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Michael We.

ODA RELICTA: Czarstvo Dukha

Benedictus qui venit in nomine Domini


ODA RELICTA: Czarstvo Dukha
Genre: Neo - Klassik
Verlag: Neuropa
Erscheinungsdatum:
März 2008
Medium: CD
Preis: ~12,00 €
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Wäre OLEGH KOLYADA ein Bildender Künstler, würde er – aus den besten zur Verfügung stehenden Materialien – Collagen anfertigen, die in Galerien für Moderne Kunst mit vielen Ooohs und Aaahs bestaunt und für teures Geld gekauft würden. Glücklicherweise liebt der Ukrainer aus Zhytomyr aber die Musik, und so stellt er – nicht weniger virtuos, aber zu Unrecht weniger beachtet – Collagen aus musikalischen Versatzstücken auf CD zusammen. Unter dem Namen ODA RELICTA hat er uns im vergangenen Jahr ein Stück ukrainischer Geschichte näher gebracht, den Kampf zwischen Landbesitzern und Bauern. Auf "The Crown & The Plough" webte KOLYADA Militärmärsche (in der Regel neu eingespielt durch das ZHYTOMYR MILITARY BRASS ORCHESTRA) und Volksweisen (in der Regel 'field recordings' von ukrainischen Sommerfesten) zu einem fulminanten und wunderschönen Historiendrama ineinander. Vor wenigen Monaten hat er als 'Strippenzieher' den Raumfahrt-Sampler "Energia" zusammengestellt, an dem er selbst als FIRST HUMAN FERRO (sein Dark Ambient-Projekt) teilnahm. Nun, nachdem das erste ODA-Album also eine handfeste Reise zum Anfassen durch OLEGHs Heimat war, folgt die sakrale, spirituelle Variante.
Dargestellt wird, als logische Fortsetzung von "The Crown & The Plough", das Verhältnis zwischen Volk und Kirche. Auf der einen Seite stehen Strenge und ein Vollkommenheitsanspruch, der sich auch in der Musik äußert, auf der anderen Seite (wieder, wie schon bei "The Crown...") Einfachheit und Lebenslust. Als Grundlage und Inspiration dienten OLEGH KOLYADA Aufnahmen von Kirchenliedern aus der Zeit zwischen dem 7. und dem 17. Jahrhundert, auf die er in Universitätsarchiven gestoßen war. Dazu kommen einige ukrainische Volkslieder, neue 'field recordings' (viele Vogelstimmen) und eine Reihe an Gastmusikern: diverse klassische Sängerinnen und Sänger, das (inzwischen leider aufgelöste) ZHYTOMYR CHAMBER ORCHESTRA, das ebenfalls am Vorgänger mitgewirkt hatte, einige Mitglieder der italienischen Neofolk-Formation ALBIREON und die miteinander befreundeten, französischen Projekte LONSAI MAIKOV und DISSONANT ELEPHANT. Die Mixtur all dieser Einflüsse ergibt ein betörendes und berauschendes Album zwischen Neoklassik und Neofolk.

Der Einstieg gestaltet sich sehr ruhig, wie das Hineinstehlen in eine Kirche, weil man den Chor beim Proben nicht stören will. Eine getragene weibliche Sopranstimme singt eine Variante des "Kyrie Eleison", die der zeitgenössische ukrainische Komponist MYKHAYIL A.SHUKH verfasst hat. (Mehrere seiner Werke sind auf "Czarstvo Dukha" vertreten.) Zu der Aufnahme, die live am Konservatorium in Kiew mitgeschnitten wurde, mischt OLEGH KOLYADA einige Dark-Ambient-Synthiesounds. Auch das nächste Stück ist noch sehr nahe an Kirchenmusik und beginnt wieder mit Soprangesang. Dazu gesellen sich Kirchenorgel und -glocken, ein alter (armenischer) Lobgesang sowie diverse Barockinstrumente. Die ohnehin schon große Leistung, diese verschiedenen Quellen aufeinander abzustimmen, erweitert der ukrainische 'Mischkünstler' noch und verschiebt die Einzelteile gegeneinander, um Millisekunden. So geht "Alleluya" ständig auf der Grenze zwischen Harmonie und Dissonanz, was – auf großen Teilen des Albums – eine flüchtige, durchscheinende und 'geistige' Atmosphäre schafft. Zusätzlich fordert diese Ungenauigkeit im Takt immer wieder ein konzentriertes Hinhören und führt so schon im ersten Durchgang zu einem sehr dichten Hörerlebnis. "Barvinok", der dritte Track, ist auch auf dem aktuellen NONPOP-Sampler vertreten und ein weiteres Beispiel für OLEGHs große Collagen: Zwei alte ukrainische Folksongs, dargeboten von wunderschönen Männerstimmen, stehen gegen die meisten der auf dem Album vertreten Instrumente. Alle Musiker inklusive Kammerorchester sind an diesem Song beteiligt, der an manchen Stellen einfach, melodisch und klar ist, dann wieder in einer Mixtur aller Elemente aufgeht und sich am Ende in Harmonie auflöst. "Sanctus" landet zum ersten Mal mitten im Neofolk, eine DEATH IN JUNE-Gitarre paart sich mit einer heavenly Frauenstimme, dazu sanfte Drums. In der Mitte geht das Stück in barocke Kirchenmusik über, unterlegt mit Folkinstrumenten, bevor es in einem heroischen, preisenden Männerduett endet. Mit der Beschreibung dieser vier Songs sind nun ungefähr alle Elemente beisammen, die auf diesem Album eine Rolle spielen. Erwähnt werden muss allerdings noch das großartige "O Ne Stelysya, Khreshchatyy Barvinku" (Anspieltipp!). Es basiert auf einer Liveaufnahme des "Benedictus", die gesanglich an DEAD CAN DANCE erinnert, ist unterlegt mit schamanischem Trommeln und Rasseln und endet mit einer einsamen Folkflöte.
Für "Czarstvo Dukha" kann man sich alle Drogen sparen, die einen 'erweiterten' Zugang zu Musik versprechen. OLEGH KOLYADA liefert die Erweiterung gleich mit. Dieses Album hat das, was man wohl gemeinhin 'spirit' nennt. Ein Hauch aus irgendeiner höheren Sphäre durchweht es und macht es zu etwas Besonderem. Trotz der vielen Brüche und Verschiebungen fügt sich alles zu einer Einheit, an der man sich nicht satthören kann. Ob die Musik auch eine politische Botschaft vermittelt – schließlich treffen Volk und Kirche aufeinander – überlasse ich der Interpretation eines jeden Hörers. Die Versuche, in das Vorgängeralbum Nationalismus hinein zu interpretieren, nur weil Teile von historischen Militärmärschen verwendet wurden, fand ich jedenfalls ziemlich albern. Vielleicht ist "Czarstvo Dukha" auch nur die klangliche Begegnung zweier Welten, die – zumindest musikalisch – gar nicht so unterschiedlich sind. OLEGH, übrigens angehender Doktor der Philologie, wird uns im NONPOP-Interview bald alle offenen Fragen beantworten.

 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» ODA RELICTA @ myspace
» NEUROPA RECORDS @ myspace
» ALBIREON @ Nonpop
» MAIKOV & ELEPHANT @ Nonpop

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Zusammenfassung
Der zweite 'Mix' des Ukrainers OLEGH KOLYADA. Dieses Mal hat er sich Kirchenmusik und Volkslieder ausgesucht. Noch virtuoser als beim Vorgänger fügt er, gemeinsam mit diversen Gastmusikern, viele Teile zu einem betörenden Puzzle zwischen Neoklassik und Neofolk zusammen.

Inhalt
01. Czarstvo Dukha
02. Alleluya
03. Barvinok
04. Sanctus
05. Ochi, Yak More
06. Barvinok Kvitne
07. Benedictus
08. O Ne Stelysya, Khreshchatyy Barvinku
09. Braterstvo + Materynstvo
10. Svyataya Svyatykh
11. Lacrima + Rosa

46:34 / 500 Stück
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