FLORIAN HECKER: Brüche

oder das Verhältnis der einzelnen Teile zum Ganzen

Genre: Experimental
Verlag: Presto!?
Medium: Vinyl 10''
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Kategorie: Rezension
Erstellt: 11.05.2012
Wörter: 512
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Nein, die Arbeiten von FLORIAN HECKER erwecken beim ersten Hinhören nicht unbedingt den Eindruck als seien sie das, was man unter Musik im Allgemeinen versteht. Gerade auch bei der neusten Veröffentlichung „2/8 Bregman 4/8 Deutsch 7/8 Hecker 1/8 Höller“ (einem Doppel-10”-Vinyl-Set) auf dem italienischen Label PRESTO!? kann man sich nur schwerlich, und wenn dann nur mit viel Fantasie, vorstellen, wie jemand mit einem Bier in der Hand auf einer Tanzfläche in Ekstase verfällt. Das, was da zu hören ist, ist anders. Es hat vielmehr mit mathematischen Proportionen und der – wie es auf der Internet-Seite des Massachusetts Institute of Technology (MIT) heißt – kompositorischen Erschließung der Nachkriegsmodernität, der elektroakustischen Musik usw. zu tun. Also eben nicht mit irrational ungestümer Ausgelassenheit. Dennoch, wenn man sich erst einmal aufmerksam durch das Album gehört hat, fällt einem auf, dass da einiges entdeckt und in einen logischen Zusammenhang gebracht werden kann.
Zunächst das Formale. Es fällt sofort auf, dass die Titel, die, wie gesagt, auf zwei 10'' verteilt sind, auf je einer Platte in einerseits A1, A2, B1 und B2 zerfallen – auf der anderen dann mit C und D das Gleiche. Zwei Platten mit je vier Titeln, 8/8, ein Ganzes.
Aus der Benennung der Platten kann dann darauf geschlossen werden, in welchem Verhältnis das Ganze zueinander steht. FLORIAN HECKER (7/8) hat es produziert, d.h. bis auf das letzte Stück. Er war also, nehmen wir das eine Achtel aus der Rechnung heraus, welches CARSTEN HÖLLER (1/8) zukommt, der das letzte der acht Stücke komponiert hat, an sieben von acht Stücken beteiligt.
Kürzt man dann die Anteile von ALBERT S. BREGMAN (2/8) und DIANA DEUTSCH (4/8) herunter, bleibt, für ersteren 1/4, als einer von vieren. Und nimmt man letztere von beiden dazu, haben wir die Hälfte, 1/2 von insgesamt vier. Theorie und Praxis. Zwei schreiben theoretische Abhandlungen zum Thema, die anderen zwei machen den Überbau hörbar – doch das ist nur ein berechenbares, weil mathematisches Kalkül meinerseits und deshalb lediglich auch nur innerhalb dieser Grenzen zu verstehen, d.h. wahrheitsgemäß.
Aber widmen wir uns der Musik. Hier geht es auf und ab. So auch das erste Stück. Danach das zweite. Es beginnt mit dissonanten Tonfolgen und bricht sich, geht abermals in eine Aufwärtsbewegung, verliert schließlich an Geschwindigkeit und endet. Die Rückseite greift ein auf der ersten Seite bereits verhandeltes Thema auf. Hier verlaufen die Tonfolgen abwärts. Auf der zweiten Platte wechseln sich „geloopte“ Sprachlaute, die auf der Rückseite zu Gelb-Grün werden, mit abwechselnd auf den Lautsprechern hin und her „gepanten“ Tönen. Insgesamt erfordert dieses eine Ganze, das in verschiedene, zueinander in Proportion stehende Stücke zerfällt, Aufmerksamkeit.
Übrigens, FLORIAN HECKER war in Zusammenarbeit mit dem Goethe Institut Boston beim MIT im Zuge des Visiting Artist Programms zu Gast. Und er hat auch schon mit z.B. APHEX TWIN gearbeitet.