|
Claudia K.
DENVER GENTLEMEN: Introducing
Denver devoted
Kategorie: Rezension
Erstellt: 15.03.2007
Wörter: 797
Artikelbewertung:
positiv:100% negativ:0%
Dürfen wir vorstellen - die DENVER GENTLEMEN. Obwohl ursprünglich zuerst im Jahr 1995 aufgenommen und erstmals 2001 bei ABSALOM RECORDINGS, Kanada, veröffentlicht, ist die „Introducing“ aktuell wieder frisch aus der Presse zu haben: Als Re-Issue des amerikanischen Labels SMOOCH RECORDS, seines Zeichens Heimat von zahlreichen Vertretern des sogenannten Denver-Sound. Die Rede ist mit 16 HORSEPOWER (und Nachfolger WOVEN HAND) von den inzwischen wohl populärsten Protagonisten dieser Richtung - aber auch von Bands wie LILIUM, TARANTELLA und MUNLY (mit und ohne seine LEE LEWIS HARLOTS), sowie den hierzulande unbekannteren DEVOTCHKA, SLIM CESSNA´S AUTO CLUB und, ganz neu, ANDREW DOUGLAS ROTHBARD, dessen Debut „Abandoned Meander“ kürzlich erschienen ist.
Die Geschichte dieser Bands und ihres Labels ist schon fast die Geschichte einer musikalischen Familie, zwischen deren einzelnen Zweigen im Laufe der Zeit ein reger Austausch stattgefunden hat. So vermögen die vielen Namen und die interpersonellen Verknüpfungen beim Lesen auf den ersten Blick zu verwirren:
Ursprüngliche Gründer der GENTLEMEN – the original gentlemen - waren im Jahr 1988 DAVID EUGENE EDWARDS (das apokalyptische Mastermind von 16 HORSEPOWER UND WOVEN HAND) und JEFFREY-PAUL NORLANDER. Als EDWARDS die Gruppe 1991 verließ, um 16 HORSEPOWER zu gründen, erhielt NORLANDER zunächst Verstärkung von SLIM CESSNA und FRANK HAUSER JR. – die sich allerdings kurz darauf wieder selbstständig machten, um den AUTO CLUB zu gründen. Schließlich wurde auch NORLANDER selbst in Richtung von 16 HORSEPOWER abtrünnig und legte die GENTLEMEN zunächst auf Eis. Als er 2001 schließlich 16 HORSEPOWER verließ, taute er sein ehemaliges Projekt wieder auf und ließ es mit Hilfe einiger Musiker von DEVOTCHKA, sowie SHARON G. als weiblicher Stimme wieder neu erstehen (Mitglieder fast aller anderen Gruppen waren inzwischen auch schon dabei) und veröffentlichte nun auch endlich die „Introducing“, das bereits 1995 live im Bug Theater Denver aufgenommene Debütalbum der GENTLEMEN.
Bei all diesen personellen Verknüpfungen wundert es so wenig, dass es klangliche Ähnlichkeiten gibt. So ist die Verwandschaft dieses frühen GENTLEMEN-Albums zu 16 HORSEPOWER nicht zu bestreiten - mehr noch, durch den Wechsel NORLANDERs von einer Band zur anderen bedingt sind fünf Tracks des dritten 16 HORSEPOWER-Albums „Low Estate“ eigentlich GENTLEMEN-Songs. Zwei davon, „The Denver Grab“ und „The Lord, he speak to me“, erscheinen auch auf der „Introducing“. So liefern die GENTLEMEN mitreißenden amerikanischen Country-Folk, der traditionelle amerikanische Folklore mit Cabaret-, Jazz- und Gospelelementen, Schausteller- und Karusselmusik mischt. Das Ergebnis ist auch durchaus dazu angetan, um gedanklich die Holzdielen eines Tanzbodens beben zu sehen – dabei aber auch melancholisch und düster genug. So wechselt das Tempo zwischem mitreißenden, polkaartigen Fegern, rauchigen Cabaret-Stücken und melancholischen Balladen; Stücke, zu denen die damaligen Mitglieder der GENTLEMEN - JEFFREY-PAUL, VALERIE TERRIE, DAVID WILLEY, MARK McCOIN und JON STUBBS - sich die Gesangparts zuwerfen. Und auch das Hufgetrappel und etwas Country-Schmalz (allerdings sehr dezent eingesetzt) zum richtigen Westernsound fehlen nicht. Rauer Charme und verrauchte Atmosphäre sind angesagt mit Klavier, Akkordeon, Posaune, Bassgeige und Glockenspiel. Herausragend: „Mid-Day Merry-Go-Round“, in dem ein Chorus mit Posaunenuntermalung den Refrain des White-Gospels „What a Friend we Have in Jesus“ zum Besten gibt. Balladenhafter wird es bei „The Legs of Polka“ – nur etwas später fliegen aber schon wieder die Fetzen auf Klavier und Akkordeon, wobei „That certain kind of women“ tatsächlich einen Hauch von Irish Folk an sich zu haben scheint. Back to Cabaret heißt es anschließend bei „Holiday“, ehe mit dem schwermütigen „All My Lady's Women“ die Lichter gelöscht werden.
Gothic-Cabaret (irgendwie ein blöder Begriff, aber die GENTLEMEN benutzen ihn selbst, daher ist er wohl sanktioniert), dazu fallen einem wohl an erster Stelle die Bostoner DRESDEN DOLLS ein, die unter diesem Label in letzter Zeit zu einiger, auch kommerzieller, Bekanntheit gelangt sind. Und obwohl es den GENTLEMEN an der charismatischen weiblichen Stimme einer AMANDA PALMER fehlt, so muss man, zumindest nach dem letzten Album der DRESDEN DOLLS, sagen: Die DENVER GENTLEMEN sind irgendwie authentischer. Rauer, kantiger und schleppender, ein wenig rauchig und dreckig, weniger perfekt und weniger kommerziell geglättet als die „Yes, Virginia“ der DRESDEN DOLLS – und obwohl keine Mrs. PALMER dabei ist, die teilweise wie irre vibrierenden, irgendwie fibrigen Stimme der GENTLEMEN, allen voran diejenige von JEFFREY-PAUL NORLANDER, sind eigentlich an sich schräg genug. Auch wenn es vielleicht etwas klischeehaft ist: Es fällt nicht schwer, sich zu dieser Musik in staubige Einöden, etwas heruntergekommene Präriestädte und schäbige Saloons versetzt zu fühlen. Das mögen kulturelle Stereotypen sein - aber sie passen ganz hervorragend. Ein lebendiges und mitreißendes Album, dessen schnelle Polka- und rauchigen Cabaret-Rhythmen unwillkürlich zum Mitwippen bringen, das dabei dennoch immer auch Wehmut ausstrahlt. Musik für Tanzböden in der Einöde, für den letzten Saloon kurz vor dem Rand der Welt – oder zumindest für einen verrauchten Club mit gedämpften Licht, zersprungenen Lampenschirmen und dreckigen Gläsern.
Aktuell arbeiten die DENVER GENTLEMEN an ihrem dritten Album, das in diesem Jahr aufgenommen werden soll.
Bitte bewerte den Artikel fair und nach sachlichen Gesichtspunkten. Deine Stimme gibt dem Redakteur eine wichtige Rückinformation über seine Arbeit.
Verweise zum Artikel:
» The Denver Gentlemen
» The Denver Gentlemen Myspace
» Smooch Records
» Smooch Records Myspace
Anzeige:
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers bzw. Interviewpartners wieder. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Betreiber dieser Seite.
*Du bekommst max. eine Nachricht pro Woche mit allen neuen Artikeln.
Du kannst die Wochenschau jederzeit abbestellen.
Das Spartenmagazin für authentische Musik...
Seit dem ersten Januar 2007 ist das Musik- und Kulturmagazin NONPOP offiziell auf Sendung.
NONPOP richtet seinen Fokus auf jene Themen, die im Niemandsland zwischen Mainstream und Subkultur nur mäßig oder nie in ihrer gesamten Vielgesichtigkeit ausgeleuchtet werden.
Talentierte Redakteure gesucht...
Du wolltest schon immer professionell über die Themen schreiben, die Dich ganz besonders interessieren und Deiner Meinung nach zu wenig beachtet werden? Trotz Deiner Fachkenntnis bist Du wissbegierig und neuen Themen gegenüber aufgeschlossen? Dann wollen wir gern mehr von Dir erfahren!
Erfahrungen sammeln...
Als Redakteur profitierst Du bei uns von der Arbeit mit einer professionellen Autorensoftware, der Hilfe einer Lektorin und dem Fachwissen aller Redakteure. Für den praktischen Einstieg werden Dir zudem wichtige Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt. Innerhalb der Redaktion steht man sich jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
Eine Idee verwirklichen…
NONPOP ist ein unkommerzielles Magazin. Es ist uns daher nicht möglich, Autorengehälter zu zahlen. Als Mitarbeiter erhältst Du jedoch kostenfreie Rezensions-Exemplare, Akkreditierung zu bestimmten Veranstaltungen und natürlich wertvolle journalistische Erfahrungen. Wirke mit an einer gemeinsamen Idee!
Schreib uns...
Für einen ersten Eindruck reicht eine formlose und kurze Vorstellung mit einem kleinen Überblick zu Deinen musikalischen & kulturellen Schwerpunkten und ein aussagekräftiger Probetext. (Das Thema kann frei gewählt werden.) Wenn Du bereits eine genaue Vorstellung davon hast, an welcher Stelle Du Dich bei uns besonders einbringen kannst, schreib das bitte gleich dazu.
Sollte eine regelmäßige Mitarbeit für Dich nicht in Frage kommen, kannst Du auch als freier Redakteur beim Magazin mitarbeiten.
(Werde Online-Redakteur bei NONPOP!)
Bitte kontaktiere uns über unser Kontaktformular.
Um die Funktion vor Mißbrauch zu schützen, ist es nur registrierten Mitgliedern möglich, diesen Artikel zu bewerten. Bitte logge Dich ein.
Um die Funktion vor Mißbrauch zu schützen, ist es nur registrierten Mitgliedern möglich, diesen Artikel zu kommentieren. Bitte logge Dich zuerst ein.
|
Zusammenfassung
Mit "Introducing" bringt Smooch Records eine Wiederveröffentlichung des 2001 erschienenen Debütalbums der DENVER GENTLEMEN heraus, das bereits im Jahr 1995 erstmals aufgenommen wurde.
Inhalt
01. When the Lord, He Speak to Me
02. The Blue Parrot
03. Mid-Day Merry-Go-Round
04. Little Darlin'
05. W
06. The Denver Grab
07. The Potters Field Special
08. Vulture Girl
09. The Legs of Polka (For Jeremy)
10. That Certain Kind of Woman
11. Holiday
12. All My Lady's Women
NONPOP RADIO
Nonpop Radio starten:
Hier
Ebay- Angebote zum Thema:
Denver Gentlemen
|