http://www.nonpop.de/nonpop/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=1800&high=metal
NONPOP - Artikel > Rezensionen > Tonträger > KAROSHI LOVERS: Death Pop



Michael We.

KAROSHI LOVERS: Death Pop

Tod dem Pop?


KAROSHI LOVERS: Death Pop
Genre: Rock
Verlag: 9pm Records
Erscheinungsdatum:
September 2009
Medium: CD
Preis: ~14,00 €
Kaufen bei: Kioski


Schrift vergrößern Schrift verkleinern


Wenn es den geneigten NONPOP-Leser mal wieder nach ein paar Rockklängen verlangt, empfehle ich die KAROSHI LOVERS. Denn der erste Eindruck täuscht: Es handelt sich nicht bloß um ein paar weitere, durchgeknallte Finnen. Zwar ist der kuriose Bandname ein Spaßfund aus dem Internet: 'Karoshi' stammt aus dem Japanischen und bedeutet soviel wie 'Tod durch Überarbeitung'. Der Rest aber überzeugt durch nichts als Qualität: Feine Melodien, dreckige Schreddergitarren à la PIXIES, ein knarziger, trockener und heißer Sound wie ein Windhauch aus der Vorhölle, charmanter Zynismus bei den Texten: "Egal, was Du auch immer tust – lächle!". Die Lyrics beziehen sich übrigens immer wieder auf den Bandnamen, vieles dreht sich um Arbeit und deren Auswirkung auf den Menschen, wie in "Live To Work And Work To Die" (Track 4) – also auch das nicht ganz so abwegig, wie es zunächst scheint.

Die voluminöse Stimme von Frontfrau MS. STRESS (Vocals, Keyboards) erinnert zunächst an die Hysterie der B-52S, kann aber ebenso unterkühlt wirken wie DEBBIE HARRY am Anfang von BLONDIE. Zusammen mit den Musikern KID KAROSHI (Gitarre, Vocals) und JOY-R (Drums) enthüllt das Trio ein Panoptikum der Musikgeschichte. Wir finden wavige NEW ORDER-Grooves ebenso wie schwarze Gitarrenriffs. Unschuldige, nordische Blauäugigkeit der CARDIGANS paart sich mit ausladend opernhaften Refrains wie bei QUEEN, letzteres passend zur pompösen Bühenpräsentation der Finnen. Einige Goth-Anflüge jubeln wiederum den SISTERS OF MERCY zu. Vielleicht ist mit dem Titel 'Todespop' dieser irre Spagat gemeint, den die KAROSHI LOVERS mit ihren Songs hinbekommen. Pop ist das sicher nicht mehr, höchstens Splitter davon, neu zusammengesetzt. Perfekt dazu das Cover: eine glitzernde Discokugel, deren Aufhängung gerade reißt.

Gleich das erste, das Titelstück, ist ein Kracher. Deftiges Schlagzeug, Schrubb-Schrubb-Gitarre und laszive Frauenstimme – man muss sich beherrschen, um nicht laut mitzusingen ("When I'm Freaking Out, I'm Freaking Out In Time"). "Snow In New York" (Track 3), zu dessen Beginn auch ALICE COOPER in die Saiten hätte gegriffen haben können, wird mit sehnsüchtigem Gesang und Piano zu einem der melancholischsten Stücke, übertroffen aber noch von "LTWWTD" (4): kriechend, fast hoffnungslos mit täuschend süßlichem Glöckchenspiel. Selbst ein kurzes Wüsteninstrumental mit Saloon-Piano (7) fällt in dieser Umgebung nicht aus dem Rahmen. "Mirror Ball" (8) bietet zum wiederholten Mal einen hymnischen, gänsehautverursachenden Chorus (MS. STRESS und KID KAROSHI). "Working Girl" – da ist er wieder, der Bezug zum Thema Arbeit – sucht wie die britische Band SAINT ETIENNE mit wehmütiger Nachsommerstimmung den perfekten Popsong. Und kurz vor Schluss wird bei "Junkie Eye" – ein weiteres Highlight – düster in die Gitarren gehämmert, zu Ehren von LED ZEPPELIN oder BLACK SABBATH, mit Doom-Orgel im Hintergrund.

Ich weiß noch nicht ganz genau, was es ist: die tolle Stimme, die vielen cleveren Verweise auf Stile und Bands, die souveräne Frechheit, mit der drauflos geschrammelt wird. "Death Pop" hat einen Charme, dem sich kein Rocker, Popper, Waver oder Metaller entziehen kann. Noch aufregender als das Debüt ("The Revolution Is Over") aus dem vergangenen Jahr (Februar 2008). Ein Gesamtkunstwerk, welches aus der Schwemme an derzeitigen Finn-Exporten aller Musikrichtungen heraussticht.

Konzerttermine:

25. Sep. 2009 21:00
West Coast Kokkola (Fin)

26. Sep. 2009 20:00
Henry’s Pub Kuopio (Fin)

30. Sep. 2009 20:00
MuZ-Club Nürnberg (D)

01. Okt. 2009 20:00
Sounds'n'Arts Bamberg (D)

02. Okt. 2009 20:00
Jugendhaus Rabatz Herzogenaurach (D)

03. Okt. 2009 20:00
Stadtwerkstatt Linz (Öst)

07. Okt. 2009 21:00
Denkmal Salzburg (Öst)

04. Nov. 2009 20:00
Vastavirta Tampere (Fin)

06. Nov. 2009 21:00
Bar 15 Seinäjoki (Fin)

07. Nov. 2009 21:00
Kassan Baari Tikkala (Fin)


 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» KAROSHI @ myspace


Anzeige: Abebooks.de - 100 Mio. neue, gebrauchte und antiquarische Bücher
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers bzw. Interviewpartners wieder. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Betreiber dieser Seite.
Link-Code zu diesem Artikel:
Wöchentliche Artikelübersicht per Mail
Werde NONPOP- Redakteur...
» Diesen Artikel bewerten
» Kommentar zum Artikel verfassen
Zusammenfassung
Klampfen wie die PIXIES, Singen wie die B-52S und und und. Ein trockenes Rock-Gebräu mit vielen Pop-Splittern, dessen Charme sich kaum jemand entziehen kann, ob Waver oder Metaller.

Inhalt
01. Death Pop 3:57
02. Powernap 2:41
03. Snow In New York 3:29
04. Ltwwtd 2:46
05. Old Men Loves Missiles 3:04
06. I'm Not Bad Like Michael Jackson 3:02
07. Interlude (Black Lodge) 1:27
08. Mirrorball 2:59
09. Working girl 3:38
10. Carbon 2:52
11. Junkie Eye 4:27
12. Let's Keep Our Day Jobs 3:14
NONPOP RADIO
Nonpop Radio starten:

Hier Popup
Ebay- Angebote zum Thema:
Karoshi Lovers