Vielleicht wird es bei der dritten besprochenen Veröffentlichung nacheinander ein bisschen viel mit der Lobhudelei. Aber wie schon an den neuen EPs von
NOVEMBER NÖVELET (
Besprechung) und SUBLIMINAL (
Besprechung) ist auch an diesem Labelsampler von
GALAKTHORRÖ nichts Schlechtes zu finden, im Gegenteil. Parallel zur
ersten Version von "Kosmoloko" – zum zehnjährigen Bestehen des Labels im Jahr 2004 – haben alle beteiligten Künstler exklusiv zwei neue, unveröffentlichte Stücke beigesteuert. Ein "Gegenentwurf zu dem gängigen Sampler-Konzept", heißt es passenderweise in der Pressemitteilung des Labels. Auch das Aushängeschild
HAUS ARAFNA ist mit zwei neuen Stücken ganz am Ende vertreten.
Am Anfang steht mit NOVEMBER NÖVELET das Schwesterprojekt von ARAFNA. "The Darkness Of My Mind" (01) beginnt mit typisch analogen, schönen, alten Keyboard-Sounds. Die schaurige Instrumentalsinfonie kommt relativ lange ohne Beat und Vocals aus, bis sich dann doch Rhythmus und Zeitlupenstimme aus den Flächen schälen. Niemand kriegt diese Stimmung kurz vorm Zerfall so perfekt hin, arbeitet die Schönheit an der Grenze zwischen Leben und Tod so gut heraus wie NOVEMBER NÖVELET. Das zweite Stück ("Changing Mind", 02) ist von Beginn an äußerst rhythmisch mit Bass und Percussion. Die Stimme von MR. ARAFNA ist mit einer perlenden Raumfahrer-Melodie unterlegt, ein großartiger Space-Hit!
SUBLIMINAL liefert mit "Embrace" (03) kratzende und pfeifende Loops, dazu die wütend-verzweifelte, stets verzerrte Stimme. "For Your Eyes
Only" (04) ist rhythmischer, teilweise schnaufend wie eine Eisenbahn, sehr dronig und unterschwellig gefährlich. Blaffende Vocals setzen erst nach drei Minuten ein.
Eine Mischung der beiden vorangegangenen Künstler ist HERZ JÜHNING. Auf der einen Seite sehr technisch-noisig, wummernd, auf der anderen ungeheuer rhythmisch und mit klarer Stimme. Immer wieder formen sich in "Son Of Earth" (05) melancholische Melodien aus den Sounds, der Track wirkt wie ein auf sein Skelett reduzierter Dancefloor-Kracher. Einer meiner Favoriten des Samplers. Etwas härter, auch mit leicht verzerrter Stimme, ist "Der Elektrische Horror" (06), mit einer saugenden, grauen Monotonie.
Schön, auch mal wieder etwas Neues von
HERMANN KOPP zu hören! "Putrefaction" (07) mutet überraschend flächig und industriell an. Erst auf den zweiten Blick sind einige der Sounds der vergangenen KOPP-Veröffentlichungen erkennbar. Ein modernes Orchester mit quietschenden Streichern, synthetischen Sounds und Beats, rein instrumental. Wie ein Kanon, spartanisch, aus Schleifen von einzelnen Instrumenten (Glöckchen, mehrfach Geige und Synthie) kommt "Vessels" (08) daher, alles übereinander gelegt, private Hypnose im Horrorkeller.
Das Highlight zum Schluss: Ich kann im Detail gar nicht so genau erklären, warum – aber "Lying In State" (09) von HAUS ARAFNA überrollt den Hörer wie eine Walze. Ein gleichmäßiges, dezentes Wummern, darüber ein nicht allzu schneller, industrieller Beat und die klassischen, schreienden und verzerrten Vocals. Dieses Mal mit Hall am Ende der Strophen, so dass die Stimme immer im Takt mit der Musik ausklingt. Mächtig. "Your Hero" (10) schließlich ist etwas poppiger: ein knackender, pumpender Takt, dazu gongähnliche Sounds, die Stimme klarer, flüsternder. Dieses Stück wirkt weniger brachial, hat dafür einen ungeheuren Flow, bleibt immer in Bewegung und erinnert mich deshalb etwas an die Laufsteg-Arbeit "New York Rhapsody" (
Besprechung).
Die meisten
GALAKTHORRÖ-Fans sind vermutlich Sammler und kaufen die Veröffentlichungen sowieso in allen erschienenen Varianten, was bei der überschaubaren Zahl an Publikationen gut möglich ist. Dieser Sampler erscheint als LP (lim. 647, weißes Vinyl – wie schon "Kosmoloko 1") und als unlimitierte CD. Für alle Nicht-Sammler ist diese vorbildliche Zusammenstellung ohne ein einziges schwächeres Stück die Gelegenheit, sich mit der Arbeit des kleinen Braunschweiger Labels vertraut zu machen. Wieder mal ein Pflichtkauf!
Wer sich für einzelne
GALAKTHORRÖ-Künstler besonders interessiert: Seit geraumer Zeit bietet das Label auch einen
Download-Shop, in dem ältere und längst vergriffene VÖs erhältlich sind. Außerdem interessant: Ein
GALAKTHORRÖ-Kanal mit rund zwei Stunden Spielzeit auf unserem
NONPOP-Radio und das
Interview mit den beiden ARAFNAs.