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Dominik T.

V.A.: ... where tattered clouds ...

Ein Tribut an den Bildhauer EINAR JONSSON


V.A.: ... where tattered clouds ...
Genre: Post Industrial
Verlag: The Eastern...
Medium: 2xCD
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Vor ein paar Wochen erschien über das israelische Label THE EASTERN FRONT ein „Martial-Neofolk“-Sampler zu Ehren des isländischen Bildhauers EINAR JONSSON (1874-1954). Sage und schreibe 28 Projekte der tiefsten Neofolk/Postindustrial/Martial-Subkultur, leider überwiegend solche, die so in der Kreisklasse vor sich hindümpeln haben sich eingefunden, um diesem Edda-inspirierten Bildhauer Tribut zu zollen. Wie das jedoch oft so ist, haben sich meines Wissens nur Wenige wirklich an das Thema gehalten, d.h. Musik komponiert, die von den, vor allem in Island stehenden Skulpturen des Künstlers inspiriert sind.
Offenbar war dieser Sampler mehrere Jahre in der Mache und sollte ursprünglich auch über jenes namenlose, deutsche Label erscheinen, welches einst schon den mäßig gelungenen HERMANN HENDRICH-Tribut-Sampler veröffentlichte. (Der damals im Vordergrund stehende Benefizgedanke, nämlich die Nibelungenhalle mithelfen zu restaurieren, war natürlich aller Ehren wert.)
Aus irgendeinem Grund stockte jedoch die Fertigstellung des JONSSON-Tributs, so dass Jahre später die Israelis in die Bresche sprangen und ihn entsprechend nun vorlegen.
Der Sampler wirkt insgesamt wenig überzeugend und da es sicher nicht sinnvoll ist, Unvermögen groß breitzutreten nun eine eher kurze Zusammenfassung der „Höhepunkte“:

Auf der ersten, „Grief“ betitelten CD befinden sich die eher martialischen und/oder eher neofolkigen Projekte. Die bekanntesten dürften hier CAWATANA, KAMMER SIEBEN und H.E.R.R. bzw. VON THRONSTAHL sein. Die Letzteren liefern ein Gemeinschaftsstück ab. Los geht's allerdings mit den Untoten von BELBORN, ihr Beitrag „Der Morgen“ hat gegenüber anderen Stücken dieser obskuren Formation den unschätzbaren Vorteil, dass hier keiner singt, sondern lediglich geflüstert wird. Flüstern kann jeder, daher ist auch diese Aufgabe hier mit Bravour gemeistert, die einen schier fassungslos stimmende Einfältigkeit, für die BELBORN einst berüchtigt waren, schwingt jedoch auch auf „der Morgen“ wieder mit. Trotzdem: Mit BELBORN war alles lustiger, das wird einem hier noch einmal schmerzlich bewusst. Das Liedchen hat mir Freude bereitet. COLD FUSION (Polen), WESTWIND (Frankreich) und WEIHAN (Belgien) liefern grotesk überflüssige Martial/Postindustrial-"RICHARD WAGNER aus der Dose"- Klangexperimente ab. ZEBAOTH aus Ungarn sind mindestens genau so schlecht, seit jedoch der „Künstler“ dahinter mit seinem BATTLENOISE-Buch eine 1A-Bruchlandung hinlegte, und er sich außerdem auf seiner Myspace-Seite als Thomas Molnar-Fan outete (Ein radikal-konservativer und katholischer, ungarischer Philosoph, der in New York lehrte und mal ein tolles Buch gegen den altersschwachen und völlig senilen Jean Paul Sartre schrieb – auch auf Deutsch erhältlich), kann ich dem Typen gar nicht mehr richtig böse sein. HOROLOGIUM , RUKKANOR (beide Polen), LARRNAKH, CAWATANA (beide Ungarn) und vor allem STORM OF CAPRICORN (Italien) sind mit ihrer heroischen Martial-Neoklassik schon ein bisschen besser, aber so wirklich nur dann überzeugend, wenn man eine Schwäche für billig klingende Synths hat (Ja, das kann durchaus wirklich Charme haben.) und – im Falle der beiden Ungarn-Projekte – den landestypischen Stil schätzt. KAMMER SIEBEN wildern mit „Ihr“ (eine AGNES MIEGEL-Vertonung) vor allem durch den Gesang ein wenig im WALDTEUFEL-Terrain, das Stück hätte auf ihrem „Unfinished Movies“-Album zum unteren Durchschnitt gezählt, ist aber noch zu genießen. AELDABORN (Deutschland) steuern ein klassisches Neofolk-Stück bei – leider ziemlich dumpf klingend, mit unkoordiniertem Getrommel und einer zum (Aus)Lachen reizenden schlechten Gesangsleistung „garniert“. Bekanntlich handelt es sich bei dem Sänger um den ECHO-WEST Soundtüftler, der mit eben diesem Projekt eigentlich schon oft bewiesen hat, dass er das alles besser kann.
Tja, dann fehlen jetzt nur noch die Künstler von VON THRONSTAHL und H.E.R.R., die, wie gesagt, hier zusammengearbeitet haben, und genauso klingt es auch. Einen ausgedehnten Auftritt wird abermals dem Quasi-Mitglied HANS MILCH eingeräumt und H.E.R.R. sorgen für mächtig viel "Adagio". Dabei kann man es nun auch belassen, sonst erzürnen wir hier die sensiblen Seelen noch.
Ach, auch das israelisch-exilrussische Projekt AGNIVOLOK blieb bisher unerwähnt. Ihr Beitrag „Sculptor“ (Wahrscheinlich wurde dies nur aufgrund des Titels ausgewählt.) befindet sich jedoch schon auf gleichnamigem Album. Die restlichen 27 Beiträge sind aber alle exklusiv. Es erübrigt sich fast zu sagen, dass AGNIVOLOK unter all den versammelten Projekten mit großem Abstand die großartigste Formation sind und genau deshalb auch gar nicht so recht auf diesen Sampler passen wollen.

Die zweite CD ist dann mit „Birth Of Psyche“ betitelt und zu meinem eigenen Erstaunen deutlich besser als der erste Teil – obwohl der Reigen der nicht grundlos unbekannten Subkultur-Projekte auch hier nicht enden will. Alles in allem sind nun eher die Experimental-(Dark)-Ambient-Projekte versammelt. Los geht’s mit ARTEFACTUM (Polen) und HOARFROST (Polen), nicht, dass hier irgendetwas Außergewöhnliches geboten wird, aber es stellt sich immerhin ein wohliges Genussgefühl ein, vor allem bei HOARFROST, die ihren Ambient mit Akustikgitarrengezupfe anreichern. Mit KADAVER feat. REFUSE TO DIE (Israel) und ROSE ROVINE E AMANTI (Italien) geht es dann auch ohne atmosphärischen Stilbruch ansprechend weiter. Der Israeli hinter KADAVER scheint sich übrigens extra eine Myspace-Seite gebaut zu haben, um der Welt mitzuteilen, dass er eigentlich Misanthrop ist und eh keine „Friends“ braucht. Danke dafür!
Die später folgenden SHINING VRIL (JOHN MURPHY) und GREGORIO BARDINI (Tirol) liefern mit ihrem esoterischen  Experimental-Ambient auch keine Ausfälle ab. Endlich mal ein nicht belangloses SHINING VRIL-Stück, der Beiträg auf der "Looking For Europe"-Compilation war ja noch unfassbar überflüssig. Wohlgemerkt, auch das RREA-Stück ist eine gelungene, rein instrumental gehaltene Ambient-Violincollage, die mit etwas Phantasie sogar an HÖH erinnern kann. Eintönig und sterbenslangweilig wird es nun wieder mit WACH (Deutschland), SIMULACRA (?) und GANDOLFS GEDANKEN (Deutschland). Bei den Letzteren, die auch gleich zweimal zu ertragen sind, wird zwar auf eine Weise herumgeklimpert, die nicht wenige – so vielleicht auch ich – ansprechend „surrealistisch“ empfunden hätten, wenn das Ganze von NURSE WITH WOUND stammen würde, aber dem ist ja nicht so, obwohl durchaus nicht weit davon entfernt. Fest steht, es rauscht vorbei, ob dies an einer Voreingenommenheit liegt oder nicht. Leider steigt auch bei SITRA AHRA (Deutschland), die im Begleittext mit dichtung/auslese/schillingrolf/index.html#24a6bc95e20d7d002">ROLF SCHILLING einzustimmen versuchen, und den bekannten ECHO WEST (sehr enttäuschend und überflüssig) das Niveau nicht mehr.
BISCLAVERET (Polen) gelingt es zum Ende mit Klavier, Stimme und Ambientflächen, eine angenehme, zum Thema passende CURRENT 93/HÖH-„Island“-Atmosphäre zu erzeugen, fast schon erwartet man die berühmte Sequenz „Du kannst mit mir Deutsch sprechen“, die aber (natürlich) ausbleibt. Das letzte Stück eines Projekts namens OBJEKT4 (Schweden) rauschte ohne bleibenden Eindruck vorbei, erinnert aber etwas an VROMB.

Fazit: Leider ist bis auf AGNIVOLOK kaum ein Projekt dabei, das wirklich auf ganzer Linie überzeugen kann. CD 2 ist jedoch durch Projekte wie BISCLAVERET und SHINING VRIL deutlich spannender. CD 2 entzieht sich allerdings auch streng genommen einer Bewertung, für Klangcollagen dieser Art gibt es keinen nachvollziehbaren Maßstab. Immerhin wird es hier etwas „isländisch“ und man kann sich wenigstens vorstellen, dass EINAR JONSSON-Skulpturen die Hauptinspiration darstellten. Wer gerne Monat für Monat viel Geld für Tonträger ausgibt, kann sich auch ohne bleibenden Ärger diesen Sampler zulegen. Alle anderen eher nicht.
Sollte man ein gesteigertes Interesse an NWOPDA haben, lohnt sich der Sampler aber durchaus als Überblick. NWOPDA? Tja, was mag das sein? Es ist die "New Wave Of Polish Dark Ambient". Warum betreiben neuerdings so viele Polen Dark-Ambient Projekte? Ist der Black Metal langweilig geworden? Nase voll von NSBM? – Aber zum lustig machen eignet sich das gar nicht so, denn zumindest die hier vertretenen ARTEFACTUM, HOARFROST und BISCLAVERET sind durchaus talentiert und gut!

 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» EINAR JONSSON Museum


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Kommentare
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zebaoth
Antonius Ignatius (02-05-2008, 18:03)
Nur eine kleine Anmerkung (ja, ich weiss, es ist ein ganz alter Artikel, aber leider habe ich ihn erst jetzt gelesen).

So, der Person hinter Zebaoth ist GAR NICHT gleich mit dem Person hinter Battlenoise-Buch (und Kriegsfall-U, und Mozgalom usw.) Lieber kann man "die Lösung" um Our God Weeps suchen...

Zusammenfassung
"... where tattered clouds are stranding"

Doppel-CD Sampler zu Ehren des isländischen Bildhauers EINAR JONSSON mit Projekten wie BELBORN, VON THRONSTAHL/HERR, CAWATANA, AELDABORN und vielen polnischen Dark Ambient-Projekten. Mittlere Qualität.

Inhalt
Verpackung in speziellem Hochformat. Leider nur ein Photo einer JONSSON-Skulptur.

BELBORN, COLD FUSION, STORM OF CAPRICORN, LARRNAKH, WESTWIND, WEIHAN, ZEBAOTH, CAWATANA, H.E.R.R./VON THRONSTAHL, AELDABORN, KAMMER SIEBEN, HOROLOGIUM, AGNIVOLOK, RUKKANOR.

ARTEFACTUM, HOARFROST, KADAVER, ROSE ROVINE E AMANTI, WACH, SIMULACRA, GANDOLFS GEDANKEN, SHINING VRIL, GREGORIO BARDINI, SITRA AHRA, ECHO WEST, BISCLAVERET, OBJEKT4

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