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Michael We.

FRÄKMÜNDT: Losid Vo Bärge Ond Tal

Hopp Schwiiz!


FRÄKMÜNDT: Losid Vo Bärge Ond Tal
Genre: Alpinfolk
Verlag: Steinklang
Erscheinungsdatum:
Mai 2010
Medium: Kassette
Preis: ~7,00 €
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Die Schweiz ist eine meiner heimlichen Lieben; dieses kleine, zwischen wunderschöne Berge getupfte, stolze und der EU immer noch tapfer widerstehende Land. Dass mit FRÄKMÜNDT eine selbsternannte Schweizer 'Ur-Folk-Band' auf den Plan tritt, ist also intuitiv ein Grund zur Freude. Was STURMPERCHT und DÂNNÂGÔISCHD für Österreich und die Schwäbische Alb sind, sollen nun also CHREGU, RES und KÄTHI für die Schweizer Alpen werden: Geschichtenerzähler und Folkmusiker, die sich mit den Sagen und Legenden der entsprechenden Region befassen. Selbstverständlich erscheint diese erste Kassette mit sechs Liedern von rund 20 Minuten auf PERCHT, der STEINKLANG-Tochter, die schon STURMPERCHT, DÂNNÂGÔISCHD, JÄGERBLUT und andere, ähnlich gelagerte Wald- und Sagenfolker beherbergt.



FRÄKMÜNDT (im Original allerdings ohne 'D', also 'Fräkmünt') bezeichnet eine Region auf der Nordseite des Pilatus, eines Berges in den Schweizer Alpen. Sie ist mit großen Trümmern von abgerutschten Bergstücken übersät, weshalb der Berg früher – zum ersten Mal im 9. Jahrhundert urkundlich erwähnt – 'Fractus Mons', also 'zerbrochener Berg' genannt wurde. Daraus entwickelte sich 'Fräkmünt'; so heißt bis heute eine Alpfläche am Fuße des Pilatus. Am sagenumwobenen Pilatussee, von dem nur noch Hochmoor-Landschaft übrig ist, spielen einige Schweizer Gespenstergeschichten. Zum Beispiel war es früher den Bauern verboten, zum See hinauf zu steigen, weil dadurch angeblich der dort lebende Geist so wütend wurde, dass er weitere Bergstücke zu Bruch schlug und die Ernte der Dörfler vernichtete. (Siehe dazu auch der unten abgedruckte Sagen-Text)

So urig-ländlich und natürlich wie die Beschreibung der Gegend klingt auch die Musik auf der Debüt-Kassette von FRÄKMÜNDT, was nicht unbedingt zu erwarten war, denn: Hinter einem der drei Pseudonyme steckt erneut CHRISTOPH ZIEGLER alias VINTERRIKET alias DÂNNÂGÔISCHD, außerdem seit kurzem Neu-Mitglied von STURMPERCHT. Gerade die echte Urigkeit fehlte beim ebenfalls 'ur-folkig' ausgerichteten 'Tannengeist', dessen Debüt vor einigen Monaten erschien. Höchstens unfreiwillig komisch waren das Rülpsen und In-Den-Wald-Pinkeln am Ende der CD. Das Schweizerdeutsch tönt dagegen authentisch in meinen Ohren, die Musik dazu ist angenehm schlicht und komplett handgemacht. Was Instrumentierung und Stimmung angeht, sind die Schweden von SOLBLOT mit ihrer Vertonung schwedischer Romantik ein möglicher Vergleich.
Majestätische Blasmusik führt uns zu Beginn (1) auf ein großes Dorffest, die Kuhglocken dröhnen und scheinen eine Prozession, einen Umzug zu begleiten. Dieser Einstieg liegt schon sehr nahe bei STURMPERCHT, wobei deren typischer Humor – um gleich einige Sorgenfalten zu glätten – der Schweizer Ur-Folk-Variante fast durchgehend fehlt. Schlagzeug, Gitarre, Akkordeon und eine dunkle, nicht allzu kräftige Männerstimme (2) erinnern an deutschen Folk der 1970er-Jahre, an WITTHÜSER & WESTRUPP (ohne die psychedelische Komponente) oder besser noch den ZUPFGEIGENHANSEL. Eine einfache, fast schlicht und schöne Melodie mit – so vermute ich – klarer Botschaft. Urig bis wurzelig eben, und selbst der humta-humta-Rhythmus ändert daran nichts. Mit hörspielartigem Wind geht dieses Stück zu Ende. Geige sowie wiederum Schlagzeug und Akkordeon untermalen zum Abschluss der ersten Seite ein brummiges Duett, eine knarzige Basisversion von WERKRAUM; Kuhglocken erzählen von Wiesen und Feldern.
'Klampfe' soll an dieser Stelle nicht despektierlich klingen, vielmehr startet Seite Zwei (4) mit einem neofolkigen DIJ-Flair, was die Gitarre angeht. Die tiefe Stimme allerdings verweist eher auf SVARROGH, wie überhaupt einige Passagen von "Losid ..." etwas Schamanisches haben. Das nächste Lied (5) nimmt diese Stimmung mit, Wasserplätschern und Ambientsounds wirken beschwörend, und im Stile von ALLERSEELEN flüstert eine rezitierende Stimme auf mysteriöse Drones. Zum Schluss (6) etwas hüttige Alpenstimmung mit Maultrommel, Jodeln und Mundharmonika; nun gut, da erwartet uns dann doch ein Anflug von Bierseligkeit, irgendwie – die Texte sind schwierig zu verstehen – geht es um Schnaps, und so klingt auch der Track.

Von dieser erst 2009 gegründeten Band werden wir noch hören, da bin ich mir ziemlich sicher. Allerdings unter der Prämisse, dass sich FRÄKMÜNDT hauptsächlich an die schlichten, handgemachten und fast folkloristisch anmutenden Lieder halten, die auf dieser ersten Kassette überwiegen und gut tun in hektischen, stets überproduzierten Zeiten.
Zwei weitere Veröffentlichungen stehen schon bald an, auf denen einige der "Losid ..."-Songs erneut auftauchen sollen: Im Frühsommer gibt es ein Splitalbum mit STURMPERCHT, gleich anschließend soll das Vollzeitdebüt "Urbärglieder" erscheinen. Ach ja, schnell zugreifen: Das Debüt-Tape ist auf 77 Stück limitiert.


 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» FRÄKMÜNDT @ myspace
» FRÄKMÜNDT @ last.fm

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Zusammenfassung
Die ersten sechs Lieder der just gegründeten Schweizer 'Ur-Folk-Band' FRÄKMÜNDT. Meist schlichte, handgemachte Songs mit schweizerdeutschen Texten, in ihrer Natürlichkeit sehr wohltuend. Demnächst sollen ein Splitalbum mit STURMPERCHT und das eigene Vollzeitdebüt erscheinen.

Inhalt
MC lim. 77
~ 20 min.

A1 Chlausjaage
A2 Wuotisheer
A3 Die Alte Schwyzer
B1 Karfriitigsfüür
B2 Mondmöuchloch
B3 Hofbrandzauber
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