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Michael We.

CHINESE EXPERIMENTAL MUSIC 1992-2008

Gelungene Anthologie auf vier CDs


CHINESE EXPERIMENTAL MUSIC 1992-2008
Genre: Experimental
Verlag: Sub Rosa
Erscheinungsdatum:
Sommer 2009
Medium: Box
Preis: ~25,00 €
Kaufen bei: Drone Records


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Dieser Artikel wurde in der NONPOP-Hörschau Nr. 25 mit Audiobeispielen vertont.

Das alteingesessene belgische Label SUB ROSA fügt seinen diversen themenbezogenen Zusammenstellungen eine weitere hinzu: Mit der neuesten Veröffentlichung kümmert es sich um experimentelle, vorwiegend elektronische Musik aus dem chinesischen Untergrund. Auf vier CDs wurden 48 Künstler – immer 12 – verteilt, die mit jeweils einem Stück vertreten sind, das älteste stammt aus dem Jahr 1992. Bei einer solch spezifischen Anthologie macht es natürlich keinen Sinn, jedes einzelne Musikstück auf seine Qualität zu überprüfen. Die Frage lautet vielmehr, ob der Hörer und Leser einen angemessenen Überblick bekommt, der ihn bei Bedarf noch tiefer in die Materie einsteigen lässt. Wie von SUB ROSA kaum anders zu erwarten, ist die Antwort ein lautes "Ja"!
Zwei Booklets liegen der Box bei, das zum Einstieg wichtigere hat drei Autoren: Den Polen ZBIGNIEW KARKOWSKI, der als Komponist akustischer und elektroakustischer zeitgenössischer Musik die vergangenen Jahre in Asien gelebt und gearbeitet hat. Den schwedischen Soundkünstler und Musikwissenschaftler ANDREAS ENGSTRÖM. Und den jungen Chinesen YAN JUN (geb. 1973), selbst Noisemusiker, Labelgründer und auf dem Sampler (CD4) vertreten. Sie bieten auf zehn Seiten eine kurze Geschichte der experimentellen Musik in China, wobei die Anthologie auch Künstler aus Taiwan, Singapur und Malaysia aufweist. Hier ein kurzer Auszug:



Der Abriss beginnt mit dem 'Punkt Null', der chinesischen Kulturrevolution (1966 - 76), und zeigt von da an einschneidende Ereignisse auf. Einer der wesentlichen Fixpunkte war die Gründung von SOUND FACTORY in den frühen 90er-Jahren, ein Label, das später in NOISE ASIA umbenannt und zum wohl einflussreichsten Sammelbecken für avantgardistische Experimente in Asien wurde. (Gründer DICKSON DEE alias LI CHIN SUNG aus Hongkong steuert ebenfalls einen Song für die Anthologie bei: Er eröffnet den Reigen.) Seitdem kann auch von einer 'Szene' gesprochen werden, im Sinnen von Festivals, weiteren Labelgründungen, regelmäßigen Veröffentlichungen und Vertriebswegen.
Das zweite Booklet stellt alle Künstler mit kurzen Biografien vor und enthält außerdem einige weiterführende Links. Ich maße mir nicht an, mich im chinesischen Untergrund auskennen zu wollen; die wenigen Bands, die ich mit Namen weiß (TORTURING NURSE zum Beispiel oder SHENGGY) sind auf jeden Fall alle vorhanden. Die CDs sind in einer vierfach ausklappbaren Verpackung verstaut, jede Scheibe hat ihre eigene Farbe.

Hauptsächlich sind Künstler vertreten, zu denen die Bezeichnung 'Laptop-Musiker' passt. Allerdings findet auch Elektroakustik und machmal Improvisationsmusik statt, sogar ein Acapella-Stück ist dabei. Auch stilistisch geht es bunt durcheinander: Dub, Drum'n'Bass, Clicks'n'Cuts, Downbeat, Ambient, Noise und vieles mehr. Zwei Stimmungen sind mir beim ersten Durchhören immer wieder aufgefallen: Erstens eine organische, kriechende, fröstelnde Angst (wie bei GALAKTHORRÖ – nur ohne den Pop). Zweitens ein freudiges, kindliches Losbasteln mit allerlei 'Soundmüll' à la PETE UM, was der abschließenden Einschätzung im ersten Booklet entspricht: "Künstler in China benehmen sich oft noch wie Kinder, die jeden Tag eine neue Welt entdecken". Diese hörbare Einstellung, der Spaß und die Freude an den vorhandenen Möglichkeiten, verströmt viel Charme. Die Songs klingen oft analog und handgemacht, nicht zu ausgefeilt oder gewollt avantgardistisch, was wiederum zu einer erstaunlich guten Durchhörbarkeit führt. Auch die Aufnahmequalität und die Pegel der Titel stimmen. Lediglich auf der ersten CD enden einige Lieder sehr abrupt, wobei es sich dabei um den experimentellsten Teil handelt, vielleicht gehört das einfach so. Hier, also auf CD1, wirkt viel improvisiert, auf den ersten 'Blick' ist wenig Fassbares dabei. Ganz anders CD2, die zugänglichste von allen. Die Songs sind strukturierter, haben Rhythmus, sind manchmal fast tanzbar. Großartig ist das Drum'n'Bass-ähnliche "Crawing State" von SUN DAWEI aus Peking mit mysteriösen, asiatischen Vocalsamples. Später tauchen dann auch erste, sehr fordernde Noise-Experimente auf. Wenn es überhaupt einen Kritikpunkt gibt: Dieser Teil hätte sich gut für den musikalischen Einstieg in das Thema geeignet. Bei CD3 scheint es mehr um den künstlerischen Anspruch zu gehen, um das Erzeugen einer bestimmten Atmosphäre. Hier finden viele Ambient- und Elektroakustik-Stücke ihren Platz, allerdings auch das extrem derbe, permanent mit Schreien versetzte "Fugitive" (14 Minuten lang) von den Noise-Terroristen TORTURING NURSE aus Shanghai. Überraschend: Z.S.L.O. (ZERO & SOUND LIBERATION ORGANIZATION) aus Taipeh mit rituellen, sehr ursprünglichen und wie improvisiert wirkenden Gesängen. CD4 geht in Richtung Dark Ambient: geräuschige Musik, viele Collagen aus 'field recordings', aber zum Abschluss auch eines der interessantesten elektroakustischen Lieder: das opernhafte "5" von SIMON HO aus Hongkong.

Das Fazit fällt kurz und positiv aus: Ein hervorragender Schnappschuss der chinesischen Experimentalmusik. Wochenlanges Weiterstöbern garantiert.

Ergänzung 1: Eine erwähnenswerte Internetseite, auf der auch viele Künstler der Anthologie gewürdigt werden, ist übrigens "Rock in China"; ein von chinesischen Fans liebevoll zusammengestelltes Wiki in englischer Sprache.
Ergänzung 2: Eine komplette Trackliste befindet sich auf der nächsten Seite.

 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» SUB ROSA @ discogs
» Label von YAN JUN
» YAN JUN @ myspace
» NOISE ASIA @ myspace


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Kommentare
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Extreme Music From China
Dominik T. (13-09-2009, 15:21)
Da kann das ewig angekündigste "Extreme Music From China" (SUSAN LAWLY) ja ausfallen...

Zusammenfassung
Das Fazit ist kurz und positiv: Ein hervorragender Schnappschuss der vorwiegend elektronischen Experimentalmusik aus China. Zwischen Noise und Ambient ist alles dabei. Zwei Booklets liefern einen kurzen historischen Abriss und Biografien der Künstler. Wochenlanges Weiterstöbern garantiert.

Inhalt
Komplette Liste aller Songs und Künstler siehe nächste Seite!
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