Die Seite wird geladen... einen Moment bitte.
Michael We.

HERMANN KOPP: Under A Demon's Mask

Kratzige Botschaften aus einer düsteren Dimension


HERMANN KOPP: Under A Demon's Mask
Genre: Angst Pop
Verlag: Galakthorrö
Erscheinungsdatum:
September 2008
Medium: CD
Preis: ~14,00 €
Kaufen bei: Galakthorrö


Schrift vergrößern Schrift verkleinern

Angeblich lebt der 1954 in Stuttgart geborene HERMANN KOPP gerade in Barcelona. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass dunkle Umstände den Mann in einer anderen Dimension festhalten. Die zahlreichen Friedhöfe dort sind zerfallener als bei uns, die Leichen noch toter und der Nebel wallt grauer. Kurzum: Es ist ein düsterer Ort. Die einzige Verbindung ins Hier besteht aus einem Loch im Baum. (Parallelen mit JACK SKELLINGTON aus "Nightmare Before Christmas" sind an dieser Stelle nicht mehr von der Hand zu weisen). Durch dieses schickt uns der Komponist und Musiker ab und zu eine Portion seiner traurig-kratzenden Streichertöne; eine Mixtur aus Geige und singender Säge, die oft ebenso windschief wie die Häuschen der buckeligen neuen Nachbarn von HERMANN KOPP ist.

Einigen ist der Name KOPP vielleicht noch aus diversen JÖRG BUTTGEREIT-Filmen bekannt. An den Soundtracks zu "Nekromantik" (1987) und "Nekromantik 2" (1990) hat er mitgewirkt, und Spötter behaupten bis heute, dass einzig sein damals schon schräges, aber ergreifendes Geigenspiel die Filme überhaupt erträglich gemacht hat. Auch an der Musik zu "Der Todesking" (1989) nahm er teil, spielte nebenbei als einsamer Badewannen-Selbstmörder eine Gastrolle. Über FRANZ RODENKIRCHEN, der seine Hand bei allen drei Filmen (Schnitt und Drehbuch) im Spiel hatte, ergibt sich die Verbindung zu den musikalischen Anfängen von KOPP: Nach zwei minimal-elektronischen Soloplatten (die EP "Aquaplaning in Venedig" 1981 und die LP "Pop" 1983) wurde er das fünfte Mitglied von KEINE AHNUNG, der Band, welcher damals auch RODENKIRCHEN angehörte. Ihre Songmixturen aus Coldwave, Industrial und (elektronischem) Punk klingen heute noch so frisch, als ob sie darauf ausgelegt waren, die fast 20 Jahre lange Lücke zu schließen, die KOPP nach KEINE AHNUNG auftat. Von gelegentlichen Wiederveröffentlichungen der "Nekromantik"-Stücke abgesehen war es still seit Mitte der 1980er. In den vier vergangenen Jahren tummelte sich KOPP allerdings wieder mit neuem Material auf VINYL ON DEMAND. Songs, die schon in den 80ern entstanden waren, wurden 2004 ("Japgirls in Synthesis") veröffentlicht, und das bislang letzte Werk erschien 2007: "Psicofonico" birgt erneut Filmmusik, die experimentellen Geigensounds gehören zu einer spanischen Dokumentation über paranormale Tonbandstimmen.

Nun sitzt HERMANN KOPP (sicher auf einem faulenden Sarg) also da und liefert mit "Under A Demon's Mask" 13 neue Stücke, allesamt morbide bis auf die Knochen. Immer knapp an Schönheit und Licht vorbeigeschrammelt, und gerade deshalb so charmant. Seine Geige ist eine gequälte Seele, die hingebungsvoll und mit Low Budget-Charme bearbeitet wird. Viele der Violadrones, der sich wiederholenden Tonfolgen, wirken wie mitgeschnitten während einer versunkenen Übungseinheit. Eine Intimität, zu der sich später ein Xylophon aus Küchengeräten passend gesellt. Die KOPPschen Streicher können aber auch anders: Mal wird die Geige elektrisch verstärkt fast zur E-Gitarre, mal bietet sie ein kratziges Konzert, das früher ein Kinderlied gewesen sein könnte. Herausragend ist die ungefähre Mitte der CD: Der Track "Frauen Verschwinden" besticht allein schon durch die Tatsache, dass zum ersten Mal eine Stimme eingesetzt wird. "Frauen verschwinden / Jeden Tag in jeder Stadt / Kriminalbeamte fragen / Wer sie zuletzt gesehen hat." KOPP trägt, leicht elektronisch geplättet, zu minimalen Rhythmen und einem quäkigen Synthesizer diesen gruseligen Text vor, eine Mischung aus Chanson und hirngespinstigem Selbstgespräch eines Frauenentführers. Anschließend gerät die bis dahin noch recht beschauliche Geisterwelt aus den Fugen. Es folgen: ein knirschendes und sägendes Durcheinander mit voran gestelltem (französischem) Text, eine selbstgebastelte "Eroica" mit klarer Geige und fast martialischem Rhythmus, ein Insektenschwirren mit schwerem Atem. Zum Ausklang wird der Dämon gezähmt. "The 120 Days Of Sodom" ist im Gegensatz zum gleichnamigen, brutalen Film versöhnlich melodisch, "Triptychon" eine elektronische Spielerei, die auch von den NEUBAUTEN stammen könnte. Schräge, leidend vorgetragene Ausschnitte aus "O Haupt voll Blut und Wunden" bilden den Schluss. (Die hier zitierten Strophen drei und sechs könnten, aus dem Zusammenhang gelesen, beinahe das komplette Drehbuch zu "Nekromantik 3" liefern.)

Die stets geisterhaften, mit der Musik von NOVEMBER NÖVELET entfernt verwandten Töne auf "Under A Demon's Mask" lassen im Hirn sämtliche Gruselstreifen ablaufen, die nie gedreht wurden: "Allein in der Gruft", "Nachts auf dem Friedhof" oder "Verirrt im Wald". Dabei bleibt immer erstaunlich, wie viele (betrübliche) Stimmungen die minimalistischen Sounds eines mittlerweile autodidaktischen Geigers hervorrufen; in seiner Jugend hatte er angeblich nur fünf Jahre Unterricht und kapitulierte vor dem Vibrato. Die wichtigsten Worte zur Musik sind schon gefallen: morbide, wahnsinnig, schön, kratzig, düster, charmant. So ist diese CD. Gut, dass die Menschen von GALAKTHORRÖ zufällig am anderen Ende des Baumes gelauscht haben.

Wie immer bei Veröffentlichungen des Braunschweiger Labels existiert auch eine limitierte LP-Version, die schon aufgrund des im Vergleich zur Compact Disc größeren Covers – HERMANN KOPP steigt in Hexenkostüm auf einen Besen – empfehlenswert wäre. Leider – auch das wie immer – ist die Vinylausgabe schon restlos ausverkauft.

 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» KOPP @ last.fm
» KEINE AHNUNG @ myspace

Themenbezogene Artikel:
» HERMANN KOPP: Cantos Y Llantos (EP)
» HERMANN KOPP: Zyanidanger
» HERMANN KOPP: Cerveau D'Enfant


Anzeige:
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers bzw. Interviewpartners wieder. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Betreiber dieser Seite.
Link-Code zu diesem Artikel:
Wöchentliche Artikelübersicht per Mail
Werde NONPOP- Redakteur...
» Diesen Artikel bewerten
» Kommentar zum Artikel verfassen
Zusammenfassung
Der schräge Geiger aus "Nekromantik" ist wieder da. Kratzig-schön bastelt er 13 neue, meist instrumentale Soundtracks für Sarg und Gruft. Umwerfend ist "Frauen Verschwinden", eines der wenigen Stücke mit Gesang. Alles sehr charmant zwischen Chanson und dem Wahnsinn einer singenden Säge.

Inhalt
01 Manichini Coloniali
02 Ex-Voto
03 Locus Solus
04 Strahlungen
05 The Great Automaton
06 Frauen Verschwinden
07 From Germany With Love
08 Eroica
09 Bandaged Head
10 The 120 Days Of Sodom
11 Devil In Disguise
12 Triptychon
13 O Haupt Voll Blut Und Wunden
NONPOP RADIO
Nonpop Radio starten:

Hier Popup
Ebay- Angebote zum Thema:
Hermann Kopp
 
cialis cialis fiyat seo sorgulamahacklink seo backlink sorgulama hacklink satış backlink satış makale programı Tanıtım Yazısı site analiz seo analiz seo aracları seo sorgula backlink satış instagram takipçi hilesi meme küçültme pubg hile al hacklink satışbacklink al google sıra bulucu
demon039s hermann kopp nekromantik under