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Michael We.

STRAHLENZENTRUM: Zentralautomatik

Musizierende Maschinen


STRAHLENZENTRUM: Zentralautomatik
Genre: Minimal
Verlag: T.u.T. / R.u.R.
Erscheinungsdatum:
Februar 2012
Medium: Vinyl 10''
Preis: ~14,00 €
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MARIO LÖHR veröffentlicht unter dem Namen N.STRAHL.N wie ein Berserker seine Musik zwischen Industrial und Ambient. Vor vier Jahren (2007) hat er STRAHLENZENTRUM ins Leben gerufen, ein Seitenprojekt, welches eher für Minimal-Elektronik steht. Nach zwei zahlenmäßig sehr limitierten Vorgängern ist "Zentralautomatik" nun die dritte Veröffentlichung in etwas größerem Umfang, die erste auf (weißem) Vinyl. Vier der sechs Lieder dieser EP sind neu, zwei von WERMUT geremixt; sie stammen im Original aus dem Album "Zentralebene" (2010).
Drei der Songs von "Zentralebene" - ein Album, das übrigens auf dem LÖHR-eigenen Label LICHT UND STAHL veröffentlich wurde, wo sich unter anderem auch FLUTWACHT tummeln - können zur Einstimmung hier nachgehört werden; auch das Original des von WERMUT bearbeiteten "Zentralebene VI".


"Zentralautomatik" sei, so schreibt es das herausgebende WERMUT-Label TREUE UM TREUE / REUE UM REUE, von "Der Sandmann" beeinflusst, einem Schauermärchen von E.T.A. HOFFMANN. Bereits die vier "Olimpia"-Stücke verweisen darauf, denn diesen Namen trägt auch eine von HOFFMANNs Hauptfiguren, welche sich im weiteren Verlauf übrigens als Holzautomat entpuppt. Eine der Thematiken des Schauerromans ist deshalb das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine. Hier könnte eine Verbindung zu "Zentralautomatik" bestehen, denn die sechs Tracks klingen teilweise tatsächlich wie von Maschinen gesteuert, während sich in den Zwischenräumen Emotionen versuchen, Bahn zu brechen.

"Olimpia II" (A1) überrascht nach dieser Einführung mit sehr analogem Klang, ist aber rhytmhisch und gleichförmig, eben beinahe maschinell. Durch die tuckernden Beats und Drums zieht sich ein sehr helles, plingendes Geräusch, und später schieben sich bedrohliche Drones unter die Fläche. Die fortwährende Wiederholung, trotz der leichten Abwechslungen, hat fast etwas Rituelles. Auch "Olimpia VII" (A2) besteht aus einem einfachen, sich wiederholenden Beat und einer klaren, kurzen Melodie. Das anschwellende melodische Summen geht manchmal in Richtung Noise. Diese scheinbar unkontrollierten Signale sind Zeichen dafür, dass entweder die Maschinen ein Eigenleben führen oder doch irgendwo Menschen versteckt sind. In "Olimpia VI" (A3) ertönt ebenfalls ein stärker und schwächer werdendes, sirenenartiges Geräusch.
"Zentralebene V" (B1) - der erste der beiden Remixe - ist allein deshalb spannend, weil es der einzige Track mit Gesang ist. Außerdem ertönt ein bassartiges Instrument, was trotz des weiter vorherrschenden Minimalismus einen wavigen Einschlag ergibt. Die männliche, verfremdete Stimme erscheint leicht nölend und schief, sehr mysteriös. "Olimpia III" (B2) hätte ich auf Anhieb einem C64-Jump'n'Run-Spiel zugeordnet, mit starkem Rauschen unterlegt. Und auch "Zentralebene VI" (B3, Remix 2) bietet in der Neuauflage Maschinengeflüster, ist erneut ein sehr rhythmusorientierter Track mit starken, treibenden Beats. Warme, sympathisch alte Synthiesounds machen daraus ein wunderbares Ambientstück, das aus einem historischen Science-Fiction-Film stammen könnte. Das Original wirkte langsamer und noisiger.

Diese EP vermischt gekonnt Sparten wie Minimal Techno, Cold Wave und Angst Pop, ist dabei aber weniger kühl und beängstigend, als die ersonnene Maschinenstory vermuten ließe. Sechs rhythmische Tracks, die scheinbar mit Mitteln der 1980er-Jahre eingespielt wurden oder zumindest so klingen. Wie eigentlich alle TUT-Produkte besitzt auch dieses ein starkes Maß an Eleganz. Für Elektronik-Freunde eine ganz sichere Bank.

 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Hörbeispiel A1
» Hörbeispiel A2
» Hörbeispiel B1
» Hörbeispiel B3
» STRAHLENZENTRUM @ discogs
» N.STRAHL.N @ myspace


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Zusammenfassung
Diese EP vermischt gekonnt Sparten wie Minimal Techno, Cold Wave und Angst Pop, ist dabei aber weniger kühl und beängstigend, als zu vermuten wäre. Sechs rhythmische Tracks, die scheinbar mit Mitteln der 1980er-Jahre eingespielt wurden oder zumindest so klingen. Sehr elegant!

Inhalt
TuT020
10inch
white vinyl
ltd. 200

Side A
A1 - Olimpia II
A2 - Olimpia VII
A3 - Olimpia VI

Side B
B1 - Zentralebene V ("Im Perspektiv" Edit)
B2 - Olimpia III
B3 - Zentralebene VI ("Leere" Edit)
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