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Dominik T.

Die Henochischen Schlüssel

Tol Cormpt Norz Norz Norz


Die Henochischen Schlüssel
Genre: Ritual
Verlag: Index-Verlag
Medium: Hörbuch-CD
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„Henochisch“, die Sprache der Engel, vermutlich dürften die meisten schon einmal etwas davon gehört haben, deshalb nur als Einstieg das Wichtigste: Besagtes „Henochisch“ ist eine konstruierte Sprache, die im 16. Jahrhundert dem Astrologen und Mathematiker DR. JOHN DEE (1527-1608) bzw. seinem Medium EDWARD KELLEY (1555-1594) am Hofe von Queen ELIZABETH I. angeblich durch Engel während spiritistischen Sitzungen übermittelt wurde. Von diesen Sitzungen berichtet sehr schön der Roman „Der Engel vom westlichen Fenster“ (1927) von GUSTAV MEYRINK (1868-1932).
„Henochisch“ heißt sie, weil die Engel in dieser Sprache mit dem biblischen Henoch kommuniziert haben sollen. Henoch erfuhr in dieser Sprache so allerhand, unter anderem den wahren Namen Gottes, insofern wundert es nicht, dass das Henochische nicht nur Mittel der Kommunikation ist, sondern auch kabbalistisches Wissen in der Sprache enthalten sein soll, d.h. bestimmte einzelne Sätze der Henochischen Sprache fungieren innerhalb abendländisch-mystischer Emanationslehren als „Schlüssel“, anhand derer man die Stufen des Seins erklimmen kann, in der Regel dargestellt durch den kabbalistischen Weltenbaum (Sephiroth).
DR. JOHN DEE zeichnete alles nach Anweisung seines (allerdings wenig Vertrauen erweckenden) Mediums EDWARD KELLEY auf. Ergebnis war ein hochkomplexes, okkultes System mit festen Regeln und damit korrespondierenden Täfelchen und Diagrammen. Auf JOHN DEE gehen neunzehn henochische Texte zurück, diese werden eben als „Rufe“ oder „Schlüssel“ bezeichnet. Mit den ersten achtzehn Schlüsseln „ruft“ man die vier Elemente, mit dem längsten, dem neunzehnten, Schlüssel dann die 30 „Aethyre“, das sind die „Schichten“, hinter denen sich Gott verbirgt. Wie bereits angedeutet: Der Laie muss eigentlich nur verstehen, dass das alles Mystik ist, ein Weg zur Vereinigung mit Gott wird gesucht, der höchsten Seinsebene. Philosophisch gesprochen soll die Subjekt/Objekt-Spaltung aufgehoben werden. In traditioneller Magie-Auffassung ist das „das Große Werk“, nach dem der Magier allein streben sollte.
Von all dem abgesehen, kann man natürlich auch das Sammelsurium henochischer Wörter (es gibt ein Wörterbuch) auf andere Weise sinnvoll zusammensetzen, das ist dann aber nur eine linguistische Spielerei und der Wortschatz ist auch relativ beschränkt, „Ich muss mal aufs Klo“ wird man kaum auf Henochisch sagen können.
Die „Henochische Magie“ wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom HERMETIC ORDER OF THE GOLDEN DAWN weiter verfeinert und natürlich auch der diesem Orden entstammende ALEISTER CROWLEY beschäftigte sich exzessiv damit. Das „Henochische“ ist somit, spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts Einzelheiten dazu in frei erhältlichen Büchern publiziert wurden, ein fester Bestandteil des modernen, westlichen Okkultismus. Stark zur Popularisierung der Sprache dürfte aber vor allem ANTON SZANDOR LAVEY, der Gründer der CHURCH OF SATAN, beigetragen haben. „Ausgerechnet der“, dürften traditionalistisch eingestellte, „seriöse“ Magier sagen, denn wenn LAVEY und seine Anhänger etwas definitiv nicht sind, dann Mystiker, also Leute, die sich zum Zwecke der Selbstauslöschung mit irgendeiner höheren Macht vereinen möchten.
LAVEY nahm die „Henochischen Schlüssel“ in seine „Satanic Bible“ einfach deshalb mit auf, weil ihn der Klang dieser Sprache faszinierte. Sie finden sich im letzten Teil der „Satanic Bible“, dem „Buch Leviathan“ in Henochisch und in einer von LAVEY besorgten Pantasie-Übersetzung abgedruckt. Er schreibt in der Einleitung dazu: „Im Henochischen führt die Kombination der Bedeutung der Wörter und ihrer akustischen Eigenschaften zu einem Klangmuster, das in der Atmosphäre zu gewaltigen Reaktionen führen kann. Der barbarische Toncharakter dieser Sprache verleiht ihr einen wahrhaft magischen Effekt, der unbeschreiblich ist.“ Im Klartext: LAVEY bereinigte die „Schlüssel“ von allem mystischen Brimborium und benutzte sie allein aufgrund ihres dramatisch-spukigen Effekts. Davon abgesehen übernahm er jedoch mehr oder weniger die „Schlüssel“ des GOLDEN DAWN, er deutete „nur“ als „Satanist“ alle christlichen Konnotationen ins „Satanische“ um, beispielsweise ersetzte er konsequent im henochischen Text „Gott“ durch „Satan“. Das Ergebnis ist dadurch recht kurios, weil LAVEY natürlich auch den „Schlüsseln“ einen eigenen, anti-mystischen „satanischen Sinn“ zuordnete und somit die angebliche englische „Übersetzung“ des Henochischen reine satanische Phantasie ist. Als Witzbold und BOYD RICE-Mentor, hatte LAVEY natürlich auch eine gewisse Schwäche für „Politische Unkorrektheiten“, jedenfalls schummelte er in die Übersetzung des 18. Schlüssels sogar noch ein Hauch von „Faschismus“ rein. Dort heißt es: „Oh du mächtiges Licht und brennende Flamme des Trostes, die du den Ruhm Satans dem Mittelpunkt der Erde enthüllst; in dem die großen Geheimnisse der Wahrheit ihren Satz haben; welche in deinem Königreich „Kraft durch Freude“ genannt wird.“. Die deutsche Übersetzung der „Satanic Bible“ hat hier leider fehlerhaft „Stärke durch Freude“ übersetzt, obwohl im englischen Original „Strength Through Joy“ steht und an anderer Stelle deutlich wird, dass LAVEY natürlich die 3. Reichs-Konnotation dieses Begriffs bewusst einsetzt.


 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» CHURCH OF SATAN
» INDEX VERLAG
» Henochische Sprache@Wikipedia


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Zusammenfassung
Henochisch ist die "Sprache der Engel" & ein kompliziertes, okkultes System. LaVey (Church Of Satan) nutzte den dramatischen Effekt der Sprache für seine Psychodrama-Riten.
Das Hörbuch bietet erstmalig die vollständigen 19 Schlüssel in der satanischen LaVey-Variante.

Inhalt
57:34 Minuten Spielzeit

1. Henochischer Schlüssel
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12-seitiges Booklet, dennoch nur spärliche Infos zur "Sprache der Engel" enthalten. Dazu dann Auszüge der LaVey-Phantasieübersetzung bzw. Sinngebung in Englisch/Deutsch - kein Henochisch abgedruckt.
Kurze Info zum Sprecher FRATER EREMOR.
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