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Roy L.

SAINT JOAN: The Wrecker's Lantern

one winter evening...


SAINT JOAN: The Wrecker's Lantern
Genre: Folk (-Rock)
Verlag: Camera Obscura
Erscheinungsdatum:
Mai 2007
Medium: CD
Preis: ~16,00 €
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Ich glaube, es wird früher oder später langweilig, wenn ich jedes Mal so einsteige, aber: bei SAINT JOAN handelt es sich wieder einmal um eine Entdeckung des ehrwürdigen PTOLEMAIC TERRASCOPE-Fanzines, das unlängst und nun unter amerikanischer Flagge zurückgekehrt ist. Die  inzwischen lang zurückliegende EP „One At Twilight“, die mit einer faszinierenden Mischung aus intellektuellem New Wave und Düster-Folk begeisterte, brachte der britischen Band einen Auftritt beim legendären TERRASTOCK Festival ein, das 2006 von dem wahnsinnig vielbeschäftigten JEFFREY ALEXANDER (THE IDITAROD, BLACK FOREST / BLACK SEA, SECRET EYE) veranstaltet wurde. In kürzester Zeit war damit eine Verbindung zur internationalen „Weird Folk“ -Szene hergestellt und als das australische Kultlabel CAMERA OBSCURA ankündigte, sich dem lang überfälligen Debüt von SAINT JOAN anzunehmen, herrschte bei mir ein selten harmonisches Gefühl, dass sich alles im Universum einmal an seinem rechten Platz einfinden wird.
„The Wrecker's Lantern“ ist ein über mehrere Jahre gewachsenes Werk. Die meisten der hier vorliegenden Lieder wurden bereits zum Terrastock-Auftritt zum besten gegeben und das epische Kammerstück „December“ dürfte Anhängern des Terrascope-Klans noch vom Begleit-Sampler der Ausgabe #32 bekannt vorkommen. Stilistisch ist der Sprung vom Quasi-Demo „One At Twilight“ dann auch nicht riesengroß, man hat nur in Sachen Songwriting viel dazugelernt und sicher hat in den Jahren dazwischen ein paar Mal der Himmel über London geblutet, es gab Gewitter und kalte Jahreszeiten, und wahrscheinlich auch kaffeetrunkene Blicke in die regnerische Nacht. Jaja, „The Wrecker's Lantern“ ist auch wieder eines der schmerzlichen Alben. Am Anfang spielt es noch die schöne Unbekannte, die unschuldig Leuchtkäfer im Dunkeln zählt und sich ein bisschen verlassen und verloren fühlt, dann verdüstern sich die Blicke und der Tonfall bekommt etwas Verlockend-Gefährliches, Geheimnisvolles, wie ein kunstvolles Horrormärchen oder ein Griff in den Sagenschatz der keltischen Tradition. Geschichten von Schiffbrüchigen, Vereinsamten, Verbitterten und Verirrten schwirren mit abendländisch-existenzialistischer Tristesse vorüber. Eine altmodische Art von Romantik liegt in der Luft, aber diese Luft ist auch kühl und voller Zweifel, eine langsame Winternacht, mit funkensprühendem Schneefall. Die Stimme von ELLEN MARY McGEE lässt einen dabei ruhlos im Zimmer umhergeistern. Dieser schattige, kehlige Hauch, der derbe britische und dennoch irgendwie elegante Akzent... Und trotzdem ist alles so unglaublich unspektakulär. Es ist ja nur ganz normale Musik. Und ja, das ist es auch - aber gut, dass es so ist.
Was SAINT JOAN musikalisch machen, lässt sich auf die eingängige Formel runterkochen, dass es hier um eine Verquickung von klassischem Folk-Rock mit wavigen, nahezu post-punkigen und countryesken Einflüssen geht. Am Ende haben sie einen Klang vorliegen, der, obwohl er sicher nicht schwierig zu synthetisieren ist, ganz ihr eigener zu sein scheint. Sicher taucht dann in den Liedern ein paar Mal das leicht zerbrechliche Porzellan der TINDERTSICKS auf oder ein bisschen schmeckt das ganze auch nach den alten TREES in ihren düstersten Momenten. Das (musikalische) Düstersein zumindest mag ein hauptsächliches Attribut der Band sein. Neben der nostalgischen weißt-du-noch-wie-wir-letztes-jahr-einsam-durch-die-nacht-spazierten Stimmung von „The Wrecker's Lantern“ würde selbst NICK CAVE wie ein Gute-Laune-Reggae-Rastafari wirken.
Aber vielleicht gehe ich mit dieser Beschreibung jetzt in eine Richtung, die eigentlich nicht wirklich suffizient ist, vor allem, weil SAINT JOAN nicht nur einfach bloß „emotionale“ Gitarrenmusik für depressive Jugendliche ist. Denn die Leute, die hinter diesem Album stehen, sind erwachsen, haben einen exzellenten Musikgeschmack und sind letztlich gut ausgebildete Musiker. Das merkt man auch, sonst würde nicht jeder einzelne Titel auf dieser CD für sich sprechen können, sonst würde man sich keine psychedelischen Gitarrensolos leisten können und die Geige würde sich nicht so häufig in den Vordergrund wagen und sich anmaßen, die Songstrukturen selbst in die Hand zu nehmen. Aber all das geschieht auf diesem Album, und dann brennen plötzlich Schiffe weit draußen auf dem Meer und der Mond schaut zu und muss an JOY DIVISION denken.
SAINT JOAN sind gerade deshalb interessant, weil sie keine Indie- oder Post-Rock-Langweiler sind, weil unter der melancholischen und herzzerreißend schönen Oberfläche eine ganz subtile, unmathematische Aggressivität brodelt. Bescheiden in den Ausmaßen aber dramatisch im Detail, erwischt einen das Album mit seiner überweltlichen Tragik. Man verweilt an ausgetrockneten Flüssen, man schleppt sich schweigsam durch die letzten Tage des Jahres und am Wegesrand winken manchmal die Labelkollegen von GOBLIN MARKET, deren romantischer, präraffaelitischer Geistergeschichtenstil einen ähnlichen Hang zum 19. Jahrhundert aufweist.
Ich möchte es jetzt nicht weiter ausdehnen, und nur noch ganz kurz emotional werden: ich kann mir seit mehreren Monaten nicht mehr vorstellen, dieses Album irgendwann nicht mehr zu spielen. „The Wrecker's Lantern“ liefert herrlichen Rohstoff für durchwachte Nächte und lädt immer wieder und immer wieder zum verträumten Kerzenrunterbrennenlassen ein. Mit ihrem Kreuzungsversuch von warmem und naivem Folk und kalter „nothing goes“ Post-Hippie-Attitüde haben sie im Jahr 2007 die denkbar beste Wahl getroffen und vielleicht werden das vor allem Hörer zu schätzen wissen, die sich schwer tun bei der Entscheidung, ob sie IAN CURTIS lieber mögen als SANDY DENNY, oder umgekehrt.

 
Roy L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Saint Joan
» Camera Obscura
» Saint Joan @ MySpace


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Zusammenfassung
"The Wrecker's Lantern" ist eine dunkle Schönheit, die mit atemberaubender Stimme von Schiffbrüchigen und Verirrten erzählt und von Anfang bis Ende gefangen nimmt. Geheimnisvoll und gefährlich, zwischen Folk-Rock und New Wave schwankend und definitiv einer der Glanzpunkte des vergangenen Jahres.

Inhalt
Moths And Dragonflies
Singing Bowl
Satellites
The Four Last Things
Fire At Sea
Gone
Far Away
Every Street Light
December
Untitled

46min

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