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Michael We.

SHRINE: The Final Asylum

Vertonte Science-Fiction-Kurzgeschichten vom Balkan


SHRINE: The Final Asylum
Genre: Dark Ambient
Verlag: Corvus Records
Vertrieb: Corvus Records
Erscheinungsdatum:
2006
Medium: CD
Preis: ~13,00 €
Kaufen bei: GRAU


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Hinter dem Dark-Ambient-Projekt SHRINE steckt der bulgarische Webdesigner HRISTO GOSPODINOV. Dass er seine erste CD ausgerechnet rein elektronisch eingespielt hat, verwundert. Eigentlich besitzt HRISTO die besten Voraussetzungen, um sich in das eher folk-orientierte Programm von CORVUS RECORDS einzureihen. Bis vor ein paar Jahren hat er mit Leidenschaft den klassischen Balkan-Dudelsack und andere akustische Instrumente gespielt, außerdem wohnt er mitten in der Natur – in Weliko Turnovo, der mittelalterlichen Hauptstadt Bulgariens, angeblich dem schönsten Ort auf dem Balkan. Über der Stadt (mit etwa 70.000 Einwohnern) thront ein altes Kastell auf einem Hügel, mittendurch fließt die Jantra. Wer bei HRISTO direkt Musik bestellt, kann sich das alles ansehen: Er legt eine Daten-CD mit rund 200 Fotos von Weliko Turnovo und Umgebung bei. An Ambient-Musik hat den DEAD CAN DANCE-Fan schon immer fasziniert, dass sie kein „Gesicht“ hat: „keine hippen Frisuren, kein Make-Up, keine Symbole dahinter – nur Töne“. Endgültig zur elektronischen Musik von SHRINE haben ihn im Jahr 2003 Bilder eines befreundeten Malers gebracht, die sich mit der Verschmelzung von Mensch und Maschine befassen. HRISTO hatte damals – eher zufällig durch seine Arbeit bedingt – auch gerade die richtige Hard- und Software zur Hand. Seitdem experimentiert er mit „fields of drifting“, wie er es nennt, mit elektronischen Soundteppichen ohne Vocals.

„The Final Asylum“ malt Bilder von einer metallischen, düsteren Welt, in der von unseren heutigen Gebäuden nur noch Ruinen stehen, in der Maschinen herrschen und Menschen in Gefängnissen leben. Fünf Geschichten werden erzählt, in denen metallene Pflanzen auftauchen, mechanische Vögel und künstliche Sonnen. Dass das Album dennoch über weite Strecken eher melancholisch und traurig als apokalyptisch klingt ("melancholy is the perfect state of mind", Zitat HRISTO GOSPODINOV), liegt dann vielleicht doch an der schönen Umgebung, in der es entstanden ist. Auch das schicke Artwork des Digi-Faltcovers zeigt eher moderne Industrie-Fotokunst als den Weltuntergang. Die fünf Tracks sind jeweils zwischen fünf und neun Minuten lang. Alle entwickeln sich langsam, beginnen mit einem Ton oder Geräusch und schwellen dann an. Track 1 fühlt sich wie ein Flug über Ruinen an, irgendwo in der Ferne läuten Glocken einer stehen gebliebenen Kirche. In Track 2 tönt die im Titel versprochene Stimme des Propheten, die (natürlich) Unheil ankündigt. Track 3 beruhigt mit künstlichen Gärten und Naturelementen, bevor es dann in Track 4 wie durch einen Maschinenpark mit Surren und Stampfen zum Finale geht, zu Track 5, dem düstersten und verwirrendsten Stück auf dem Album. Alle Songs sind dunkel, gleichzeitig aber sehr erdig und organisch, mit einem Unterton von Schmerz. Damit erinnern sie dann doch irgendwie an traditionelle Balkan-Folklore mit traurigen Bläsern und klagenden Stimmen - Dark Folk ohne Akustik-Instrumentierung. Eine generelle Empfehlung für diese Musik ist schwierig: Dark-Ambient-Freunde werden die CD wahrscheinlich per se mögen. Menschen, die gerne die düsteren Zukunftsvisionen von PHILIP K. DICK lesen und auf den passenden Science-Fiction-Soundtrack dazu gewartet haben (so wie ich), werden die CD lieben – denn sie ist nichts anderes als ein Science-Fiction-Roman- oder -Film für die Ohren, eine vertonte „Blade Runner“-Hommage vielleicht. Allen, die auf der Suche nach dem ganz besonders Außergewöhnlichen sind, wird die Musik vielleicht zu solide und brav erscheinen.

In diesem Jahr (2007) soll ein neues SHRINE-Album erscheinen, auf dem HRISTO seinen Auftritt mit RAISON D'ÊTRE verarbeitet, den er kürzlich in Sofia hatte. Was danach kommt, ist offen – den Projektnamen hat er sich nicht nur deshalb ausgesucht, weil in Weliko Turnovo einige Schreine aus vergangenen Jahrhunderten stehen und er sich für Religion und Geschichte interessiert. „Vor allem ist der Name nicht mit einem bestimmten Musikstil oder einer bestimmten Strömung verknüpft. Ich muss mich also nicht umbenennen, wenn ich etwas anderes machen will als elektronische Musik.“ Wer sich auf „The Final Asylum“ einstimmen möchte, kann sich ein Drei-Track-Album von SHRINE anhören („Harmony, Bliss, Rust“), das das Online-Label MIRAKEL MUSIK kostenlos zur Verfügung stellt und das etwa zeitgleich mit dem hier besprochenen entstanden ist.


 
Michael We. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» SHRINE-Online-Album
» SHRINE Myspace

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» SHRINE: Nihil
» SHRINE: Somnia
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Zusammenfassung
Die Zukunft gehört den Maschinen! Das bulgarische Projekt SHRINE hat einen Sciene-Fiction-Film fürs Ohr eingespielt, in dem mechanische Vögel und metallene Pflanzen die Hauptrolle spielen. Elektronischer Dark-Ambient, metallisch, organisch, melancholisch und nur selten apokalyptisch.

Inhalt
1. Binary Creation (07.55)
2. The Prophet And The Source (8.35)
3. The Cellular Gardens Of The New Eden (5.02)
4. Unnatural Way (7.20)
5. The Promised Oblivion (9.11)
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