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Michael We.

La Pluma de Arbol

Fotografien aus dem SVARROGH- und ALLERSEELEN-Umfeld


La Pluma de Arbol
Kategorie: Rezension
Wörter: 685
Erscheinungsdatum:
Januar 2009
Medium: Buch
Preis: ~15,00 €
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Mit diesem gerade erschienenen Fotobüchlein hat sich DIMO DIMOV einen lange gehegten Wunsch erfüllt. Der in München lebende Bulgare, vielleicht besser bekannt als SVARROGH, versammelt als Herausgeber auf 84 Seiten die Arbeiten vieler bekannter Namen aus dem NONPOP-Universum. Sechs kleine Serien von sich und befreundeten Künstlern hat DIMO veröffentlicht, die – wenn überhaupt – unter dem Stichwort 'Symbolismus' zusammengefasst werden könnten. Mythisch aufgeladene, träumerische, fantastische Fotos also; eine Wirkung, die hier trotz der oft sehr konkreten Motive erreicht wird, etwa durch Verfremdung oder Makrofotografie.

Unter anderem haben Musiker von SAGITTARIUS, RADIO MURMANSK oder LEICHE RUSTIKAL ihre Fotos beigesteuert. Die meisten kennen sich untereinander, und im Zentrum des Netzes steht DIMO, der mit allen befreundet, teilweise an den Musikprojekten (ALLERSEELEN und SAGITTARIUS) beteiligt ist.
Viele Bilder sind – ohne thematische Vorgabe – im letzten Herbst extra für das Buch entstanden. Auf Anhieb ins Auge fällt die bis ins Detail schöne, handliche und liebevolle Aufbereitung. Einleitendes Vorwort und abschließendes Gedicht stammen von DIMO DIMOV. Jeder Künstler wird auf einer eigenen Seite inklusive Porträtfoto eingeführt, seine Bilder sind mit kurzem Inhaltsverzeichnis übersichtlich gegliedert. Sämtliche Fotografien sind schwarz-weiß und in dem querformatigen Buch auf matt schimmerndes, angenehm zu fassendes Papier gedruckt.

GERHARD HALLSTATT (alias GERHARD PETAK alias ALLERSEELEN) beginnt. Er arbeitet oft mit Flüssigkeiten in Bewegung, so dass die dahinter fotografierten Stilleben (Kastanien, Gläser, Früchte) einen nebligen, verwaschenen Schleier bekommen, "absinthdurchtränkt" sind, wie DIMO sagt. (Und über diesen Begriff eine Verbindung zur Musik von ALLERSEELEN herstellt.) Auch HALLSTATTs abgelichtete Muster in der Erde wirken wie in einen natürlichen Mantel gehüllt. DIMO DIMOV deckt eine große Bandbreite an Motiven ab: Menschen, Natur, Stadt- oder Gebäudeansichten und verwaschene Lichteffekte, die durch Langzeitbelichtung zustande kommen. An den meisten seiner Fotos fallen die unglaublich scharfen Kontraste auf, die trotz der schwarz-weißen Bilder gerade die Stadtansichten fast farbig wirken lassen. Das Licht scheint beinahe gelb aus den Fenstern, wie auch der Titel dieser Serie – "Stadt mit gelben Augen" – impliziert. Einige der Landschaften sind so scharf gezeichnet, dass sie nahezu verbrannt aussehen. Der Musikjournalist SIMON COLLINS kombiniert (übrigens als einziger Nicht-Musiker) Gegenstände aus Metall mit Holz. Auch hier beeindruckt die gestochene Schärfe, welche das Metall auf hölzernem Hintergrund fast unwirklich aussehen lässt. Drei Steinmasken am Ende ("Temple Church") sind ein hervorragendes Beispiel für einen Symbolismus, der ganz ohne Aufladen durch zusätzliche Effekte entsteht: Die verzerrten, steinernen Gesichter, durch Großaufnahme aus ihrem Hintergrund herausgelöst, sind so fremd und rätselhaft wie aus einer anderen Welt. Bei KRIS K. von RADIO MURMANSK wird die Verbindung zur Musik überdeutlich: Seine Fotos zeigen Abbildungen einer technischen, industriellen Welt. Kühle Gänge, Flure, Korridore, leere Straßen, die überschattet werden von besonders deutlich hervortretenden, grellen Lichtkegeln. RUTRA BAZ (LEICHE RUSTIKAL) schafft mit seinen Collagen eine stark morbide Atmosphäre. Menschen und Dinge wirken wie überzogen mit einem pelzigen, ungesunden Film, sind in Auflösung begriffen, von Wurzeln nach unten gezogen. Ergänzt werden diese Eindrücke durch einige winterliche Waldbilder, auf denen Bäume und Äste wie Gerippe in die Landschaft ragen. CORNELIUS WALDNER (SAGITTARIUS) setzt auf den letzten Seiten des Buches die Winter-Thematik fort ("A Winter Without Snow"). Er zeigt trostlose Landschaften mit kahlen Bäumen, die durch geringen Kontrast oder Beinahumkehr in Bildnegative eine gruselige, verwackelte und dämmerige "Blair Witch"-Optik bekommen.

"La Pluma de Arbol" verweist nicht unmittelbar auf die Musik der beteiligten Künstler. Eine gemeinsame Grundstimmung von Einsamkeit, Melancholie, manchmal Morbidität und Tristesse eint die Fotos, die ihre ästhetische Wirkung auch ohne 'Vorwissen' entfalten. Dennoch macht es Spaß, den zahlreichen musikalischen Parallelen nachzuspüren: Naturnähe bei ALLERSEELEN, Industriekälte bei RADIO MURMANSK, Collagentechnik bei LEICHE RUSTIKAL usw. So kann dieser Band natürlich auch als Begleitung, als gelungene Erweiterung der bisherigen Arbeit aller Mitwirkenden verstanden werden. Zukünftige Produkte von diesem Künstlerkollektiv sind hoffentlich zu erwarten. DIMO hat auf jeden Fall schon neue Fotos und einen Lyrikband angekündigt.

Von "La Pluma de Arbol" (was – nach dem Foto auf dem Deckblatt – übrigens "Die Feder des Baumes" heißt) sind 100 Exemplare aufgelegt worden, das Buch ist per Mail zu beziehen.


 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» SAGITTARIUS @ myspace
» MURMANSK @ last.fm
» RUTRA BAZ @ myspace
» ALLERSEELEN @ myspace

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Zusammenfassung
Sechs Fotoserien hat ein kleines Musikerkollektiv rund um DIMO DIMOV für diesen Band beigesteuert. Eine Grundstimmung von Melancholie und Einsamkeit eint die Bilder, die ihre ästhetische Wirkung auch ohne Kenntnis der Musik entfalten. Macht Lust auf mehr gemeinsame Kunst aus diesem Kreis.

Inhalt
* 84 Seiten
* lim. 100
* Querformat 21 x 15 cm
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