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Michael We.

2VM: Placita

"Jetzt bin ich frei, um die Welt zu erobern! Ha ha ha!"


2VM: Placita
Genre: Minimal
Verlag: Genetic Music
Medium: Vinyl 7''
Preis: ~6,00 €
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Diese Vinylsingle ist schon vor vier Jahren erschienen. So, jetzt ist es raus. Keine ausufernden Rechtfertigungsversuche. Segensreiche Umstände haben dazu geführt, dass sie nun – nach dieser für ein Online-Magazin biblischen Zeitspanne, aber immerhin – auf meinem Schreibtisch gelandet ist. Musik und Menschen von 2VM sind gut bzw. liebenswert genug, um dennoch mit einer Besprechung um Aufmerksamkeit zu bitten. Vielleicht sorgt ein Mehr an Zuspruch ja dafür, dass das lange angekündigte und von vielen Fans ekstatisch erwartete Album endlich erscheint.

Hinter den Buchstaben verbirgt sich ein Duo, das den Begriff 'Nerd' positiv besetzt. VERONICA VASICKA lebt in New York und unterstützt elektronische Musik (Minimal, Cold Wave, Experimental) an allen Fronten. Im Jahr 2003 hat sie mit "East Village Radio" eine nicht-kommerzielle Radiostation eröffnet, "because the regular radio just sucks". Jeden Sonntag ab 22 Uhr moderiert sie dort mit "Minimal-Electronik Plus" ihre eigene Show. (Zur aktuellen Ausgabe geht es villageradio.com/modules.php?name=evrshow&showid=10">hier.) Unter verschiedenen Varianten ihres Namens (V.V., VERONICA V.) produziert, mischt oder mastered die Frau aus Manhattan Stücke für Elektronik-Sampler und hilft außerdem JEAN-CHRISTOPHE VAN THIENEN von BUZZ mit ihrer Stimme. Selbstredend gehört ihr mit MINIMAL WAVE auch ein Label. Ebenso emsig ist der in der Industriestadt Windsor lebende Kanadier MARC HOULE, Teil zwei von 2VM. Mit RUN STOP RESTORE (alles C64-Tasten bzw. -Befehle), seinem vermutlich bekanntesten Projekt, veröffentlicht er tanzbaren Minimal-Techno. Außerdem besorgt er die Endmischung für GENETIC-Produkte. Kennen gelernt haben sich beide über einen befreundeten Musiker; ihre Gespräche drehten sich in den ersten Stunden, Tagen, Monaten um die gemeinsame Leidenschaft für analoge Synthesizer – von denen beide einige Dutzend besitzen – und speziell um Drum Machines. Sie wünschte sich als Kind ein Casio Keyboard, er einen C64. Es konnte also nichts schief gehen bei einer Zusammenarbeit.

Ein charmanter NDW-Bass à la GRAUZONE begrüßt den Hörer tuckernd auf Seite A ("Placita"), der blecherne Beat aus der Drum Machine beschleunigt den virtuellen Schritt durch die im Stück besungene Stadt. Wunderbar gekühlt und distanziert berichtet VERONICA VASICKA von allgemeinen oder persönlichen Weltuntergängen, von der Apokalypse einer Metropole. Ihre Stimme bewegt sich dabei zwischen der suizidalen Apathie einer MISS KITTIN in "Rippin Kittin" und einer ANNE CLARK, die ausnahmsweise ins Mikrofon spricht und nicht ruft. Die spacigen Zusatzsounds scheinen, wie häufig bei minimaler Elektromusik, aus einem C64-Spiel zu stammen. "Daybreak" auf Seite B handelt von Verlust und ist (noch) eine Stufe kühler. Ein ähnlicher Beat wie in "Placita", aber die Weltall-Zischs und -Swoops machen sooo einsam. Die geflüsterten Worte, die sich am Ende in Trostlosigkeit auflösen, sind eine Spur verzweifelt. Insgesamt ist dieser Song noch minimaler, wird getragen von wenigen, sich schnell wiederholenden Tönen. Um gar nicht so viele Ecken klingen 2VM verwandt mit NOVEMBER NÖVELET, obwohl der Pop nicht allzu viel Angst birgt, welche zumindest auf "Placita" von der Wärme der analogen Geräte absorbiert wird.

Wir sollten die Hoffnung auf ein komplettes Album nicht aufgeben, auch wenn die Single aus dem Jahr 2005 stammt. (Sie wurde übrigens auf dem bereits erwähnten deutschen Label GENETIC MUSIC veröffentlicht.) 2VM-T-Shirts und Buttons, die VERONICA damals eigens (für eine Single!) fabrizierte, zeugen von viel Euphorie, die in dem Projekt steckt. Bis heute sprechen beide Musiker begeistert von ihrer Zusammenarbeit und erwähnen die vielen fertigen Stücke, die nur noch auf die Endbearbeitung warten. (Auf last.fm sind einige davon zu hören, zum Beispiel die beiden Beiträge für den Minimal-Elektronik-Sampler "Wierd" (2006), an dem unter anderem auch ECHO WEST teilnahmen). Also her mit ein paar weiteren dieser überaus charmanten, minimalen Wave-Tracks!

Der Untertitel dieses Artikels ist übrigens ein Zitat aus einem legendären C64-Spiel und hat deshalb nur lose mit dem Inhalt zu tun. Lösungsvorschläge bitte per Postkarte.

 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» 2VM-Interview
» MARC HOULE @ last.fm
» BUZZ-Besprechung 1
» BUZZ-Besprechung 2
» BUZZ-Besprechung 3


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Zusammenfassung
Seit vier Jahren ist ein Album angekündigt, das leider nicht erscheint. Dann muss eben nochmal die Single herhalten, um auf 2VM aufmerksam zu machen. Zwei charmante, minimale Wave-Songs von zwei ebenso charmanten Analog-Nerds. Sie ein Casio-, er ein C64-Fan. Was kann da schief gehen??

Inhalt
* gen024
* 2 Tracks (5:48)
* Textblatt

- Placita (2:15)
- Daybreak (3:33)
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