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Roy L.

BACKWORLD: Good Infection

US-Neofolker stellen ihr neues Album in Leipzig vor


BACKWORLD: Good Infection
Genre: Neofolk
Verlag: Discalcula
Erscheinungsdatum:
Mai 2007
Medium: CD
Preis: ~13,99 €
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JOSEPH BUDENHOLZER hatte sich in den letzten Jahren ziemlich rar gemacht. Nach der Veröffentlichung der beiden in Schottland entstandenen EPs „Seeds Of Love“ und „All That Remains“ hüllte sich der gottesfürchtige, schwarzgekleidete Herr in bedächtiges Schweigen. Inzwischen ist BUDENHOLZER wieder nach New York zurückgekehrt, um mit einer neuen Schar von Musikern die Arbeiten an dem Langzeitprojekt „Good Infection“ endlich abzuschließen.
Im Grunde handelt es sich bei diesem um das erste richtige Album seit „Of Silver Sleep“ und so steht es musikalisch auch wieder eher in der Tradition des klassischen BACKWORLD-Stils, der durch den lockeren 60er Akustik-Pop-Touch der EPs nur kurz, aber umso aufregender unterbrochen wurde.
Innerhalb der Neofolk-Szene ist BACKWORLD immer recht stiefmütterlich behandelt worden. Ab dem zweiten, spätestens dritten Album hat Budenholzer seinen Weg in verträumten, sanften Folk-Pop-Kompositionen gefunden, denen sich manches lagerfeuerromantikerprobte Ohr leider verschloss. Heute führt BACKWORLD jedoch mehr als nur eine Randexistenz im Strudel der WORLD SERPENT-Hinterlassenschaften, die Band hat sich genussvoll in die Herzen treuer Liebhaber geschlichen und gehört eher der eleganten, intelligenten und inspirierten Seite der Szene an.

So verwunderte es auch nicht, dass sich am Abend des 12. Mai nur sehr wenige ‚Die Hard’-Uniformträger in die Schaubühne Lindenfels verirrten. In dem anmutigen historischen Theatersaal herrschte eine angenehm entspannte und niveauvolle Atmosphäre. Wer hier eintrat, wusste, was ihm geboten werden würde. Der Leipziger DJ Dark Sounds hatte BACKWORLD den einzigen Deutschlandauftritt auf ihrer diesjährigen Europatour abringen können, was mit einem nahezu gänzlich ausgefüllten Saal belohnt wurde. Auf der Bühne standen Keyboard und Flügel bereit, man erwartete, in den Rängen der Schaubühne sitzend, der Stimmung nach immerzu,ein klassisches Orchester in Abendgarderobe. Am Ende war man freilich trotzdem nicht enttäuscht, dass „nur“ eine dreiköpfige Pop-Band unter den gespannten Blicken des Publikums in den Saal trat. Pianistin MEAGAN PALMER, Violinst ZEF NOISE und MAYA HARDINGE am Bass spielten ein kurzes Intro, dann wagte sich BUDENHOLZER, ein „Ordinary Man“ in schwarzem Hemd, selbst auf die Bühne.
Er, der Sänger, der Troubadour, der Priester und Sünder, der Gott auf so vielen Pilgerpfaden verleugnet und wiedergefunden hatte, er grub tief in den dunklen Kammern seiner Vergangenheit und brachte – wer hätte es für möglich gehalten – gleich zum Auftakt das archaische „Holy Fire“ zum Vorschein. So begann der Auftritt überraschend temporeich und steuerte auf ein gediegenes Kontrastspiel von elegisch-sanften und hymnischen Songs zu. Der ausgegrabenen Relikte folgten noch viele, „Heaven’s Gate“, „Leaving The Isles Of The Blessed“ und „Season Of Sacrifice“ kamen dem Publikum mit souveräner Vertrautheit entgegen. Für mich persönlich konnte erst das bekanntermaßen sehr ruhige „The Tide“ das Eis brechen. Hier verschlangen die gezupften Saiten und MEAGANs weicher Tastenanschlag einander auf dem weichen Streicherteppich und für einen Moment schien das Konzert tatsächlich ästhetische Gipfel zu erstürmen. Prozession der Schönheit und feinerer Sinne. Für die folgenden Minuten war die Schaubühne, wie vermutlich einstmals, Hort der hohen Künste und des gehobenen Geschmacks. Es lag unendlich viel wohltuende Besänftigung der Seelen darin, wie man sie auf Szenekonzerten nur selten geniest.
Das reguläre Set schloss mit der würdig gealterten Hymne „Come With Joy“, die sich diesmal nicht allzu episch ausnahm, aber nichtsdestotrotz der größte Hit der Band bleibt. Der zurecht lautstarke Beifall ermunterte die vier Musiker zu mehreren Zugaben, unter denen sich an erster Stelle das lang erwartete „The Devil’s Plaything“ befand. Es ist eines der zeitlosen, monumentalen Gänsehautlieder im Repertoire BACKWORLDs, aber an diesem Abend vermisste man schmerzlich den bittersüßen Charme einer ROSE McDOWALL, die BUDENHOLZER früher bei so manchem Konzert begleitet hatte. Die letzten beiden Lieder des Abends trug BUDENHOLZER allein mit seiner Gitarre vor, die nicht seine eigene war, weil ihm selbige gleich zu Beginn der Tour in einem Taxi verlustig ging. Er meisterte sein Saitenspiel dennoch problemlos und besonders bei „After The Fall“ schien der Soloauftritt vom Zauber des Schlichten erfüllt zu sein. Im Geiste fügten sich dann die fehlenden Instrumente wie von selbst zusammen und füllten die freien Räume aus. Ein schöner Beweis, dass auch folkloristische Populärmusik durchaus mehr sein kann, als bloße Unterhaltung.

In diese ganze überraschende Ansammlung so vieler älterer Lieder war dann eine Handvoll von Titeln des neuen Albums „Good Infection“ verwoben worden, die allesamt nicht sonderlich herausstachen. Das liegt zum einen daran, dass „Good Infection“ den Pfad von „Of Silver Sleep“ und „Anthems From The Pleasure Park“ äußerst geradlinig fortführt und zum anderen an der immer etwas verschwommen wirkenden Seichtheit dieser Musik.
Die CD glänzt mit nahezu fünfzig Minuten währenden Subtilitäten, zerbrechlichen Metaphern, verzauberten Bildern, süßlich melancholischen Balladen, die BUDENHOLZER immer so weit gelingen, dass man sie irgendwann einfach mitträllern muss. Gerade „Lady Of Sorrows“ ist ein so unverwechselbar typisches BACKWORLD-Stück, dass man fast darauf hätte verzichten können. In manchen Passagen und ausgerechnet zu Beginn des Albums vermengen sich Gitarre, Piano und Streicher zu einer dickflüssigen Suppe, die sich nur auszulöffeln lohnt, weil man weiß, dass man bei BACKWORLD automatisch höhere Ansprüche stellt und am Ende trotzdem nichts als wunderbare, virtuos arrangierte Musik herauskommt. Dennoch hatte die trockene „All That Remains“-Platte hier mehr Esprit, mehr selbstoffenbarenden Songwriter-Tiefgang. Der Schmerz schien bei unvergleichlich großen Liedern wie „Ordinary Man“ und „Be A Friend“ einfach ehrlicher, aufrichtiger. Wenn die Bassistin MAYA HARDINGE, die für „Good Infection“ auch einige Texte beisteuerte, auf dem neuen Album singt und ihre zugegeben etwas zu dünn und zerbrechlich geartete Stimme mit den Schmeicheleien der Instrumente konkurrieren will, beschleicht einen manchmal das beängstigende Gefühl kurzzeitiger Belanglosigkeit. Es schwindet, zugegeben, immer sehr rasch, denn was BACKWORLD nach wie vor ausmacht, das sind die gewissen Momente – meist sind sie im Refrain platziert – in denen, wie von Geisterhand geführt, alles langsamer zu werden und die Welt sich in Zeitlupe zu drehen scheint. Es liegt ein bisschen was von leisem Schneefall in Zeilen wie „dream on the shore, we drift as if in sleep before we rise“ oder „these frail illusions that dance before our eyes, they shed a light that pierces deep into our side“, die Worte rieseln sanft zu Boden und auf dem Grund der Seele atmen sie weiter und mehren sich. Es sind diese Augenblicke, in denen deutlich wird, warum sich BACKWORLD so innigst ins Herz schließen lässt, auch wenn der Rest mal mehr, mal weniger wie eine Wiederholung und Wiederauffrischung alter Themen auf hohem Niveau anmutet, in der selbst so illustre Gastauftritte, wie der von ISOBEL CAMPBELL ziemlich unmerklich untergehen.
Aber das ist im Grunde alles nur Haarspalterkritik eines viel zu treuen Anhängers, der sich natürlich bewusst ist, dass „Good Infection“ ein wiederum feines, ästhetisches Werk geworden ist, das sich in ruhigen Abendstunden sehr vorteilhaft entfalten kann und dann zu einer wohligen Hörerfahrung wird. Und außerdem sind da mit „Three Reflections“ und „The Infection“ noch zwei Stücke, dank derer sich das Album blind von „Of Silver Sleep“ unterscheiden lässt. Ersteres ist ein schöner luftig-lockerer Akustikpop-Song, zur Abwechslung mal etwas surreal und zynisch, ein bisschen wie NICK DRAKE und SIMON & GARFUNKEL in einen Topf geworfen. Bei „The Infection“ dagegen passiert etwas völlig Befremdliches: das Lied erinnert zunächst an die orientalisch-okkulte Frühphase und das Debütalbum „Holy Fire“, aber dann zeigt sich die E-Gitarre doch mehr rockig und treibend als düster und verklemmt. Das ganze nimmt samt Schlagzeug sogar für BACKWORLD inzwischen selten gewordene Uptempo-Formen an und steuert auf einen ekstatischen Exorzismus zu. Neofolk goes Christian-Rock, oder so ähnlich. Hoffen wir, dass es die Welt retten wird, oder wenigstens eine einzelne arme Seele in diesen düsteren, düsteren Zeiten.


 
Roy L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Backworld
» Backworld @ MySpace

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Zusammenfassung
Nach den beiden lockeren Songwriter-EPs setzt „Good Infection“ nun wieder den Pfad der vorangegangenen Alben fort. Manchmal allzu seicht, manchmal allzu vertraut, aber dennoch ein ästhetischer Hochgenuss mit den gewissen Momenten. Folk-Pop und christliche Mystik. Immer eine Empfehlung wert.

Inhalt
New Light
Come Sunday Morn
Gentle Rain
Lady Of Sorrows
Damaged Angel
Between Two Worlds
Seeds Of Love
Immaculate Child
Divine Love Befalls
Three Reflections
What Lies Behind
The Infection

48min

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