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Tony F.

NOISE TRADE COMPANY: Crash Test One

Harsh-Pop aus Italien


NOISE TRADE COMPANY: Crash Test One
Genre: Angst Pop
Verlag: N-Label/Good...
Vertrieb: N-Label/Goo...
Erscheinungsdatum:
Oktober 2008
Medium: CD
Preis: ~14,00 €
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Dieser Artikel wurde mit Musikbeispielen in der NONPOP-Hörschau Nr. 17 vertont!


Italien ist ja ein Land, aus dessen musikalischem Untergrund durchaus nennenswerte elektronische Projekte stammen. KIRLIAN CAMERA sind dafür ohne Frage ein Beispiel, obwohl dort die Orientierung in den letzen Jahren ja mehr und mehr in Richtung Pop abgedriftet ist. Dennoch können KIRLIAN CAMERA als Aufhänger für die Vorstellung des Debütalbums "Crash Test One" von NOISE TRADE COMPANY herhalten, hat der musikalische Kopf des Projekts GIANLUCA BECUZZI doch bereits auf der "Pictures From Eternity" mit ANGELO BERGAMINI zusammengearbeitet. Darüber hinaus ist GIANLUCA BECUZZI ohnehin kein Unbekannter, betrieb er doch seit Mitte der 80er Jahre das Projekt LIMBO, das zunächst eher elektronisch-wavig begann – den Hit "Hermaphrodita" dürfte der ein oder andere kennen – sich dann aber immer mehr moderneren Klängen öffnete. Zudem beschäftigt er sich noch mit dem experimentellen Projekt KINETIX und hat vor Jahren für die italienische Elektronik/Avantgarde-Kapelle PANKOW das selbstbetitelte Album eingesungen. Nun also NOISE TRADE COMPANY.

GIANLUCA BECUZZI, der für den Gesang und die Elektronik zuständig ist, betreibt dieses Projekt allerdings nicht alleine. Ihm steht als festes Mitglied CHIARA MIGLIORINI bei, die ebenfalls Gesang beisteuert. Zudem wirken weitere Musiker mit, die sich für die Gitarren- und Saxophonklänge verantwortlich zeigen. Die Musik von NOISE TRADE COMPANY kann man im Grunde in den Bereich Elektronik/Industrial einordnen. Um heutige Kategorien zu bemühen, könnte man auch Angst-Pop oder Harsh-Pop dazu sagen. Gemeint ist also nicht das, was heute so als Industrial verkauft wird, sondern eine Art von Musik wie sie Mitte der 70er Jahre bis Anfang der 80er Jahre produziert wurde, ohne allerdings die Kälte und unterkühlte Stilistik der 80er noch wirklich zu berücksichtigen. CABARET VOLTAIRE in ihren Anfangstagen sind sicherlich eine Referenz, was sich alleine schon in dem auf dem Album befindlichen Cover von "Nag Nag Nag" zeigt. Einflüsse von FAD GADGET bis hin zu THROBBING GRISTLE sind zudem unüberhörbar, wobei NOISE TRADE COMPANY insgesamt zu poppigeren Elementen neigen. Neben all der Referenz hört man aber dennoch deutlich heraus, dass die musikalische Entwicklung seitdem und der heutige Ansatz bei solcher Art von Musik integraler Bestandteil des Ganzen ist. Das aus meiner Sicht vorteilhaft "dreckige" Klangbild beinhaltet neben typischen alten Drum-Computer- und griffigen Synthesizersounds also auch verzerrte Gitarren und sogar Saxophonklänge, die sich aber unproblematisch ins oft krachige Soundbild integrieren.

Das Album beginnt mit einem typischen 80er-Jahre-Drum-Pattern, bevor die knarzenden Synthesizer und die verzerrten Gitarren einsetzen. Daran knüpft schließlich die minimalistischere Strophe mitsamt dem männlichen Sprechgesang an. Dieses eingängige, auf den Namen "NTC: Buy This One" getaufte Stück entwickelt sich dann zu einem Song, dem man auch eine deutliche Nähe zu heutigen Bands wie FISCHERSPOONER attestieren kann. Das ironische "Waste Your Life (Be An Artist)" steht dem ersten Stück bezüglich der Eingängigkeit in Nichts nach – tatsächlich groovt der Song sogar noch um Einiges mehr. Die weiblichen Gesangsparts werden bei diesen beiden Stücken wie auch beim folgenden "Nag Nag Nag" noch als Backgroundgesang eingesetzt, was sich im späteren Verlauf der Platte allerdings ändert. Der ursprünglich von CABARET VOLTAIRE stammende Klassiker "Nag Nag Nag" wird nicht völlig umgekrempelt, sondern erscheint in einem moderneren, strukturell etwas aufgelockerten Gewand. An den Druck und den Geist des Originals reicht man mit dieser Version allerdings nicht ganz heran, so dass man den Track als nette Ergänzung werten kann.

Mit dem Zwischentrack "High Resolution Chaos (Set One)" wird dann aber endgültig der Krach ausgepackt, bevor es mit dem poppig-drückenden aber kratzigen und im Mittelteil lärmigen "Nineteen Seventy Eight" – diesmal mit weiblichem Sprechgesang – wieder ordentlich nach vorne geht. Von der grundsätzlichen Machart her lassen sich hier sicher Ähnlichkeiten zu DIVE erkennen. Bei "Ghost Radio" schlägt einem dann ein deutsches Sample aus einer Nachrichtensendung entgegen, das sich – aktuell hervorragend in den Hype passend – auf die RAF-Selbstmorde und vor allem auf die damit im Zusammenhang stehende Abhörung der Gefangenen in Stammheim bezieht. Entsprechend verhalten und atmosphärisch kompakt kriecht dieser Track auch voran, bis er sich am Ende in an triste, stille und verlassene Flure gemahnenden Soundscapes verliert. Das hypnotische "Feel The Beat (You Can)" und das ebenfalls etwas an "Nag Nag Nag" erinnernde "News From The Past" lockern die Atmosphäre dann wieder etwas auf, bevor das Album nach dem puren Krach "High Resolution Chaos (Set Two)" schließlich mit dem kühl vor sich hintickernden, mit verhalltem Saxophon und sägenden Gitarren ausgestattetem "Stupid Dreams" ausklingt.

"Crash Test One" von NOISE TRADE COMPANY macht aus meiner Sicht richtig Spaß. Man bewegt sich zwar auch in den im Moment recht angesagten Minimal-Elektronik/früher Industrial/Angst-Pop-Gefilden. Allerdings vermeidet man gekonnt und trotz so mitreißenden Stücken wie zu Beginn des Albums eine zu glatte oder poppige Herangehensweise an diese musikalischen Themen. Vielmehr achtet man darauf, dass der Klang immer eine Portion Krach enthält, dass die Songstrukturen wie bei "Nineteen Seventy Eight" auch mal völlig auseinandergerissen werden oder dass man mit den absolut ins Klangbild passenden Saxophonklängen einen Kontrapunkt zu den typischen Soundbildern heutiger Tage setzt.


 
Tony F. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Noise Trade Company myspace-Seite

Themenbezogene Artikel:
» NOISE TRADE COMPANY: Just Consumers


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Zusammenfassung
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Inhalt
NTC: Buy This One
Waste Your Life (Be An Artist)
Nag Nag Nag
High Resolution Chaos (Set One)
Nineteen Seventy Eight
Ghost Radio
Feel The Beat (You Can)
News From The Past
High Resolution Chaos (Set Two)
Stupid Dreams
NONPOP RADIO
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