A MINORITY OF ONE: Bathe In Fiery Answer

Historische ... Ambientmusik?

Genre: Experimental
Verlag: Autumn...
Erscheinungsdatum:
2009
Medium: CD
Preis: ~13,00 €
Kaufen bei: Steinklang /...

Suchen bei:
Amazon
Ebay
Indietective
Google

+ mehr

---

 

Kategorie: Rezension
Erstellt: 11.06.2010
Wörter: 851
Artikelbewertung:
positiv:100%
negativ:0%

- schliessen

"Bathe In Fiery Answer" wirkt wunderbar altertümlich, urig, historisch – obwohl es sich oft um moderne Musik zwischen Ambient und Dark Ambient handelt, mit vielen weiteren Facetten. Eines der Geheimnisse dieses Albums, dessen Fakten viel einfacher zu benennen sind als seine Atmosphäre.
A MINORITY OF ONE setzt sich aus fünf US-Musikern zusammen; Portland / Oregon geben sie als ihre Heimatbasis an. Das NONPOP-Scharnier ist dabei der gebürtige Kölner MARKUS WOLFF. Einige Musiker seines Projektes WALDTEUFEL gehören auch zu MINORITY, inklusive ihm selbst. Neben MARKUS handelt es sich um JASON H. CRABAN und seine Frau ARROWYN (Herausgeberin des HEX-Magazines) sowie JASON O'NEIL-BUTLER und JAMES WOODHEAD. Gastauftritte haben JOHN MURPHY und die Tochter der CRABANs, MANZANITA.
Eine paar der Songs wanden sich vor drei Jahren (2007) schon auf Magnetband um Spulen, allerdings fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit, liebevoll verpackt mit Moos und Baumrinde – ein Hinweis auf die Waldverbundenheit der Lieder. Sie wurden überarbeitet und um weitere ergänzt, so dass sich die aktuelle Spielzeit im Vergleich zur Kassette mehr als verdoppelt hat. Abgesehen von dem Stück "Die Nachtschar", der MINORITY-Beitrag zum "Wilde Jäger"-Sampler (PERCHT 2007, NONPOP-Besprechung hier), dürfte "Bathe In Fiery Answer" die erste Veröffentlichung für ein breiteres Publikum sein. Die CD erschien (2009) in einer Auflage von 1000 Stück, weitere 100 Exemplare schmückte JASON H. CRABAN – so verdient er unter anderem sein Geld, wie auf seiner Homepage zu sehen ist – mit einem Ledereinband.
Eine der Lederarbeiten von JASON ziert auch die Innenseite des Covers der regulären Ausgabe (vorne: eine Collage aus Moos und Stein): Sie zeigt den Totendrachen NIDHOGG, welcher – konform zur nordischen Mythologie – die Wurzeln des Weltenbaums annagt.

Der Opener "Wave Rolls" (1) stimmt gleich sehr schamanisch, mit dunklen Vocals, die aus den Tiefen des Waldes zu kommen scheinen, vibrierend wie Obertongesang. Nach einigen Minuten setzen dazu Tenor und Alt ein, so dass der Eindruck eines leicht aus den Fugen geratenen Acapella-Traditionals entsteht, wozu auch der Vergleich mit ANDREW KING passt, an dessen Gesang – allerdings in Zeitlupe – vor allem die tiefen Stimmen (JASON und MARKUS) erinnern. "Cambry (Hart Of The Chyld)" (2) ist mit 14 Minuten das längste vieler langer Stücke. Schaben und Schleifen scheinen vor dem Hintergrund der 'field recordings' (u.a. Vogelgezwitscher) von Arbeit in freier Natur zu stammen, eine gemütliche Brassband spielt im Hintergrund zum Dorffest auf. Aus dieser beschaulichen Atmosphäre entwickelt sich wiederum ein sehr ritueller Track, treibende Percussion und Blechbläser-Drones nehmen überhand, animalisch und rau. Das Kuhglockenkonzert endet in einer hämmernden Schleife, aus der sich plötzlich friedlicher, schwebender und melancholischer Gesang schält.
Die Mischung der beiden folgenden Stücke "Full Spectrum Dominance" (3) und "Gnawer From Beneath" (4) ergibt eine überwiegend bedrohliche Atmosphäre: gezupfte Saiten zu düsteren Drones, verzerrte und geloopte Kinderstimmen sowie die Schreie von Fabelwesen – ein Alptraum (3). Kaum weniger verstörend und intensiv das stählerne Getrommel des Stückes, an dem JOHN MURPHY beteiligt war (4), dazu lautmalerische, verzerrte Dark Ambient-Voices und im letzten Drittel ein schamanisches Gegurgel.

Das verzweifelte "Lungs" (5) - Zitat: "We'll tell the world we tried ..." - stammt im Original aus der Feder des texanischen Songwriters TOWNES VAN ZANDT, hier eingepackt in ein geheimnisvolles Dröhnen und Klingen, der Text erneut dargebracht von einer beeindruckenden Rezitierstimme. "Breath" (6) featured ein groteskes Rülpsen, Growlen oder andere Aggregatzustände eines riesigen Lebewesens (NIDHOGG?), das sich in einem Dark Ambient-Hintergrund reckt und streckt, wobei es ins Gemisch hineingeschnipselte Wörter aufwirbelt. Auch "Tomorrow Never Knows" (7) ist eine Coverversion des sinnsuchenden Originals der BEATLES, die erhabene BRENDAN PERRY-Singe dräut in der Stratosphäre, dazu lautes Geläut wie bei einem alpinen Perchten-Umzug.
"Peat Fire Flame" (8) klingt folkig, und tatsächlich ist der Song ein Traditional, welches JASON CRABAN durch ANDREW KING kennen gelernt hat. An den Briten erinnert auch erneut der beschwörend-innige Silbengesang, wie auch die Instrumentierung (unter anderem Dulcimer und Akkordeon) aus einer anderen Zeit zu stammen scheint. Das abschließende "She" (9) bezieht sich erneut auf die BEATLES, spielt mit dem Original "She's So Heavy" und ist die 'poppigste' Nummer des Albums. Rhythmische Trommeln, langsam und gemächlich, dazu ein melodiöses Ambient-Bett. Ab der Mitte sorgen E-Gitarre sowie lautmalerischer Männer- und rezitierender Frauengesang (von ARROWYN) für ein fast punkiges Ambiente.