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Michael We.

BLACK FEELINGS: ~

Retrofrischer Cold Rock.


BLACK FEELINGS: ~
Genre: Post-Punk/ Cold-Wave
Verlag: Alien8
Vertrieb: Cargo
Erscheinungsdatum:
Oktober 2009
Medium: CD
Preis: ~10,00 €
Kaufen bei: Alien8


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Dieser Artikel wurde in der NONPOP-Hörschau Nr. 26 mit Audiobeispielen vertont!

In die musikalisch fruchtbare Erde von Montreal haben OWAIN LAWSON und KYLE FOSTNER schon mehrere Pflänzchen gesetzt. Das jüngste heißt BLACK FEELINGS und veröffentlicht in diesen Tagen auf ALIEN8 sein Debüt – nach MENACE RUINE (Besprechung) schon der zweite auf NONPOP präsentierte Knaller, den das kanadische Label ausgegraben hat. Diverse Bands tauchen in der Historie der beiden Musiker auf, um fünf Ecken sind sie sogar mit ARCADE FIRE verwandt, obwohl ihre aktuelle Musik in eine gänzlich andere Richtung geht als die der Vorzeige-Artfolker. Der – zumindest in Kanada – bekannteste Vorgänger von BLACK FEELINGS dürfte wohl LES ANGLES MORT sein, gegründet von einigen ARCADE FIRE-Abgängen; OWAIN (Drums und Vocals) und KYLE (Gitarre) stießen später dazu. Schrill wie der Name ('Die Toten Winkel') war die Musik: laute, noisige Orgien zu selbstgedrehten Videos von Puppenkriegen und ähnlichem. Spektakulär sollen auch die Liveshows gewesen sein. Immerhin zwei Veröffentlichungen erschienen, eine 7inch und eine Vollzeit-CD. Zu den BLACK FEELINGS gehört als dritter im Bunde nun noch BRIAN MITCHELL (Bass und Vocals). Gerade hat das Trio schon wieder ein weiteres Projekt gegründet: ANCIENT SPIRIT OVERDRONE besteht aus 16 (!) Mitgliedern, verehrt diverse Avantgarde-Komponisten wie BRANCA oder CHATHAM und versucht, die Sexualmagie von ALEISTER CROWLEY in Drones zu packen – vielleicht eine der nächsten Besprechungen auf NONPOP.
In den zwei Jahren ihres Bestehens haben die BLACK FEELINGS einige Konzerte in den USA und zuhause in Kanada gespielt, letztere als Support von TYVEK. Längst verschollen sind die währenddessen erschienene Kassette und die Vinylsingle; eine Maxi wird angeblich gerade von einem englischen Label gefertigt. Auf der Leiter der Professionalität steht das Debütalbum (CD, LP und Download) einige Stufen weiter oben, was schon am Umfeld zu erkennen ist, das Hand angelegt hat. An den Reglern des Mischpults saß zum Beispiel MARK LAWSON (nicht mit OWAIN verwandt, soweit ich weiß), der neben den erwähnten ARCADE FIRE schon BEIRUT oder THE UNICORNS betreute. Das schaurig-schön bunte Artwork mit Körperbemalung und Schnurrbart stammt von Ex-AIDS WOLF-Gitarrist CHRIS TAYLOR.

Musikalisch gelingt den drei Kanadiern ein Kunststück: Sie klingen gleichzeitig retro und frisch. Britischer Post Punk mit Cold Wave und psychedelischem Rock, oder in Bands ausgedrückt wahlweise NEW MODEL ARMY / JOY DIVISION / THE DOORS (hört der Rezensent) beziehungsweise CRASS / DEPECHE MODE / AMON DÜÜL II (schreibt die Band unter 'klingt wie ...' auf myspace).
"Lost Rings Pt. 1" ist gleich zum Start der aufregendste Song des Albums: Stoische Wave-Drums und ein wummernder Bass schießen mit einer enormen Wucht aus den Lautsprechern, im Hintergrund tuckert rhythmisch der orgelige Synthesizer. Die famose Stimme von OWAIN, kosmisch strahlend und leicht angekratzt, singt eine vertrackte, träumerische Melodie. Zum Refrain hin legen die drei noch eine Spur zu, schichten und türmen Stimme, Bass, Gitarre und Synthesizer aufeinander, dazwischen tummeln sich psychedelische Instrumentals. Die fünf Minuten schrumpfen im Nu zusammen auf gefühlte zwei. Zu "Hidden Dance" (2) knüppeln die Trommeln, der Bass dauerbrummt im Hintergrund, OWAIN stimmt eine lässige Litanei über den Zustand der Welt an. Als ob "Vagabonds" von NEW MODEL ARMY durch irgendeine verzerrende Droge stark verlangsamt ans Ohr dringt. Was braucht ein Song mehr als Bass und Schlagzeug? Nur selten geht es ruhiger zu: Durch "Gails" (3) wabern 60er-Jahre-Synthies, ab und zu unterbrochen von einem Bass-Gewitter; Gesang weht nur leise aus dem Hintergrund herüber. "Golden Children" (4) dreht wieder auf, Manchester ist zu hören, zwischen JOY DIVISION und den INSPIRAL CARPETS. Jeder Song, auch die vier der zweiten Hälfte, birgt eine Überraschung: Ist der Beginn etwa puristisch instrumentiert, wird plötzlich zum Ende ein Bassinferno ausgepackt ("Lost Rings Pt. 2", 5).
Vordergründig sind die acht Lieder der BLACK FEELINGS nicht einmal besonders hart oder laut, Vieles wirkt umhüllt von einem krautigen Patchwork-Teppich. Scheinbar unterkühlt geht auch OWAIN mit seiner Stimme zu Werke – aber dieser Eindruck hält nicht lange vor. Die unterschwellige Energie vibriert zu stark, und viele Gitarren- oder Bassparts fühlen sich so an, als ob gleich eine Black Metal-Combo übernehmen würde. Ein Schrei nach Freiheit lauert wie in guten, alten Protestsongs. Gleichzeitig ist aber auch Schwermut zu spüren, etwas Dunkles, das Gefühl, es doch nicht mehr zu schaffen. Die Texte schwanken zwischen zynischer Gesellschaftskritik und symbolbeladenen Geschichten, werden vor allem zwischen Track fünf und acht auch mal fast schreiend vorgetragen. Die technische Abstimmung zwischen Gesang und Instrumenten bleibt dabei immer hervorragend.

ALIEN8 baut seinen Ruf als eines der interessantesten kanadischen Labels weiter aus. Mit den BLACK FEELINGS ziert das nächste Highlight – neben zum Beispiel MERZBOW, THE UNICORNS, FRANCISCO LÓPEZ, AUBE oder MENACE RUINE – das Programm. Beeindruckendes erstes Post Wave Prog Punk Cold Rock-Album, dem hoffentlich noch weitere folgen. Leider etwas kurz!



 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» BF @ last.fm
» BF Hörbeispiele
» ANGLES MORT Hörbeispiel


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Zusammenfassung
ALIEN8 schraubt weiter an seinem guten Ruf. Mit den BLACK FEELINGS ziert ein neues Highlight das Programm des kanadischen Labels. Gleichzeitig retro (irgendwo damals in Manchester) und wuchtig frisch. Tolles Post Wave Prog Punk Cold Rock-Debüt, leider etwas kurz.

Inhalt
1 Lost Rings Pt. 1 (4:37)
2 Hidden Dance (6:17)
3 Gails (3:48)
4 Golden Children (3:10)
5 Lost Rings Pt. 2 (5:43)
6 Eternal Bad Trip (4:21)
7 VH135 (3:31)
8 Aum Shinrikyo (4:45)

36:15
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