Michael We.
ANTRABATA: Elephant ReveriesTrip Hop-Erweiterungs-Set aus Frankreich
Genre: Trip Hop
Verlag: Prikosnovénie Vertrieb: Prikosnovénie Erscheinungsdatum: Mai 2007 Medium: CD Preis: ~14,00 € Kaufen bei: Prikosnoveni... Diese CD ist ein seltenes Ereignis, denn sie ist nahezu jungfräulich, ebenso wie die Band. Soll heißen: Die Musik von ANTRABATA ist - bis jetzt - so unbekannt, dass kaum jemand darüber geschrieben hat. Vergleiche mit anderen Musikern, Verweise auf Besonderheiten der Songtexte - Fehlanzeige. Auch das Label PRIKOSNOVÉNIE hält sich vornehm zurück: Ein paar Worte über Melancholie, Harmonie und die Trip Hop-Kultur Londons, das ist alles. Eine schwierige Situation einerseits, denn alle schönen Geschichten, mit denen man sonst einen Artikel anreichern kann, fallen weg. Andererseits wird diese Rezension zwar kürzer, aber sie konzentriert sich dafür auf die Musik, und die ist ja schließlich das Wichtigste. Die raren Infos sind schnell aufgezählt: ANTRABATA besteht aus drei Musikern, die in Paris leben und arbeiten. FEMKE LAVRIJSSEN (eine gebürtige Niederländerin) schreibt die Texte und singt (englisch), DELPHINE DELAHAYE spielt Flöte, und der Multiinstrumentalist RÉGIS AUBERT macht den Rest (unter anderem Gitarre, Trompete, Cello, Mandoline und Sitar). Die CD kann im Regal durchaus unter 'Trip Hop' einsortiert werden, denn die Grundelemente sind da: Die Langsamkeit mit wenigen Beats Per Minute, die melancholische Stimmung - die meisten Songs passen gut zu einem Regentag - und eine ätherische, schwebende Frauenstimme, wie sie ja Hauptbestandteil fast aller Projekte von PRIKOSNOVÉNIE ist. FEMKE LAVRIJSSEN klingt ein wenig nach BJÖRK und ein wenig nach SKYE EDWARDS von MORCHEEBA, sie hat eine dieser leuchtenden Stimmen voller Timbre und versteht es also, den Hörer zu umschmeicheln. 'Elephant Reveries' ist aber nicht nur eine beliebige Genreveröffentlichung mit toller Stimme, sondern erweitert den klassischen Trip Hop nach dem Baukastenprinzip um zusätzliche Bestandteile: Die schon erwähnte Flöte, die in manchen Songs zum Einsatz kommt, verleiht ANTRABATA einen JETHRO TULL-Prog-Rock-Schimmer, und die Trompete liefert einen Hauch von Cool Jazz. Am auffälligsten ist aber die Sitar, die immer wieder eingewoben wird und blitzschnell die Brücke zwischen dem Club in London und der Bar in Bombay, zwischen Trip Hop und Ethno schlägt. Wäre Trip Hop in den 1970er Jahren erfunden worden, so hätte er geklungen - weitgehend mit akustischen Instrumenten eingespielt, immer wieder improvisierend, lebendig, hippieesk und viel cooler und relaxter als manche Bands heute mit ihren elektronischen Spielereien. Auf der Homepage von PRIKOSNOVÉNIE gibt es einige Songs des Albums zum Anhören, zum Beispiel gleich den Opener 'Please Repeat After Me', auf dem FEMKE LAVRIJSSEN am meisten nach (einer souligen) BJÖRK klingt. Ein Trompeten-Opening, ein einfacher Schlagzeugbeat, ein mit langen Pausen gezupfter Bass, ein Cello und ein Flötensolo lassen innerhalb von drei Minuten vergessen, was man eigentlich gerade noch erledigen wollte, und dieses wohlige, entspannte Gefühl setzt ein, als ob man sein Tagwerk schon erledigt hätte und es draußen langsam dunkel wird. Track 6, der 'Bar Song', ist eines der traurigsten und gleichzeitig musikalisch härtesten Lieder der CD. Piano, Flöte und E-Gitarre wiederholen immer denselben Dreiklang, von oben nach unten, dazu trauert die Stimme von FEMKE LAVRIJSSEN ('Other people's laughter echoes the solitude'). Mein Highlight auf 'Elephant Reveries' ist 'Pinpoint' (3): Fast alle hier schon aufgezählten Einzelteile (bis auf die Sitar) werden darin mühelos miteinander verbunden, und es entsteht ein Song, in dem man vor Nostalgie und Melancholie vergehen kann. Am Ende stehen ein paar schwächere Lieder, auf denen ANTRABATA nicht genau zu wissen scheinen, wohin sie eigentlich wollen, eine folkige Ballade zum Beispiel, die einfach aus dem Rahmen fällt, aber das macht nichts. 'Elephant Reveries' ist trotzdem ein hörens- und unterstützenswertes Debüt, schön verziert mit einem Digipack der PRIKOSNOVÉNIE-Künstlerin SABINE ADELAIDE. Wenn ANTRABATA weiter an ihrem einzigartigen Trip Hop-Stil arbeiten und die (wenigen) eher halbherzigen Versuche auf der kommenden Veröffentlichung weglassen, könnte das nächste Album eine Referenz werden.
Michael We. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » ANTRABATA @Myspace » Label-Künstlerin ADELAIDE Themenbezogene Artikel: » Old Celtic & Nordic Ballads » VARIOUS: Berceuses Des Fées » VARIOUS ARTISTS: Effleurement Themenbezogene Newsmeldungen: » Zwei neue Sampler auf PRIKOSNOVÉNIE » Zweite 'Nacht der Feen' von PRIKOSNOVÉNIE » Neuer Labelsampler von PRIKOSNOVENIE » 'Nacht der Feen' in Frankreich » Neuer Labelsampler von PRIKOSNOVÉNIE
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Zusammenfassung
Eine - noch - unbekannte Band aus Paris liefert ein exzellentes Trip Hop-Album ab. Das Paket aus toller Frauenstimme, ungewöhnlicher Instrumentierung (u.a. Sitar und Flöte) und melancholischem Weltschmerz passt zusammen. Der nächste Regentag kommt bestimmt!
Inhalt
01 Please repeat after me
02 You and me 03 Pinpoint 04 White elephant 05 Miss encyclopedia 06 Bar song 07 Venice 08 Painful bliss 09 Antrabata 10 Kaleidoscope 11 Summer optimism 12 Mirror song (voor Tom) |