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Richard K.

MARTIN POPOFF: Worlds Away

Voivod und die Kunst des MICHAEL LANGEVIN


MARTIN POPOFF: Worlds Away
Genre: Metal
Verlag: Edition...
Medium: Buch
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Kanada war schon immer bekannt für seine etwas andere Musikszene: Man denke an die proggenden Science Fiction-Objektivisten R.U.S.H. oder die durch einen kultige Dokumentationsfilm (wieder) bekannt gewordenen Speed Metaller ANVIL. VOIVOD aus dem frankophonen Quebec klingen, grob vereinfacht, wie eine Mischung der beiden, und doch ganz anders. Hinter dem hochindividuellen Stil steckt Bandkopf und Schlagzeuger MICHAEL „AWAY“ LANGEVIN. Die soeben erschienene Bandbiografie „Worlds Away“ stellt die Geschichte der Band vor – in Bildern, die sich in der Tat um Welten vom üblichen Szene-Einheitsbrei unterscheiden.

Sachbücher zum Thema Heavy Metal erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Das hat auch damit zu tun, dass sie schlicht immer besser werden: Hatten lange und vor allem in den Achtzigern und Neunzigern noch die eigene Szene und die Autoren selbst beweihräuchernde Nachschlagewerke wie MATHIAS HERRs Heavy Metal-Lexikon oder von der Redaktion des Rock Hard herausgegebene Rezensionssammlungen wie „Rock Hard Mania: 20 Jahre Rock und Metal im Überblick“ Konjunktur, fragen immer mehr Sachbücher nach künstlerischen, biografischen oder auch ideologischen Hintergründen der Musiker. Man denke an das sich mit der Geschichte der zweiten Welle des Black Metal befassende und dabei angenehm moralinlose „Lords of Chaos“-Buch oder DANIEL EKEROTHs Bibel über den „Schwedischen Death Metal“, beide in deutscher Version im INDEX VERLAG erschienen.

Neben dem INDEX VERLAG macht sich auch der eigentlich auf okkulte Literatur spezialisierte Fachverlag EDITION ROTER DRACHE seit einigen Monaten daran, lesehungrige Metal- und Musikheads mit Stoff zu versorgen. Nach einer Monografie über den Cthulhu-Mythos in der Musik erschien die Tage ein Bildband über die kanadische Thrash Metal-Legende VOIVOD.

„Bildband?“, wird sich jetzt manch unbedarfter Leser fragen. Richtig gelesen: „Worlds Away“ unternimmt den Versuch, die Geschichte einer Band über ihr Artwork zu erzählen. Autor MARTIN POPOFF unternahm mit seinem bislang nur auf Englisch vorliegenden Buch „Run for Cover: The Art of Derek Riggs“ bereits einen ähnlichen Versuch mit dem Covergestalter der meisten IRON MAIDEN-Titelbilder DEREK RIGGS.

Ein derart „kunsthistorischer“ Ansatz macht bei VOIVOD indes noch mehr Sinn als bei den ebenfalls im Bereich Heavy Metal-Ikonografie stilbildenden IRON MAIDEN: Denn bei VOIVOD ist mit MICHAEL „AWAY“ LANGEVIN kein externer Künstler, sondern der Schlagzeuger selbst für das Layout verantwortlich. Auch in anderer Hinsicht unterscheidet sich AWAY von MAIDEN-Maler RIGGS: AWAY ist, das zeigen seine ersten Arbeiten wie das Titelbild des VOIVOD-Debüts „War and Pain“, Autodidakt und das, was man zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (1984) in Deutschland vielleicht einen „genialen Dilletanten“ genannt hätte: Für AWAY hatte immer das Musizieren Priorität, die bildende Kunst betrieb er dementsprechend eher nebenbei, wenn er gerade keine Drumsticks in den Finger hielt. 

Auch die Tatsache, dass sich AWAY stets neuen künstlerischen Ausdrucksformen wie Airbrush oder Computer-Grafikprogrammen zuwandte, ohne die Technik, wie er selbst zugibt, anfangs ganz beherrschen zu können, verstärkt den Eindruck zwischen Genie, Wahnsinn und limitierten handswerklichen Fähigkeiten schwenkender und ziemlich nerdiger Outsider-Kunst, in der Science Fiction auf das DIY-Prinzip des Punk traf. Ein gutes Beispiel dafür liefert der Bildband selbst mit dem Artwork zum 1987 entstandenen Drittwerk "Killing Technology" oder das vom selben Album stammende, Speed Metal, C64-Ästethik und AWAYs Krakel-Malereien vereinende Video zu Ravenous Medicine. Erst in den Neunzigern reift AWAY zu dem souveränen Künstler heran, der zunehmend von anderen Musikern für deren Covergestaltung angefragt wird.

Dennoch, oder gerade deswegen, prägte AWAY schon in den Achtzigern mit seinem von den Malern der französischen Comic-Reihe Metal Hurlant, dem Gesamtkunstkonzept der Jazzrock-Progger MAGMA und dem unvermeidlichen H.R. GIGER beeinflussten Stil eine ganze Generation von Metal-Fanatikern. Das Artwork bildete mit dystopischen Texten um Nano-, Cyber- und Atomtechnologie sowie progressiven Thrash-Salven ein düsteres Science Fiction-Konzept, das sich von einem Gros der Genrekollegen und ihren Fantasy- und Horror-Phantastereien absetzte.

Im Mittelpunkt stand dabei der namensgebende Voivod, eine allmächtige Menschmaschine, die als eine Art knallharter „Law and Order“-Cowboy oder „Brutal Gardener“ mit Gewalt Militarismus und Atom-Wahnsinn, also Feuer mit Feuer bekämpft. Konzept und musikalische Umsetzung zeugen dabei in den Anfangstagen sowohl von Einflüssen der Prog-Konzeptkünstler MAGMA und R.U.S.H. (mit denen man später die Bühne teilt) als auch des Punk und des deutschen Speed Metals. Auf Alben wie dem im geteilten Berlin entstandenen „Killing Technology“ ergänzten Industrial-Fragmente wie das perkussive Bearbeiten von Metallschrott den VOIVOD-Sound, ein Ansatz, den Bands wie FEAR FACTORY Jahre später kommerziell sehr viel erfolgreicher fortsetzten. VOIVOD selbst sollten später unter anderem auch mit JIM G. THIRLWELL (FOETUS) zusammenarbeiten.

Trotz ihres anspruchsvollen Ansatzes konnten VOIVOD in den Achtzigern durchaus Erfolge feiern. Mit dem Aufkommen des Grunge und anderer alternativer Rockformen sank der Stern VOIVODs in den Neunzigern indes langsam, aber stetig, dabei tourte man mit Gruppen wie FAITH NO MMORE oder SOUNDGARDEN (mit VOIVOD als Headliner, wohlgemerkt). 

VOIVOD schienen zunehmend vom Pech verfolgt, ihre Biografie nahm wie die ihrer Landsmänner ANVIL zum Teil tragische Züge an. Als erster Tiefpunkt kann der Beinahe-Tod ihres Sängers und Bassisten ERIC FORREST angesehen werden, der 1998 bei einer nur minimalen Zuspruch findenden Tour durch Deutschland in Folge eines Autounfalls beinahe vom eigenen Tourbus erschlagen wurde – ein Unfall, der fatal an den Tod des Metallica-Bassisten CLIFF BURTON erinnert. Wie bei BURTON und METALLICA wurde JASON NEWSTEDT FORRESTs Nachfolger bei VOIVOD. Aber weder der prominente ehemalige METALLICAT noch die Beteiligung von AWAY (als Cover-Gestalter) und VOIVOD-Sänger SNAKE (als Gast-Vokalist) am PROBOT-Allstarprojekt um ex-NIRVANA-Schlagzeuger DAVE GROHL verhalfen VOIVOD zu einem richtigen Durchbruch: Die Kunst des VOIVOD scheint einfach nicht für die Massen bestimmt zu sein. 

Doch VOIVOD machen weiter, auch nach dem Krebstod ihres Gitarristen und Gründungsmitglieds DENIS D'AMOUR. Das natürlich von AWAY gestaltete Artwork des ein Jahr nach D'AMOURs Tod veröffentlichten Albums „Katorz“ (2006) zeigt nur die ikonografisch gestalteten Profilbilder der vier VOIVOD-Mitglieder. Der übliche Monsterstil erschien LANGEVIN und den beiden anderen verbliebenen Mitgliedern schlicht unpassend.

Fazit: Ein fantastisches Buch, das freilich nur bei wenigen Die Hard-Fans Anklang finden dürfte. Schade, denn auch Nicht-Metalheads verpassen dabei sowohl die Kunst als auch die Gedankenwelt eines der wohl eigenwilligsten Musikerpersönlichkeiten Kanadas.


 
Richard K. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Edition Roter Drache

Themenbezogene Newsmeldungen:
» Edition Roter Drache veröffentlicht VOIVOD-Buch

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Inhalt
184 Seiten Thrash Metal-Geschichte
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