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Micha W.

SIEBEN: High Broad Field

Stagnation auf hohem Niveau


SIEBEN: High Broad Field
Genre: Neofolk
Verlag: Trisol
Erscheinungsdatum:
Oktober 2006
Erstellt: 24.01.2007
Preis: ~21,00 €
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Den Wirbel um MATT HOWDEN respektive sein Projekt SIEBEN habe ich lange Zeit nur schwer bis überhaupt nicht nachvollziehen können. Sicher, der Herr weiß ganz meisterlich mit der Violine umzugehen, doch spätestens wenn er in vergangenen Tagen zum Mikrophon griff, zeigte sich klar, dass er eben nur an zweiter Stelle Sänger war und (zumindest partiell noch) ist. Dieses musikalische Unbehagen gegenüber dem Engländer schwellte erst mit "Sex and Wildflowers" ab und verschwand endgültig mit dem wunderschönen "Ogham Inside the Night", sodass ich dem neuen Album sogar mit einer gewissen Erwartungshaltung und Vorfreude entgegensah - einer Erwartung, die nur bedingt erfüllt wurde, und einer Freude, die nicht ungetrübt blieb. Das mag jetzt dramatisch klingen, darf aber keinesfalls als Verdammung oder Ausdruck tiefer Enttäuschung verstanden werden, denn dazu ist das Album einfach von viel zu hoher Qualität.
 
Eigentlich kommt diese Rezension ein gutes Vierteljahr zu spät, denn zu was "High Broad Field" den Hörer einlädt, ist ein ausgedehnter Spaziergang in einem Altweibersommer, der alles hat, was man von ihm erwarten darf: einen milden Abend und Sonnenstrahlen, die warm durch das bereits gold gefärbte Blätterdach des Waldes fallen, den man gerade in gedankenverlorener Einsamkeit oder trauter Harmonie mit einem nahen Freund durchschreitet, während man sich einmal mehr innerlich vor dem Wunder des ewig Zyklischen in Staunen verbeugt. Das neue Album des Engländers atmet den Herbst mit jeder Note, jeder einzelnen Sekunde, und schwelgt in der letzten Wärme eines verrinnenden Sommers, der sich ein letztes Mal seines unausweichlichen Endes zu erwehren sucht, bevor Kälte, Sturm und Regen endgültig hereinbrechen.

Dieses Moment bittersüßen Schwindens fängt "High Broad Field" gekonnt ein und 'funktioniert' auf dieser Ebene auch vollkommen. Sein eigentliches Problem ist weniger, dass es nicht seinem Eigenanspruch gerecht würde oder aus dem Wust mittelmäßiger und klischeebeladener Veröffentlichungen hervorzustechen wüsste (das genaue Gegenteil ist der Fall), sondern vielmehr, dass man das Meiste von "High Broad Field" bereits gehört hat - und zwar auf "Ogham Inside the Night". Einmal mehr begleitet MATT HOWDENs erdiger Gesang geloopte Violinen, die wie eh und je im Zentrum der Musik stehen; einmal mehr bedient sich der Engländer diverser Gastmusiker, die verschiedentlich zu hören sind, und einmal mehr wird eine doch eher beschwingte Atmosphäre evoziert. Wenn sich das aktuelle Album vom Vorgänger abhebt, dann durch sein insgesamt etwas getragener daher kommendes  Liedgut. Die Vielzahl der Nuancen, das breite Spektrum verschiedener Emotionen, das auf "Ogham…" noch zu hören war, weicht auf der aktuellen Veröffentlichung einer eher nachdenklichen, für SIEBEN-Verhältnisse geradezu wehmütigen Stimmung, die das Album dominiert, ohne dabei langweilig zu werden. Das Manko ist eben kein mangelndes Können oder fehlendes Talent, sondern schlicht die allzu nahe Anlehnung an bereits Veröffentlichtes. So bleibt nichts anderes übrig, als einem für sich allein stehend sehr guten Album zu attestieren, dass es vor allem eines ist: Stagnation auf hohem Niveau. Zwar mag "High Broad Field" hoch über dem 'gemeinen Neofolk-Album' thronen, doch untergräbt es seine erhabene Position durch die unüberhörbare Nähe zum Vorgänger.

Die Bonus-DVD nimmt sich eher bescheiden aus und enthält einen Film des Portugiesen JOAO PAULO SIMOES, der sich zuvorderst der englischen Natur widmet. Untermalt von der Musik des aktuellen SIEBEN-Werkes wird dem britischen Wald eingehend Beachtung geschenkt, ein Unterfangen, das zwar mit teilweise wirklich schönen Bildern aufwarten kann, über die ganze Länge allerdings ein wenig uninspiriert wirkt.


 
Micha W. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Offizielle Internetpräsenz Matt Howdens

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Bonus-DVD
Micha W. (25-01-2007, 18:21)
Klar, das Video in seiner Gesamtheit hätte man sich wirklich schenken können, doch hat es meines Erachtens dennoch den einen oder anderen gelungenen Augenblick - zwar rar gesät, aber trotzdem: es ist nicht alles an dem Film vergebens. An drei, vier Minuten von den über fünfzig fand ich durchaus Gefallen, was zwar alles andere als eine berauschende Ausbeute ist, doch ist es genau das, was ich mit 'ein wenig uninspiriert' meinte, zumal alles ein wenig sehr willkürlich wirkt...
hmm...
Andreas P. (24-01-2007, 20:29)
also ich muss sagen, dass ich den film ziemlich mies finde. naturaufnahmen kann ja schließlich jeder machen, der eine kamera halbwegs gerade halten kann. dazu eine nackte frau durch den wald zu schicken stellt nun auch keine größere hürde mehr da in zeiten tausender sich entblätternder magergrufteusen ;-)

Zusammenfassung
Für sich allein genommen ist "High Broad Field" ein sehr gutes Album geworden, das gekonnt die sanfte Melancholie eines Altweibersommers in Szene setzt. Allerdings krankt das Werk an seiner allzu großen Nähe zum Vorgänger, auf dem jedes der hier versammelten Lieder auch hätte zu hören gewesen...

Inhalt
Disk: 1 (CD)
1. Millennia
2. Love must wax cold
3. Easy prey
4. Nature reigns
5. The Moor's runes
6. Lucifer on the moor
7. And he shall rule
8. The flood
9. Down into the earth
10. Earth's song

Disk: 2 (DVD)
1. High broad field
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