlungen von Liveaufnahmen und Improvisationen, dazu zwei weitere Vollzeitwerke, so dass es sich nun um das offiziell vierte Studioalbum handelt. Wie immer holten sich SCHMITT und ABRAMSON einige Gäste dazu, etwa den Multiinstrumentalisten
SIMON HENNEMAN (aus einem Freejazz-Duo), den Saxofonisten
SKERIK (ebenfalls in Seattle beheimatet) und – für einen Song – die mir unbekannte, aber grandiose Sängerin SARA JOHANNE.
Der Anfang von "Oblong Trance" (01) führt – wie mehrere Parts auf diesem Album – zunächst in eine andere Richtung: Schaben und Schleifen, hektisches Atmen versprechen weitere Industrial-ähnliche Klänge. Allerdings übernimmt nach kurzer Zeit eine trockene, leicht orientalische E-Gitarre mit satten Trommeln, was eigenartigerweise gleichzeitig nach Doom – vom Klangbild her – und nach Surfsound – wegen der Geschwindigkeit und der später twangenden und gezupften Gitarre – tönt; sehr scharf und rhythmisch. "Black Vapor" (02) setzt das fort und erinnert an
DICK DALE, gleichzeitig wirken die stoischen Trommeln nahezu militärisch. Zur Melodie des Instrumentals ließe sich schunkeln, und wie alle sechs Stücke ohne Gesang funktioniert auch dieses perfekt, weil die Instrumente eine tolle Songstruktur mit treibendem Refrain liefern. Für Doom immer noch zu schnell und nicht düster genug; als Vergleich könnten etwa die
PIXIES auf halber Geschwindigkeit und ohne Vocals dienen. "Kapnos Escape" (03) schließt die A-Seite dieser Platte ab, beginnt wieder als Dark Ambient-Fläche mit Schleifen, Kratzen und (Ver)Zerren, dazu ein hektisch-jazziges Schlagzeug plus passendem Bass, was nach Improvisation klingt, aber immer noch genug Raum für die zentrale, twangende Gitarre gibt.
"Hoarding Light" (04), Opener der zweiten Seite, ist der eindeutige Höhepunkt.
RY COODER-Stimmung, entspannt und voll von nächtlicher Dunkelheit. Dazu die wirklich auf Anhieb bezaubernde und umwerfende Frauenstimme mit jazzig-souligem Timbre, prädestiniert für die Titelmelodie eines
JAMES BOND-Films. Musik für eine verrauchte und verruchte Bar, mit Schlagzeug und der immer auf einem Ton gezupften, gedämpften Gitarre im Zeitlupenmodus, ab und zu unterstützt von einem Hauch an Bläsern. Der kurze Mittelteil ist irre, die Gitarre scheint den Verstärker kaputt zu machen. Einer der besten noch als Pop zu bezeichnenden Songs der vergangenen Monate. "Tacombover" (05) ist wieder schmissiger, mit einem Basssaxophon, das Führung und Melodie übernimmt, dazu ein heftig twangender Gitarrensound, vergleichbar mit den US-Amerikanern von
MAN OR ASTROMAN?. "Capnomancy" (06) wirkt verweht mit seinen einzelnen, gezupften Tönen, als hätte
ENNIO MORRICONE für die spannendste Szene in einem Spaghetti-Western die Untermalung geschrieben. "Expulsion" (07) setzt zum Schluss ein fast klassisches Surf-Instrumental mit entsprechenden Gitarrensounds und einigen geisterhaften Klängen, später auch einer improvisierten Passage.
Dieses Album hat ein Energielevel von 200 Prozent! Abwechslungsreiche Instrumentals mischen die Stimmung von Doom und Spaghetti-Western, mit dem Höhepunkt – dem einzigen Vocal-Stück – genau in der Mitte. Ebenfalls denkbar als Soundtrack für einen frühen, schwarz-weißen Gruselfilm. Eine tolle und seltene Kombination, präsentiert von hörbar guten Musikern in kristallklarem Sound. Erster Tipp für 2013!
Wie schon in den News erwähnt, sind DIMINISHED MEN Anfang kommenden Jahres auf Tour; die perfekte Gelegenheit, diese außergewöhnliche Band kennen zu lernen.