 |
Michael We.
ANTRABATA: Elephant Reveries
Trip Hop-Erweiterungs-Set aus Frankreich
Kategorie: Rezension
Erstellt: 16.05.2007
Wörter: 594
Artikelbewertung:
Noch keine abgegeben

Diese CD ist ein seltenes Ereignis, denn sie ist nahezu jungfräulich, ebenso wie die Band. Soll heißen: Die Musik von ANTRABATA ist - bis jetzt - so unbekannt, dass kaum jemand darüber geschrieben hat. Vergleiche mit anderen Musikern, Verweise auf Besonderheiten der Songtexte - Fehlanzeige. Auch das Label PRIKOSNOVÉNIE hält sich vornehm zurück: Ein paar Worte über Melancholie, Harmonie und die Trip Hop-Kultur Londons, das ist alles. Eine schwierige Situation einerseits, denn alle schönen Geschichten, mit denen man sonst einen Artikel anreichern kann, fallen weg. Andererseits wird diese Rezension zwar kürzer, aber sie konzentriert sich dafür auf die Musik, und die ist ja schließlich das Wichtigste. Die raren Infos sind schnell aufgezählt: ANTRABATA besteht aus drei Musikern, die in Paris leben und arbeiten. FEMKE LAVRIJSSEN (eine gebürtige Niederländerin) schreibt die Texte und singt (englisch), DELPHINE DELAHAYE spielt Flöte, und der Multiinstrumentalist RÉGIS AUBERT macht den Rest (unter anderem Gitarre, Trompete, Cello, Mandoline und Sitar). Die CD kann im Regal durchaus unter 'Trip Hop' einsortiert werden, denn die Grundelemente sind da: Die Langsamkeit mit wenigen Beats Per Minute, die melancholische Stimmung - die meisten Songs passen gut zu einem Regentag - und eine ätherische, schwebende Frauenstimme, wie sie ja Hauptbestandteil fast aller Projekte von PRIKOSNOVÉNIE ist. FEMKE LAVRIJSSEN klingt ein wenig nach BJÖRK und ein wenig nach SKYE EDWARDS von MORCHEEBA, sie hat eine dieser leuchtenden Stimmen voller Timbre und versteht es also, den Hörer zu umschmeicheln. 'Elephant Reveries' ist aber nicht nur eine beliebige Genreveröffentlichung mit toller Stimme, sondern erweitert den klassischen Trip Hop nach dem Baukastenprinzip um zusätzliche Bestandteile: Die schon erwähnte Flöte, die in manchen Songs zum Einsatz kommt, verleiht ANTRABATA einen JETHRO TULL-Prog-Rock-Schimmer, und die Trompete liefert einen Hauch von Cool Jazz. Am auffälligsten ist aber die Sitar, die immer wieder eingewoben wird und blitzschnell die Brücke zwischen dem Club in London und der Bar in Bombay, zwischen Trip Hop und Ethno schlägt. Wäre Trip Hop in den 1970er Jahren erfunden worden, so hätte er geklungen - weitgehend mit akustischen Instrumenten eingespielt, immer wieder improvisierend, lebendig, hippieesk und viel cooler und relaxter als manche Bands heute mit ihren elektronischen Spielereien. Auf der Homepage von PRIKOSNOVÉNIE gibt es einige Songs des Albums zum Anhören, zum Beispiel gleich den Opener 'Please Repeat After Me', auf dem FEMKE LAVRIJSSEN am meisten nach (einer souligen) BJÖRK klingt. Ein Trompeten-Opening, ein einfacher Schlagzeugbeat, ein mit langen Pausen gezupfter Bass, ein Cello und ein Flötensolo lassen innerhalb von drei Minuten vergessen, was man eigentlich gerade noch erledigen wollte, und dieses wohlige, entspannte Gefühl setzt ein, als ob man sein Tagwerk schon erledigt hätte und es draußen langsam dunkel wird. Track 6, der 'Bar Song', ist eines der traurigsten und gleichzeitig musikalisch härtesten Lieder der CD. Piano, Flöte und E-Gitarre wiederholen immer denselben Dreiklang, von oben nach unten, dazu trauert die Stimme von FEMKE LAVRIJSSEN ('Other people's laughter echoes the solitude'). Mein Highlight auf 'Elephant Reveries' ist 'Pinpoint' (3): Fast alle hier schon aufgezählten Einzelteile (bis auf die Sitar) werden darin mühelos miteinander verbunden, und es entsteht ein Song, in dem man vor Nostalgie und Melancholie vergehen kann. Am Ende stehen ein paar schwächere Lieder, auf denen ANTRABATA nicht genau zu wissen scheinen, wohin sie eigentlich wollen, eine folkige Ballade zum Beispiel, die einfach aus dem Rahmen fällt, aber das macht nichts. 'Elephant Reveries' ist trotzdem ein hörens- und unterstützenswertes Debüt, schön verziert mit einem Digipack der PRIKOSNOVÉNIE-Künstlerin SABINE ADELAIDE. Wenn ANTRABATA weiter an ihrem einzigartigen Trip Hop-Stil arbeiten und die (wenigen) eher halbherzigen Versuche auf der kommenden Veröffentlichung weglassen, könnte das nächste Album eine Referenz werden.
Bitte bewerte den Artikel fair und nach sachlichen Gesichtspunkten. Deine Stimme gibt dem Redakteur eine wichtige Rückinformation über seine Arbeit.
Verweise zum Artikel:
» ANTRABATA @Myspace
» Label-Künstlerin ADELAIDE
Themenbezogene Artikel:
» Old Celtic & Nordic Ballads
» VARIOUS: Berceuses Des Fées
» VARIOUS ARTISTS: Effleurement
Themenbezogene Newsmeldungen:
» Zwei neue Sampler auf PRIKOSNOVÉNIE
» Zweite 'Nacht der Feen' von PRIKOSNOVÉNIE
» Neuer Labelsampler von PRIKOSNOVENIE
» 'Nacht der Feen' in Frankreich
» Neuer Labelsampler von PRIKOSNOVÉNIE
Anzeige:
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers bzw. Interviewpartners wieder. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Betreiber dieser Seite.
*Du bekommst max. eine Nachricht pro Woche mit allen neuen Artikeln.
Du kannst die Wochenschau jederzeit abbestellen.
Das Spartenmagazin für authentische Musik...
Seit dem ersten Januar 2007 ist das Musik- und Kulturmagazin NONPOP offiziell auf Sendung.
NONPOP richtet seinen Fokus auf jene Themen, die im Niemandsland zwischen Mainstream und Subkultur nur mäßig oder nie in ihrer gesamten Vielgesichtigkeit ausgeleuchtet werden.
Talentierte Redakteure gesucht...
Du wolltest schon immer professionell über die Themen schreiben, die Dich ganz besonders interessieren und Deiner Meinung nach zu wenig beachtet werden? Trotz Deiner Fachkenntnis bist Du wissbegierig und neuen Themen gegenüber aufgeschlossen? Dann wollen wir gern mehr von Dir erfahren!
Erfahrungen sammeln...
Als Redakteur profitierst Du bei uns von der Arbeit mit einer professionellen Autorensoftware, der Hilfe einer Lektorin und dem Fachwissen aller Redakteure. Für den praktischen Einstieg werden Dir zudem wichtige Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt. Innerhalb der Redaktion steht man sich jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
Eine Idee verwirklichen…
NONPOP ist ein unkommerzielles Magazin. Es ist uns daher nicht möglich, Autorengehälter zu zahlen. Als Mitarbeiter erhältst Du jedoch kostenfreie Rezensions-Exemplare, Akkreditierung zu bestimmten Veranstaltungen und natürlich wertvolle journalistische Erfahrungen. Wirke mit an einer gemeinsamen Idee!
Schreib uns...
Für einen ersten Eindruck reicht eine formlose und kurze Vorstellung mit einem kleinen Überblick zu Deinen musikalischen & kulturellen Schwerpunkten und ein aussagekräftiger Probetext. (Das Thema kann frei gewählt werden.) Wenn Du bereits eine genaue Vorstellung davon hast, an welcher Stelle Du Dich bei uns besonders einbringen kannst, schreib das bitte gleich dazu.
Sollte eine regelmäßige Mitarbeit für Dich nicht in Frage kommen, kannst Du auch als freier Redakteur beim Magazin mitarbeiten.
(Werde Online-Redakteur bei NONPOP!)
Bitte kontaktiere uns über unser Kontaktformular.
Um die Funktion vor Mißbrauch zu schützen, ist es nur registrierten Mitgliedern möglich, diesen Artikel zu bewerten. Bitte logge Dich ein.
Um die Funktion vor Mißbrauch zu schützen, ist es nur registrierten Mitgliedern möglich, diesen Artikel zu kommentieren. Bitte logge Dich zuerst ein.
|
Zusammenfassung
Eine - noch - unbekannte Band aus Paris liefert ein exzellentes Trip Hop-Album ab. Das Paket aus toller Frauenstimme, ungewöhnlicher Instrumentierung (u.a. Sitar und Flöte) und melancholischem Weltschmerz passt zusammen. Der nächste Regentag kommt bestimmt!
Inhalt
01 Please repeat after me
02 You and me
03 Pinpoint
04 White elephant
05 Miss encyclopedia
06 Bar song
07 Venice
08 Painful bliss
09 Antrabata
10 Kaleidoscope
11 Summer optimism
12 Mirror song (voor Tom)
NONPOP RADIO
Nonpop Radio starten:
Hier
Ebay- Angebote zum Thema:
Prikosnovénie
|