Alles Roger im Hause COLD MEAT INDUSTRY und BRIGHTER DEATH NOW? Noch zu Anfang des Jahres schien es, als ob das von dem Schweden ROGER KARMANIK geführte einstige Kultlabel CMI und seine Death Industrial-Formation BDN endgültig am Ende wären. BDN fiel zuletzt eher durch fragwürdige Live-Performances auf, während zahlreiche, zum Teil tragende Künstler der Kaltfleischfabrik nach finanziellen Unstimmigkeiten mit KARMANIK das Weite suchten: Neben IN SLAUGHTER NATIVES, ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO, ARCANA, KARJALAN SISSIT, SOPHIA seilten sich sogar Hinterbänkler wie ROME oder STORMFÅGEL ab. Überrascht dürften von dieser Entwicklung indes die Wenigsten gewesen sein: Das Ende von COLD MEAT INDUSTRY kündigte sich über Jahre hinweg an, vom zugegebenermaßen unverschuldeten Bankrott des einstiegen Vertriebs EFA über den Verlust tragender Künstler, dem Aufbrechen des einst strengen Labelkonzepts, nur skandinavische Projekte herauszubringen bis hin zum Signing von Musikern von eher fragwürdiger Qualität. Jetzt meldet sich COLD MEAT INDUSTRY schlagartig zurück – mit den Mannheimern von TESCO als neuem Vertrieb im Rücken. Man darf gespannt sein, ob ein zweiter Frühling gelingen wird. Die ersten beiden „neuen“ Veröffentlichungen sind jedenfalls kaum geeignet, den Weg Richtung Zukunft zu weisen, handelt es sich doch zum einen um die Wiederveröffentlichung des BDN-Klassikers „Innerwar“, zum anderen um eine BDN-Kompilation zwischen 1998 und 2005 vertonter Krachkollagen mit dem sprechenden Namen „Very Little Fun“. Letztgenannte kommt wahlweise als Dreifach-CD oder Vierfach-LP daher. Einige wenige der Stücke kennt man bereits von anderen, raren Tonträgern wie dem Split-Zwölfzoller mit COPH NIA (das Leather Nun-Cover „Slow Death“) oder der 7" „Why“. Ein Gros der insgesamt 28 zermürbenden Klangminiaturen hat es jedoch nie auf reguläre Scheiben des chaotischen Schweden geschafft. Wer ähnlich gelagerte Zusammenstellungen kennt, ahnt natürlich, warum: Gut die Hälfte der hier versammelten Stücke dürfte, zumindest zum damaligen Zeitpunkt, in den Augen des Musikers den eigenen Ansprüchen nicht genügt haben. In einigen Fällen („Happy Happy Happy“, „Next Train“) handelt es sich um an sich gute Demosongs, denen es noch an Klangqualität mangelt. Oft merkt man den Stücken aber auch schlicht an, dass KARMANIK noch auf der Suche nach einem roten musikalischen Faden war, diesen aber nicht fand („Body Garden“). Wenig erhellend sind auch minutenlange Soundschleifen ohne geringste Abwechselung („Humans“). Mitunter konterkariert KARMANIK seine eigenen Ideen mit infantilen Gesangseinlagen („Collector of Remains“, „Ad Hominem Abuse“) – eventuell sollen diese die auch auf „Very Little Fun“ vorhandene und für BDN typische Pädo-Thematik klangtechnisch untermalen. Weitere Stücke („Bar Death Now“) bewegen sich durch ihre Tanzbarkeit musikalisch jenseits des üblichen BDN-Musters, was KARMANIK dazu bewogen haben mag, sie vorerst nicht zu verwenden – hier wird „Very Little Fun“ richtig interessant. Neben den schon erwähnten „Happy Happy Happy“ und „Next Train“ erfreuen gute Death Ambiente-Perlen wie „A Dagger In My Body In My Garden“ oder „Northern Supremacy“ das Ohr. Gerade letztgenanntes Stück nimmt sofort gefangen und klingt wie eine akustische Aufnahme der letzten Lebensminuten der Laura Palmer. Weniger gelungen ist die Michael Jackson-Huldigung „The Face of God“, bei dem „Bad“ des Godfathers of Pop Pate stand. Überzeugender ist da schon „37“, in dem KARMANIK ironisch mit Louis Armstrongs „Wonderful World“ bricht. Insgesamt bietet „Very Little Fun“, wie viele ähnlich gelagerte Releases, einen Kessel Buntes und richtet sich mit viel Durchschnitt, wenigen Höhepunkten, etwas Schrott und einem Hauch Obskurem eher an Komplettisten. Das Re-Release von „Innerwar“ ist da schon von ganz anderem Kaliber: Wenn man nicht gerade eingefleischter BDN-Hasser ist, kommt man schwer umhin, dieses Werk nicht als Klassiker des späten Post Industrials der Mittneunziger anzuerkennen. Das Original erschien 1996 auf Vinyl über CMI selbst, verbreiteter dürfte aber die CD-Version sein, die im selben Jahr über RELEASE, einem Sublabel der Grindcore-Plattenschmiede RELEAPSE, das Licht der Welt erblickte und nicht wenigen Metallern den Weg zu elektronischen Klängen und zum Death Industrial geebnet haben dürfte. Die Wiederveröffentlichung genügt sich selbst mit den acht klassischen Stücken und einem neuen Design im simplen Klapp-Digipak.
Richard K. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » COLD MEAT INNDUSTRY » BRIGHTER DEATH NOW@MySpace » TESCO Themenbezogene Artikel: » BRIGHTER DEATH NOW: With Promises Of... Themenbezogene Newsmeldungen: » BRIGHTER DEATH NOW, ALL MY FAITH LOST u.a.
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Zusammenfassung
„Very Little Fun“ bietet wie viele ähnlich gelagerte Releases einen Kessel Buntes und richtet sich eher an Komplettisten. Die Wiederveröffentlichung von „Innerwar“ ist da schon von ganz anderem Kaliber: ein Klassiker des späten Post Industrials der Mittneunziger.
Inhalt
"Very Little Fun"
CD 1: Happy Happy Happy Shall I Die? There Is Nothing Left In This World BodyGarden Getaway Bar Death Now Kill Useless People No Salvation If You Believe CD 2: Never Again Why Oblivion My Cutter Collector Of Remains Hunger For Love The Face Of God Out Of Control Girl Equals Doggy CD 3: Next Train Voices Northern Supremacy A Dagger In My Body In My Garden Ad Hominem Abuse The Other Death Slow Death 37 Humans The End Is Here. "Innerwar": Innerwar American Tale No Pain Happy Nation Little Baby Sex Or Violence? No Tomorrow WAR |