Michael We.
ILLUSION OF SAFETY: Sweet DreamsStimmungsvoller Tagtraum
Genre: Experimental
Verlag: Drone Records Erscheinungsdatum: November 2012 Medium: Vinyl 10'' Preis: ~12,00 € Kaufen bei: Labelshop Von ILLUSION OF SAFETY habe ich schon viel gehört; leider fehlte bisher die Gelegenheit, mich von der Qualität des Ein-Mann-Projektes zu überzeugen. Dies gelingt nun spielend mit "Sweet Dreams", einer neuen 10inch, die innerhalb der SUBSTANTIA INNOMINATA-Serie von DRONE RECORDS erscheint, was alleine schon für einen hohen Standard spricht. (Mehr zum Konzept der EP-Serie findet Ihr auf der Homepage des DRONE-Ablegers.)
Einziges ständiges Mitglied von ILLUSION OF SAFETY aus Chicago ist DAN BURKE – vielleicht auch bekannt aus anderen Bands oder Projekten wie dem BIG CITY ORCHESTRA. BURKE ist schon eine Ewigkeit als Soundbastler aktiv, was ein netter Fakt beweist, den die Labelinfo mitliefert: JIM O'ROURKE gab sein Debüt mit 19 (!!) als Livegitarrist bei ILLUSION OF SAFETY. Gemeinhin wird die Musik von IOS als 'Ambient Industrial' bezeichnet, wobei beim Querhören einiger Veröffentlichungen der Fokus häufiger auf Industrial als auf Ambient zu liegen scheint, auch Power Electronics ist bei mehr als 20 Alben im Portfolio. BURKE arbeitet mit verschiedenen Livemusikern, Massen von Field Recordings, mit Drones, Elektroakustik, Collagen und anderen Elementen. An "Sweet Dreams" war er allerdings ganz allein beteiligt, und hier liegt der Schwerpunkt eindeutig mehr auf Ambient. Der Titeltrack beginnt mit Field Recordings, einer Menschenmenge etwa in einem Einkaufszentrum, und hat etwas sehr Alltägliches, Wiedererkennbares. Spacige Science Fiction-Geräusche mischen sich hinein, darunter ein sehr grooviger Rhythmus, der aus dem Loop einer Vinyl-Endlosrille gebastelt zu sein scheint. Dann steigt ein warmer Sound auf, der sich langsam einer Melodie annähert, vom Klang her ein Fender Rhodes-Piano oder eine gedämpfte Gitarre, verträumt wie während einer privaten Jamsession. Im Verlauf verschwinden fast alle anderen Geräusche, ruhiger Ambient à la FENNESZ bleibt stehen, ab und zu mit einem knarzenden Einsprengsel, aber insgesamt sehr sphärisch und sakral. "Unresolved" (A2) wirkt etwas technischer mit einer Reihe von Klängen und Rhythmen, die offenbar mit Geräten erzeugt wurden. Eine psychedelische Grundstimmung kommt aber recht schnell wieder auf, durch verwehte Schamanengesänge und anschließend einen reduzierten Ambientteppich, der lediglich von einem hochfrequenten Pfeifen überlagert bleibt. In "Always Somewhere Else" (B2) steht Technik gegen Natur, ein tieffrequentes Brummen gegen Vogelgezwitscher. Bald schält sich ein erneut starker Rhythmus heraus, als ob jemand regelmäßig auf einen Buzzer drückt. Darüber flirren Synthiesounds der 1970er-Jahre, später ergänzt durch Melodieversuche mit einer Taste oder Saite. Sehr spacig und mit ausgeprägter Wirkung auf das Unterbewusstsein, denn nach und nach trägt dieses zehnminütige Stück den Hörer aus der Realität, ohne dass er es merkt. "Sweet Dreams" hat etwas von einem sehr intensiven Tagtraum. Die vielen Klänge und Geräusche, zum Beispiel das Stimmenwirrwarr, wirken bekannt und vertraut, bilden den Bezug zur Realität und unterbrechen teilweise auch das Schwelgen. Die Ambientflächen befördern dagegen das Wegdriften, oft angelehnt an psychedelische Sounds der 1970er-Jahre. THOMAS DIMUZIO, der immense Erfahrung mit solcher Musik hat, war für die Abmischung verantwortlich, was sich in einem klaren und differenzierten Klangbild äußert. Organisch und stimmungsvoll, ein gutes Beispiel für moderne Komposition etwa als Weiterentwicklung von Musique Concrète.
Michael We. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » ILLUSION OF SAFETY Themenbezogene Newsmeldungen: » ILLUSION OF SAFETY auf DRONE RECORDS
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Zusammenfassung
"Sweet Dreams" hat etwas von einem sehr intensiven Tagtraum. Die vielen Klänge und Geräusche wirken bekannt und vertraut, bilden den Bezug zur Realität. Die Ambientflächen befördern das Wegdriften, oft angelehnt an psychedelische Sounds der 1970er-Jahre. Organisch und stimmungsvoll.
Inhalt
10inch
SUB-17 lim. 500 A1 Sweet Dreams (6:08) A2 Unresolved (5:45) B1 Always Somewhere Else (10:15) ~ 22 min. |