HOROLOGIUM & ODA RELICTA: St. George....

... & The Dragon. Was wohl der Drache gedacht hat?

Genre: Neo - Klassik
Verlag: Neuropa
Erscheinungsdatum:
August 2009
Medium: Vinyl 7''
Preis: ~10,00 €
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Kategorie: Rezension
Erstellt: 15.08.2009
Wörter: 605
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Die symbolträchtige Geschichte um Georg, den Drachentöter, ist eine der berühmtesten Heiligenlegenden des Christentums. In aller Kürze geht sie so: Georg, als missionierender Ritter unterwegs, kommt in eine Stadt, die von einem Drachen tyrannisiert wird. Die Einwohner müssen ihm täglich zwei Schafe bringen, damit er sie nicht mit seinem Atem vergiftet. Als keine Tiere mehr vorhanden sind, opfern die Einwohner ihre Kinder. Das Los fällt eines Tages auf die Königstochter, die hinunter zum See geht, an dem der Drache lebt. In diesem Augenblick taucht Georg auf, der nach zahlreichen Martern von Engeln wieder zum Leben erweckt worden ist. Er zeigt dem Drachen das Zeichen des Kreuzes und durchbohrt ihn mit der Lanze. Die Königstochter zieht das Tier mit ihrem Gürtel durch die Stadt, und zum Dank lassen sich ihr Vater und seine 20.000 Untertanen taufen.

Zwei Projekte widmen dieser Legende nun eine Splitsingle. Beide haben schon jeweils ein Vollzeitalbum auf dem belgischen Label NEUROPA veröffentlicht und sind so miteinander in Kontakt gekommen; ausführlich vorgestellt werden müssen sie dem geneigten NONPOP-Leser sicher nicht mehr. Hinter HOROLOGIUM steckt der Pole GRZEGORZ SIEDLECKI, der seit 2004 synthesizergeprägte Musik zwischen martialischer Neoklassik und Dark Ambient komponiert. Den Ukrainer OLEGH KOLYADA alias ODA RELICTA wird von NONPOP seit seinem ersten Werk "The Crown & The Plough" (Besprechung) begleitet. Stark verwurzelt in Heimatland und -stadt schlendert OLEGH mit Collagen von Volks-, Marsch- und Kirchenliedern durch die ukrainische Geschichte. Die Vinylzusammenarbeit der beiden soll die erste einer ganzen Reihe von 7inch-Kooperationen sein. Das Cover zeigt auf schwarzem Hintergrund einen schönen Golddruck vom Heiligen Georg, wie er den Drachen mit seiner Lanze niederstreckt. Als Standardausgabe (schwarzes Vinyl, 150 Stück) kostet die Single 10, als limitierte (rotes Vinyl, 50 Stück) 15 Euro.

Seite A gehört HOROLOGIUM. Musikalisch passiert nichts Außergewöhnliches, es fällt allerdings positiv auf, dass die Marschtrommeln und die leicht asynchronen Bläser viel weniger dramatisch sind als bei manch anderen Stücken des Polen. So ergibt sich ein etwas schleppender, aber immer voranschreitender Soundcharakter, der einen passenden Hintergrundscore für die Einstellung 'kurz vor der Schlacht' abgibt. So 'brav' die Musik, so aufgedreht die Lyrics, vorgetragen von TROY SOUTHGATE. Mit dem schillernden Böse-Buben- und Kulturkampf-Image des britischen Nationalanarchisten schmücken sich auch andere Bands – wie SAGITTARIUS oder H.E.R.R. – gerne. Seine scharfe, aggressive und sehr englische Stimme gibt hier die Sicht des Drachen wieder. Eine amüsante Idee, die ihren Höhepunkt in dem wütenden, immer wiederkehrenden Wunsch nach dem Tod des Heiligen Georg findet: "Die, Saint George, die!!"
OLEGH KOLYADA kehrt auf Seite B zu seinen musikalischen Anfängen zurück und mischt Elemente aus ukrainischen Volksliedern mit diversem anderen Material. Genauer gesagt geht es dieses Mal um ein ganz bestimmtes Lied, in das die Legende des Heiligen Georg eingeflossen ist ("To George"). Zu volkstümlichen Instrumenten wie Fiddel und Dudelsack gesellen sich Marschtrommeln und handgemachte Percussion wie bei einem festlichen Umzug. Die 'dunkle Seite' wird hier nicht über den Text thematisiert, sondern durch ein drohendes, düsteres Musikbett, welches den ganzen Song begleitet. Eine leicht zerrende, unklare Stimme schmettert dazu mit Inbrunst vermutlich den Originaltext des Liedes. Alles in allem eine typische KOLYADA-Mischform mit sehr dichter Atmosphäre, die tausend Bilder im Kopf durcheinander wirbeln lässt.

Obwohl beide Projekte musikalisch – auf hohem Niveau – nichts Außergewöhnliches bieten, macht die Single Spaß. Welcher NONPOP-Leser würde zum Beispiel nicht gerne in den Kopf des Drachen schauen? Auch der bunte Film, den ODA RELICTA ablaufen lässt, macht Freude. Dazu muss man auch nicht allzuviel Ideologie in die Sache hinein interpretieren: "Saint George & The Dragon" ist die gut gemachte Aufarbeitung einer alten Legende, Ende.