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Tony F.

CHARLES DE GOAL: Restructuration


CHARLES DE GOAL: Restructuration
Genre: Post-Punk/ Cold-Wave
Verlag: Self-Distrib...
Vertrieb: Self-Distri...
Erscheinungsdatum:
Mai 2008
Medium: CD
Preis: ~15,00 €
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Die Liste der Bands, die irgendwann in den 80er Jahren mal aktiv waren und die nun im neuen Jahrtausend wieder aus der Versenkung auftauchen, ist mittlerweile lang. Dem Hype darum kann man allerdings oftmals nichts mehr abgewinnen. Denn wo es bei den einen lediglich zu teilweise unnötigen bis peinlichen Live-Auftritten kommt, setzt man bei anderen noch einmal auf neues, leider aber oft uninspiriertes Material. Gerade die neuen Alben alter Helden bevölkern zu oft das Spektrum von vielleicht 'überraschend gut' bis hin zu 'völlig überflüssig', wobei sich die ursprüngliche Begeisterung ohnehin in den wenigsten Fällen wiederbeleben lässt.

Eine Band, die in den letzten Jahren auch wieder live aufgetreten ist und nun mit "Restructuration" frisches Material veröffentlicht hat, ist die französische Cold-Wave-Band CHARLES DE GOAL. In den frühen 80er Jahren waren CHARLES DE GOAL eine Art Mysterium – zumal bei den damaligen Informationsmöglichkeiten bezüglich Untergrundmusik aus Frankreich. Es gab keine Live-Auftritte, keine Fotos, kaum Informationen und die Cover gaben ebenfalls nicht viel her. Von daher blieb zunächst relativ unklar, wer genau überhaupt hinter der Band steckte. Im Grunde war CHARLES DE GOAL ein reines Solo-Projekt von PATRICK BLAIN, der zuvor mit der Band C.O.M.A. schon einmal ein Album veröffentlicht hatte, welches aufgrund der anschließenden Auflösung der Band gleichzeitig das einzige dieser Formation blieb. Später war er darüber hinaus noch an dem Ein-E.P.-Projekt DANSE MACABRE beteiligt.

Mit einem Synthesizer, einigen Drum-Machines sowie Gitarre und Bass bastelte PATRICK BLAIN ab 1979 schließlich an einem neuen Projekt, das er CHARLES DE GOAL nannte, wobei der Name, obwohl er sich auf CHARLES DE GAULLE bezieht, keine tiefere und schon gar keine politische Bedeutung hat und zunächst eher als eine Art Scherz gedacht war. Das erste Album "Algorhythmes" wurde schließlich 1980 auf dem aus einem Pariser Plattenladen hervorgegangenen Kult-Label NEW ROSE veröffentlicht. Dieses Album mit seiner Melange aus minimal-elektronischen Klängen und Rhythmen, Post-Punk-Einflüssen und dem für damalige Verhältnisse ungewöhnlichen französischen Gesang avancierte nicht zuletzt wegen des sperrigen Untergrundhits "Exposition" in den Folgejahren auch in Deutschland zu einer Kultscheibe. Mit "Ici L'ombre" erschien 1982 der Nachfolger. Das Album "3", das im letzten Jahr von INFRASTITION wieder aufgelegt wurde und die poporientiertere Phase der Band einläutete, folgte im Jahr 1985. Im selben Jahr wurden dann auch endlich die ersten Konzerte – allerdings nicht in Deutschland – gegeben. Mit "Double Face" aus dem Jahr 1986 endete die Geschichte von CHARLES DE GOAL dann schließlich auch schon wieder. Fest stand zu diesem Zeitpunkt, dass die Band eigentlich nicht mehr an den Erfolg des ersten Albums anknüpfen konnte, was sicherlich an der mehr und mehr verwässerten musikalischen Grundidee lag. Ein bis 2005 unveröffentlichtes Album entstand allerdings noch etwas später – im Jahr 1991.

Etwas skeptisch, wie der Sound von CHARLES DE GOAL im Jahr 2008 ausfallen würde, war ich am Anfang schon – saß mir doch noch der Schreck eines in die Kategorie "völlig überflüssig" fallenden neuen PARADE GROUND-Albums in den Knochen. Tatsächlich gibt es aber gute Gründe, positiv überrascht zu sein. Das Mischungsverhältnis von Elektronik und Gitarren, das auf den letzten 80er-Alben für die Elektronik leider immer ungünstiger ausfiel, ist wieder auf einem Niveau angelangt, wie es zu "Algorhythmes"-Zeiten herrschte. Überhaupt kehrt man auch insgesamt mehr zur musikalischen Basis des ersten Albums zurück, ohne wirklich den damaligen Sound wiederzubeleben – was aus meiner Sicht auch selten gelingen kann. Die minimalistische Elektronik bildet zusammen mit den druckvollen Rhythmen das Grundgerüst der Songs aus, worüber die schneidenden, ebenfalls minimalistischen, oft nur akzentuiert angeschlagenen Gitarren grobe Melodiefetzen streuen. PATRICK BLAIN steuert zudem seinen typischen, eher parolenhaften Gesang bei.

Das Ergebnis lässt sich deshalb nicht wirklich mit dem Erstling vergleichen, da die Songs geradliniger, druckvoller und einfach moderner ausfallen. Die Musik der letzten 15 Jahre ist natürlich auch nicht an der Band vorbeigelaufen. Hat man bei anderen Comeback-Veröffentlichungen aber das Gefühl, dass die Ecken und Kanten nicht mehr auffindbar sind bzw. dass die frühere Wut, das Aufbegehren, die einst antreibende Elemente waren, sich mit dem Alter verflüchtigt haben, so ist man überrascht, welche Energie dieses Album freisetzt. Die Produktion ist hervorragend und passt mit ihrem extrem direkten und trockenen Sound perfekt zur Musik. Die Band – ETIENNE LEBOURG, JEAN-PHILIPPE BROUANT und THIERRY LERAY werden ebenfalls als Mitglieder geführt – lässt einem tatsächlich kaum Zeit zum Atemholen, da einige Stücke teilweise sogar direkt ineinander übergehen.

Die Platte beginnt mit dem rund einminütigen Eröffnungsstück "Régularisez moi" perfekt. Ein minimaler Rhythmus, Sprechgesang – sonst nichts – bevor der Song plötzlich quasi explodiert und wieder abbricht. Danach gibt eine Synthesizer-Sequenz die Richtung vor, ehe der Rhythmus einsetzt und sich der mitreißendste und eingängigste Song des Album entwickelt: "Passion/éternite". Auch "Choque moi" fegt mit gehörigem Tempo vorbei, bevor mit "Procession" ein groovendes, drückendes und zerrendes Stück Musik im mittleren Tempo folgt. Auch ruhige Stücke haben den Weg auf das Album gefunden. "Figures imposées" ist ein melancholischer Song, der von PATRICK BLAINs tiefem Gesang lebt und der mit einem unterschwellig packenden Refrain daherkommt. Die Richtung flotter, eher poppiger Stücke bedienen dagegen "Next Stop Disneyworld" oder "Décadence". Die punkige Note wird dagegen noch mal mit "Hais toi!" betont, bevor mit dem herrlich krachenden Titelstück des Albums gleichzeitig auch schon das Ende der Platte eingeläutet wird. Als Hidden-Track wird allerdings noch ein kurzes in interessantem Deutsch vorgetragenes Stück nachgeschoben.

Manchmal ist man am Ende doch noch froh, dass sich eine Band zu einer Rückkehr entschieden hat. Zumal wenn sie so ausfällt wie bei CHARLES DE GOAL. Insgesamt legt man ein ziemlich druckvolles, zupackendes Album ohne große Schnörkel hin, das es in sich hat und mit dem man sich vor der heutigen Konkurrenz nicht verstecken braucht. Langweiliger Altherren-Indierock ist jedenfalls nicht zu erwarten. Ein zweites "Exposition" in seiner seltsamen Struktur ist zwar nicht dabei, wie auch die neuen Stücke doch – wenn man den Vergleich überhaupt ziehen will – gefälliger ausfallen als gerade die Songs des Debüts. Dagegen sind mit "Passion/éternite", "Figures imposées" oder "Procession" aber Stücke vertreten, die aus meiner Sicht deutlich über das hinausgehen, was die späteren Alben von CHARLES DE GOAL hergaben.


 
Tony F. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Charles de Goal bei Myspace


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Zusammenfassung
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Inhalt
Régularisez moi
Passion/éternite
Choque moi
Procession
Identité
Figures imposées
Next stop Disneyworld
Troptard
Décadence
Destination terre
Hais toi!
Restructuration
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