JOHN FRUSCIANTE: LETUR-LEFR EP

... smiles from the synths he holds ...

Genre: Electronica
Verlag: Record...
Vertrieb: Record...
Erscheinungsdatum:
16.07.2012
Medium: CD-EP
Preis: ~8,00 €
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Kategorie: Rezension
Erstellt: 15.07.2012
Wörter: 725
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Vor genau 15 Jahren wurde „Smile From The Streets You Hold“ veröffentlicht – das zweite Soloalbum des Gitarristen der RED HOT CHILI PEPPERS. Dieser Aufkleber prangte auf der CD und so wurde sie beworben. Zugegeben, nicht ohne Grund zählte der damals 25-jährige schon zu den besten Gitarristen weltweit, schließlich zeichnete er sich für den grandiosen Riff der unsterblichen Rockhymne „Under The Bridge“ verantwortlich, welche die Band damals quasi über Nacht in den Rockolymp und die Stadien dieser Welt katapultierte.
Doch JOHN FRUSCIANTE konnte mit dem unerwarteten Erfolg nicht umgehen und verließ die Band während der folgenden Welttournee, die dem Bestseller „Blood Sugar Sex Magik“ anhing. Für ihn waren es unbestreitbare Jahre der systematischen Selbstzerstörung von Körper und Geist, die auf diesen Lebensabschnitt mit der Band folgten.
„Stuff“ – eine Mini-Dokumentation von FRUSCIANTEs Freunden JOHNNY DEPP und GIBBY HAYNES (BUTTHOLE SURFERS) –, ein Bericht des niederländischen Senders VRPO von 1994 und das eingangs erwähnte Album „Smile From The Streets You Hold“ (und dessen Vorgänger „Niandra Lades And Usually Just A T-Shirt“) zeigen auf erschreckende Weise, wie begnadete Musiker sich durch massiven Drogenkonsum ins Grab bringen können.
Genie und Wahnsinn liegen im Musikbusiness bekanntlichermaßen nah beieinander. JOHN FRUSCIANTE ist solch ein musikalisches Genie! Und er hat es bereits vor vielen Jahren geschafft, dem Tod im letzten Moment von der Schippe zu springen. Nach seinem erfolgreichen Entzug, einer zweiten „Amtszeit“ bei den CHILI PEPPERS und zahlreichen Soloveröffentlichungen und Gastauftritten bei befreundeten Musikern wie THE MARS VOLTA, WU-TANG CLAN und dem unsterblichen JOHNNY CASH, legt er nun den Vorboten des im September erscheinenden neuen Albums, die EP „Letur-Lefr“, nach.
Mit „Letur-Lefr“ ist FRUSCIANTE musikalisch Elektronikern wie KRAFTWERK und APHEX TWIN näher, als seinen ehemaligen Bandkollegen, die leider – nicht erst seit dem letztem Album – im ewig gleichen Sound gefangen zu sein scheinen. „Music For The Masses“ war noch nie im Sinne eines JOHN FRUSCIANTE! Trugen seine durchaus erfolgreichen Soloalben „Shadows Collide With People“ und „The Will To Death“ noch deutlich die Handschrift des begnadeten Gitarristen – der das Klangbild der CHILI PEPPERS so unbestreitbar prägte –, so gibt es für alle Puristen nun einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten. Die Gitarren sind nahezu eingemottet, kommen hier nur noch äußerst selten zum Einsatz. Stattdessen arbeitet JOHN FRUSCIANTE inzwischen fast ausschließlich mit Synthesizern, Sequenzern und Drumcomputern.
Wer nun langweiligen Synthpop und ähnlich geartete Electronica erwartet, dem werden spätestens mit Song No. 4, „FM“, die Ohren geöffnet. Hier hören wir ein Cuvée aus R&B, Hip Hop, Trip Hop; nennen wir es mal „Hip Synth Hop“, um dem Kind einen Namen zu geben. Wann immer man glaubt, dieser Mann habe sich doch schon durch alles Stile gespielt, wird man wieder aufs Neue überrascht. Dies zeichnet ihn aus und verleiht ihm das Prädikat eines „begnadeten Musikers“ der Neuzeit. Der Prozess selbst zog sich über mehrere Jahre hin, nahm vielleicht mit dem 2004er Werk "A Sphere In The Heart Of Silence“ – entstanden in Zusammenarbeit mit JOSH KLINGHOFFER (inzwischen der neue Gitarrist der RED HOT CHILI PEPPERS) – seinen Anfang.

Für JOHN FRUSCIANTE war es offenbar zu Beginn alles andere als leicht, sowohl das für ihn bekannte Arbeitsschema eines Rockgitarristen auszublenden, als auch die Arbeits- und Wirkungsweise von elektronischem Equipment zu verstehen und einzusetzen. Nachzulesen ist dies in detaillierter Form im aktuellen Statement auf seiner Webseite. Doch erneut ist es ihm in erstaunlich überzeugender Weise auch dieses Mal wieder gelungen, den Hörer zu verblüffen. Diese EP empfiehlt sich für alle Freunde elektronischer Musik und vielleicht sogar für Rock-Enthusiasten, die sich auch einmal an musikalische Formen und Ausdrucksweisen außerhalb des gitarrengeprägten Genres heranwagen möchten. Nicht zuletzt gibt es z.B. mit RADIOHEAD oder den LIARS glücklicherweise immer wieder Bands, die sich trauen, auch außerhalb der klassischen Bandbesetzung zu agieren und zu experimentieren. So eben auch JOHN FRUSCIANTE. Und was für all seine vorherigen Arbeiten gilt, wird auch hier mehr als deutlich: Er versteht es, schöne Melodien sowohl auf der Gitarre, als auch auf dem Synthesizer zu komponieren und mit seiner einzigartigen Kopfstimme zu veredeln. Und wer ihn jetzt immer noch auf den Ex-Gitarristen der Roten Chilischoten reduzieren möchte, hat leider nichts verstanden und soll halt weiterhin seinen Kopf in gewohnter Manier zu „Give it away“ bangen.
Alle anderen werden ihn feiern und weiterhin hoffen, dass er sich irgendwann einmal wieder dazu durchringen wird, Live-Konzerte zu spielen. Das wäre eine Party sondergleichen!