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Claudia K.

Das Nibelungenlied

Alte Mären im Hörbuchformat


Das Nibelungenlied
Genre: Hörbuch
Verlag: Der Hörverlag
Vertrieb: Der Hörverlag
Erscheinungsdatum:
14.03.2008
Medium: Box
Preis: ~49,00 €
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Uns ist in alten mæren     wunders vil geseit
von helden lobebæren,     von grôzer arebeit,
von freuden, hôchgezîten,     von weinen und von klagen,
von küener recken strîten    muget ír nu wunder hœren sagen.

Ez wuohs in Burgonden      ein vil edel magedîn,
daz in allen landen      niht schoeners möhte sîn,
Kriemhild geheizen.      Si wart ein schoene wîp.
dar umbe muosen degene      vil verliesen den lîp.



Es scheint fast unvermeidlich, einen Text über das Nibelungenlied mit diesem Zitat – den ersten beiden Strophen der ersten Aventüre – einzuleiten. Für alle, die es lieber Neuhochdeutsch haben, lauten die Verse, übersetzt nach SIMROCK, wie folgt:

Viel Wunderdinge melden     die Mären alter Zeit
Von preiswürdigen Helden,     von großer Kühnheit,
Von Freud‘ und Festlichkeiten,     von Weinen und von Klagen,
Von kühner Recken Streiten     mögt ihr nun Wunder hören sagen.

Es wuchs in Burgonden     ein schönes Mägdelein,
Wie in allen Landen     nichts schöners mochte sein.
Kriemhild war sie geheißen     und war ein schönes Weib,
Um das viel Degen mussten     verlieren Leben und Leib.



Mit diesen Worten beginnt eines der großen epischen Werke der mittelalterlichen Literatur. Der Stoff des Nibelungenlieds ist uns in drei so genannten Haupthandschriften (Handschrift A, B und C), sowie in über 30 weiteren, größtenteils nur fragmentarisch erhaltenen Handschriften überliefert. Und um gleich an dieser Stelle einen Mythos auszuräumen: Das Nibelungenlied als eine Art „Germanisches Nationalepos“ zu betrachten, ist, gleichwohl es entsprechende Wurzeln des tradierten Stoffes gibt, vor allem eines: angestrengtes Wunschdenken – denn von germanischen Vorzeiten zu sprechen, ist dem namentlich unbekannten Nibelungendichter, der seine Variante des im gesamten deutschsprachigen, englischen und skandinavischen Raum verbreiteten Nibelungenstoffs um das Jahr 1200 geschaffen und niedergeschrieben hat, fern. Sogar von den germanischen Göttern und Halbgöttern, wie sie bei den nordischen Nibelungen der Edda auftauchen, ist sein Nibelungenlied bereinigt. Vielmehr erscheint seine Version des Nibelungenstoffes als höfisierte Form, in der archaische Momente dazu dienen, das Fremdartige zu betonen und den Spannungsbogen aufzubauen, um jedoch letztlich in den Kontext der höfischen Kultur eingepasst zu werden – notfalls mit Hilfe von Verrat und Betrug. Die ihm bekannten Nibelungenmotive aus der mündlichen Überlieferung ordnet der Dichter neu an und verschmilzt dabei Sagen vom Untergang der Burgunden mit der Brautwerbungssage um Siegfried und Brünhild (in altnordischen Überlieferungen Sigurd und Sigrdrifa oder Brynhild), wobei er sie zuweilen mit christlicher Symbolik überfärbt, sowie ihnen zeitgenössisches Zeremoniell, Rechtsbräuche und lehnsherrschaftliche Strukturen hinzufügt.

Das Nibelungenlied besteht je nach Fassung aus rund 2400 Strophen, die sich in zwei Teile und 39 âventiuren (sprich: Aventüren = vergleichbar mit Kapiteln) gliedern: Der erste Teil erzählt die Geschichte von Siegfried und Kriemhild und schließt mit Siegfrieds Ermordung, während der zweite Teil von Kriemhilds Rache berichtet. Eine Strophe, die so genannte Nibelungenstrophe, besteht jeweils aus vier Langversen mit Zäsur zwischen An- und Abvers und paarweisen Endreimen.

Eine gekürzte – wenn auch immer noch umfangreiche – Hörbuchversion des Nibelungenliedes erschien im Frühjahr dieses Jahres beim Münchener HÖRVERLAG. Auf zehn CDs mit insgesamt 692 Minuten Spielzeit liest der Schauspieler ROLF BOYSEN, der bereits die Ilias und die Aeneis interpretierte und der auch bei der Hörbuchversion von „Der Name der Rose“ zu hören ist, das Nibelungenlied in der Übersetzung des Germanisten KARL SIMROCK. Die Aufnahme ist ein Live-Mitschnitt einer Lesung, die vom 4. Bis 19. Oktober 2004 in der Allerheiligen Hofkirche der Residenz zu München stattfand. Man muss versuchen, sich diesen Veranstaltungsreigen vorzustellen; ähnlich monumental ist wohl nur die Darbietung des Opern- und Konzertsängers EBERHARD KUMMER, der schon einmal alle etwa 10.000 Verse des Nibelungenlieds singt und sich dabei, basierend auf einer Melodie-Rekonstruktion, selbst auf Schoßharfe und Drehleier begleitet – etwa 2007 in Bamberg, ebenfalls auf mehrere Abende verteilt. Dieser Gesangsmarathon dauert insgesamt etwa 20 Stunden und entspricht der historischen Darbietungsweise, denn anders als heute wurde das Nibelungenlied nicht gelesen oder vorgelesen, sondern bei Hofe von einem Sänger vorgetragen.

Für die Hörbuchversion wurde bei BOYSENs Vortrag leicht die Schere angesetzt, ohne dabei die Handlung zu verstümmeln. Und die funktioniert, nur ganz grob umrissen, hinlänglich bekannt oder auch nicht, wie folgt: Der hervorragende Königssohn und Drachentöter Siegfried, Besitzer des sagenhaften Nibelungenschatzes und durch ein Bad im Drachenblut größtenteils unverwundbar, begehrt die burgundische Prinzessin Kriemhild zur Frau. Zuvor gilt es jedoch, einen Krieg gegen die Sachsen zu gewinnen und für König Gunther, Kriemhilds Bruder und Vormund, eine passende Braut zu finden. Dabei hat Gunther es auf Brünhild abgesehen, die geheimnisvolle Königin von Island, die, mit übernatürlichen Kräften ausgestattet, bisher jeden ihrer Freier bei Kampfspielen um ihre Hand ums Leben brachte. Mit Siegfrieds Heldenkräften und einem handfesten Betrug erringt Gunther Brünhild. Im burgundischen Worms wird Doppelhochzeit gefeiert, der initiative und am Hof fortgesetzte Betrug jedoch trägt böse Früchte, zwischen den Königinnen Kriemhild und Brünhild kommt es zum Streit; die tödlich beleidigte Brünhild stiftet Gunther zum Mord an Siegfried an, und schließlich ermorden Gunther und sein Vasall Hagen von Tronje den strahlenden Helden und betrügen Kriemhild um ihr Erbe: den Nibelungenhort. Jahre später wird die auf Rache sinnende Kriemhild Gemahlin des Hunnenkönigs Etzel und folgt ihm an seinen Hof. Dorthin lädt sie die burgundischen Verwandten ein, mit Hintergedanken. Der Besuch wird schnell zum blutigen Gemetzel, am Ende ist der hunnische Hof stark dezimiert und alle Burgunden bis auf Gunther und Hagen tot. Diese weigern sich, das Versteck des Nibelungenschatzes preiszugeben; Kriemhild lässt ihren Bruder töten, erschlägt Hagen von eigener Hand und wird angesichts dieses ungeheuren Verbrechens – eine Frau, die selbst zur Waffe greift – mit dem Schwert in Stücke gehauen.

Die Übersetzung von KARL SIMROCK ist bestrebt, eine neusprachliche Übersetzung zu liefern und dabei gleichzeitig nahe am Klang des Originals zu bleiben und auch die Strophenform beizubehalten. Wortlaut und typische Redewendungen des Mittelhochdeutschen bleiben so zu einem guten Teil erhalten – auch um den Preis, dass hin und wieder ein Versende etwas schief „reimt“. Die mittelhochdeutsche Art, eine Geschichte zu erzählen, mag dem modernen Hörer ungewohnt und zuweilen auch etwas umständlich erscheinen: die Beschreibung von Gewändern, Reisevorbereitungen, und höfischer Repräsentanz, der beständige Lobpreis auf die edlen, heldenhaften Ritter und die schönen, tugendreichen Frauen erfordert beim Verfolgen der eigentlichen Handlung etwas Geduld. Dabei werden dem Nicht-Mediävisten die Bedeutung manche Details in Handlung und Symbolik entgehen. Wer es ganz genau wissen will, dem empfiehlt es sich daher, nachzulesen; für den ersten Überblick ist eine kurze Einleitung des Germanisten FELIX GENZMER der Box beigefügt. Um dem Geschehen zu folgen, ist aufmerksames Zuhören erforderlich, um nicht im wogenden Auf und Ab der hypnotisierenden Stimme BOYSENs und dem singenden Gleichklang der Strophenform ins Treiben zu geraten. Denn den Faden verliert man schnell in Rede und Gegenrede der zahlreichen Protagonisten, und obgleich BOYSEN es schafft, die Verse nuanciert, facettenreich und mit der notwendigen Dramatik wiederzugeben, fällt es doch manchmal schwer, den Überblick über die Figuren und den Fortgang der Ereignisse zu behalten – Orientierungshilfe bieten hier abermals die Beihefte der CDs, die auch ein Personenregister enthalten. Kein Hörbuch zum Autofahren, denn wer sich nebenbei auf den Verkehr konzentrieren muss, dem werden die Strophen schnell zu einem melodischen Strom, aus dem einzelne Worte auftauchen, in dem jedoch die wichtigen Feinheiten der Handlung untergehen. Wer aufmerksam zuhört, dem erschließt sich die Welt des Nibelungenlieds, das zu den faszinierendsten und auch tragischsten mittelalterlichen Heldenepen zählt. Wer das Epos nicht selbst lesen, oder wer sich der mittelalterlichen Vortragsweise, die wie gesagt eine mündliche war, annähern möchte, der findet in dieser Box eine gleichermaßen minimalistische wie werkgetreue Umsetzung. Auf musikalische Untermalung wird gänzlich verzichtet, alle Modulation und Dramatik wird allein von BOYSENS voller, wohltönender Stimme transportiert. Hinweis auf den Mitschnitt-Charakter der Aufnahme liefern allenfalls der leichte Hall, der allerdings ausgezeichnet zum Ambiente beiträgt, und das Klatschen des Publikums. Und auch wenn es, bei aller Liebe, schwer fällt, mit der notwendigen Konzentration mehr als zwei oder drei Aventüren auf einmal zu hören, gebührt dem Vortragenden nicht zuletzt eines: Respekt vor der Mammutleistung, die er vollbringt. Ein monumentales Werk, eine monumentale Lesung – originaler, an der mittelalterlichen Vortragsweise gemessen, dürften nur die Darbietungen von EBERHARD KUMMER ausfallen. Ein Einblick in die Welt des Mittelalters also, wenn man die Bereitschaft mitbringt, sich etwas darauf einzulassen und Ungewohntes zu hören – weit abseits von gothischen und elektronischen Mittelalterdudlern und quasihistorischen Nibelungen-Romanen.

 
Claudia K. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Der Hörverlag


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Zusammenfassung
Rolf Boysen liest das Nibelungenlied - gekürzter Mitschnitt einer mehrteiligen Live-Lesung des Nibelungenlieds in der Übersetzung von Karl Simrock.

Inhalt
10 CDs mit Beiheften
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