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Dominik T.

LIFELOVER: Pulver

Black Metal einmal ganz anders


LIFELOVER: Pulver
Genre: Black Metal
Verlag: Goatowarex...
Medium: CD / LP
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Das Cover ist Geschmackssache. Eine junge, nackte, nordisch aussehende Frau (erinnert etwas an das "Gogo Girl" der SATYRICON „Mother North“-Zeit) liegt blutüberströmt auf einer Blumenwiese. Damit kann diese neue schwedische Black Metal-Band schon einmal eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ebenso der Name „Lifelover“, der soll wohl die größtmögliche Abgrenzung gegenüber der neuen Black Metal-Generation demonstrieren, die glaubt mit „harten Themen“ wie „Suizid oder „NS“ in der Tradition des MAYHEMschen „no fun no mosh no core“ zu stehen, überwiegend aber nur phantasielos ist.
Weiterhin verrät ein Blick auf ihre Internetseite, dass man wohl in punkto Image tatsächlich auf Teufel komm raus entschlossen ist, Black Metal-Klischees zu meiden. Dort prankte nämlich bis vor kurzem noch ein ALLEN GINSBERG-Zitat, und dieser friedfertige Beatnik-Poet war bisher nicht unbedingt der weltgrößte Black Metal-Stichwortgeber. Stilsicher seltsam auch das Booklet der „Pulver“-CD mit nächtlichen Impressionen der trostlosen Stockholmer Vorstadt-Wohnsilos und einem Bandphoto: Der erste ist (schon wieder) blutüberströmt, der zweite mit SIDO-Maske, der dritte kaum erkennbar und der vierte trägt die allseits beliebte Gasmaske, was dann alles in allem schon weniger originell ist, aber gut ausschaut. Kurzum, LIFELOVER bemühen sich schon vor aller Musik redlich, sich als gelangweilte Generation X-Jugendliche aus Stockholm zu inszenieren, die wohl den ganzen Tag nichts anderes tun als sich schlecht zu ernähren, auf Drogen zu sein und gemeinsam Pornos zu schauen. Die Texte sind allesamt auf Schwedisch verfasst, um den Teufel geht es wahrscheinlich weniger, eher handeln sie vom Leben in Schweden, und das mit einer rotzig-frustrierten Haltung, die etwas an den alten MAYHEM-Spruch erinnert, den sie auf ihrem ersten Demo abdruckten: „Norway?, can someone lend us a bomb?“
Nach soviel, vielleicht auch etwas bemüht wirkendem, Imageaufbau, ist man natürlich auf ihre Art der Black Metal-Interpretation gespannt. Und tatsächlich: Man kann vermelden, dass LIFELOVER auch musikalisch erfolgreich um eine sehr eigene Identität bemüht sind. Ihr Metal ist im melodischen Midtempo-Galopp angesiedelt, Ausbrüche aus diesem gibt es nicht. An den sehr prägenden Bassläufen und an dem „laisser faire“-Schlagzeuspiel lässt sich eine deutliche Beeinflussung durch JOY DIVISION und VELVET UNDERGROUND heraushören. Häufig ist auch ein wirklich mit Absicht billig-nokturnal und etwas nach RICHARD CLAYDERMAN klingendes E-Piano und auch oft zum Ausklang der Stücke ein schunkeliges Schifferklavier im Einsatz. Die Stimme krächzt und geht einem relativ Black Metal-typisch durch Mark und Bein, sie wirkt jedoch auch nicht „böse“, sondern eher gequält, ein bisschen als hätte der Sänger Glassplitter verschluckt und so eigentlich gar nicht singen wollte. Wahrscheinlich wurde durch ein Verzerrer technisch etwas nachgeholfen. Sowieso ist die Produktion leicht krächzend-überklar, es fehlen etwas die tiefen, beruhigenden Töne und alles wirkt grell, wenn nicht gar übersteuert. Daran muss man sich erst gewöhnen. Mit obskuren Samples und verzerrten „Noise-Industrial“- Einlagen wird zusätzlich für Abwechslung gesorgt. Teilweise fühlt man sich richtig an solche Kultprojekte wie LILLE ROGER, JANITOR, DEUTSCH NEPAL, wenn nicht gar an LEATHER NUN erinnert, das generelle Image weist ja auch etwas in diese "wir sind aus Schweden und etwas Bekloppt"-Richtung, aber ich will nicht verwirren: LIFELOVER sind klar eine Black Metal-Band mit der Betonung auf „Headbanging Metal“. „M/S Salmonella“, vielleicht der Hit der CD, erinnert sogar richtig stark an so einen alten METALLICA-Kracher wie „Seek And Destroy“, Respekt. 
Bei all dem sind LIFELOVER nun auch nicht so originell oder ausgereift, wie die bisherige Beschreibung vielleicht vermuten lässt, aber irgendwie schaffen sie es, einen positiv einzunehmen. Es ist eine klare Vision erkennbar, die einen als Hörer wild entschlossen macht, ihren Weg weiter zu verfolgen.
Abschließend soll nicht verschwiegen werden, was Kennern der Materie nun eh klar sein dürfte. Es gibt genau eine andere Band im Black Metal-Genre, die früher schon genau den gleichen Weg eingeschlagen haben wie LIFELOVER, und das sind ihre Landsleute von WOODS OF INFINITY. Ich weiß nicht, ob zwischen beiden Bands eine Freundschaft entstanden ist, aber es ist fast anzunehmen. Ihr Anliegen und ihr Auftreten sind einfach so ähnlich, dass man von „Brüdern im Geiste“ sprechen kann. Im Hintergrund beider Gruppen wirken natürlich noch die genialen FORGOTTEN WOODS bzw. JOYLESS, die die ersten waren, wenn es darum ging, jene berühmte laid-back-Melancholie der VELVET UNDERGROUND mit Black Metal zu verbinden, doch das sollte man sich für eine andere Rezension aufheben.
WOODS OF INFINITY sind im Vergleich zu LIFELOVER auf ihrem visionären Weg noch weiter fortgeschritten bzw. ausgereift, außerdem aggressiver, dahingegen sind LIFELOVER dann doch einen Tick radikaler in ihrem Versuch, Stilgrenzen aufzuweichen und den JOY DIVISION-Bass zu spielen. Trotz all dieser Besonderheiten ist „Pulver“ dennoch geradezu witzig, fast immerzu Headbanging-kompatibel, klingt widersprüchlich, aber es ist so!
Lustig auch, dass LIVELOVER sich bei einigen ihrer melodischen Riffs recht dreist beim KATATONIA-Album „Brave Murder Day“ bedient haben. Jenes Werk von 1996 ist bekannt als Brückenalbum zwischen dem KATATONIA-Herzschmerz-Black Metal der Frühzeit und ihrem späteren Alternative Rock/Gothic Metal-Stil, darüberhinaus ganz klar das beste KATATONIA-Album, das sie auch garantiert nicht mehr toppen werden. Gerade dieser Ideenklau wirkt aber bei LIFELOVER irgendwie clever, weil durch die sonstige Präsentation nun wirklich keine Verwechslungsgefahr besteht. Vielleicht käme so etwas ähnliches wie LIFELOVER heraus, wenn ROGER KARMANIK, LINA BABY DOLL oder gleich die BRAINBOMBS "Brave Murder Day" geremixt hätten.
„Pulver“ erschien bereits im Sommer 2006 auf dem australischen Spezialistenlabel für seltsamen Black Metal GOATOWAREX. Das neue LIFELOVER-Album „Erotik“ erscheint schon sehr bald bei den Landsleuten von TOTAL HOLOCAUST. Wer ihre Vision des VU/JOY DIVISION-Black Metals interessant findet, kann nicht anders, als sich eine wunderbare Steigerung auf einem potenziell verdammt richtigen Weg zu erhoffen!

 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» LIFELOVER
» LIFELOVER Myspace

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» LIFELOVER-Gründungsmitglied "B" ist tot

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Zusammenfassung
Von JOY DIVISION und VELVET UNDERGROUND beeinflusster Black Metal. Melodisch, dennoch "krank" und keinesfalls gothisch.
Erinnert auch an WOODS OF INFINITY oder "Brave Murder Day"-KATATONIA.
Obskur, sehr schwedisch und gut, wenn auch kein Meisterwerk.

Inhalt
LP version by Northern Sky Productions


1. Nackskott 03:16
2. MS Salmonella 05:00
3. Mitt Oppna Oga 03:32
4. Karlek - Becksvart Melankoli 04:44
5. Vardagsnytt 02:50
6. Avbrott Sex 02:07
7. Stockholm 04:13
8. Söndag 03:16
9. Herrens Hand 02:45
10. Medicinmannen 00:43
11. Nasta Gryning 06:25
12. En Sang Om Dig 03:40

Total playing time 42:31

Normales Jewel Case, 18-seitiges Booklet mit allen Texten (auf Schwedisch) und seltsamen, obskuren Bildern. Stockholm bei Nacht, Das Meer, eine Fähre, ein U-Bahn Schacht, nackte Frauen...
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