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Markus B.
AURAL RAGE/DANNY HYDE (COIL)
A Nature Of Nonsense
Kategorie: Rezension
Erstellt: 15.01.2007
Wörter: 981
Artikelbewertung:
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Musikproduzenten sind maßgeblich am kreativen Herstellungsprozess von Alben beteiligt und obwohl sie in der Regel stets im Hintergrund arbeiten, drücken sie doch jeder Produktion unwillkürlich ihren Stempel auf. So auch im Fall von DANNY HYDE alias AURAL RAGE, der den Sound von COIL durch diverse Remix- und Produktionsarbeiten spürbar veränderte. Am ehesten hörbar vielleicht im 1991er Werk „Love’s Secret Domain“, in welchem HYDE der Band einen tanzflächentauglichen Groove verpasste. Sein erstes im Alleingang entstandenes Album ist seit 2005 erhältlich und kann über seine Webseite erworben werden.
Referenzen zu COIL-Songs sind praktisch in jedem der elf Stücke zu finden, wobei es sich recht schwierig gestaltet, diese im Einzelnen herauszuhören. Offensichtlich wird es bei dem Titel, den HYDE zusammen mit PETER CHRISTOPHERSON schrieb: „Nasahara Arab“, eine Neufassung von „Nasa Arab“ vom Nebenprojekt COIL VS ESKATON 001 (ebenfalls in einer kürzeren Version auf der „Stolen And Contaminated Songs“ enthalten). Allerdings war „Nasa Arab“ schon damals ein Langweiler, da kann selbst das neue Gewand im APHEX TWIN-Sound nicht mehr viel ausrichten. Ebenfalls als Füllsel zu bezeichnen ist der letzte Titel „Bats Alive“. Er wirkt leider vollkommen deplatziert, da er es einfach nicht schafft, eine Dynamik zu entwickeln, die einen guten Schlusspunkt setzt.
Dennoch ist „A Nature Of Nonsense“ eine durchweg gute und solide Produktion, die ich jedem COIL-Anhänger nur wärmstens empfehlen kann. Nicht nur weil HYDE in zwei Stücken auf die stimmlich und textlichen Qualitäten von JHONN BALANCE zurückgreift, sondern auch weil die Platte nur so vor Ideenreichtum und vielfältigen guten Arrangements und Melodien strotzt. Nicht umsonst wird HYDE über insgesamt zwei Jahre an den elf Stücken der CD gewerkelt haben. Und es kann durchaus als Konzeptalbum bezeichnet werden, da er seine dunklen Soundgefilde so geschickt mit absurden Wortfetzen und Samples verbindet, dass es den Hörer auf eine rund einstündige Achterbahnfahrt durch die gesamte Palette der menschlichen Emotionen mitreißt.
Das ist Kopfkino par excellence und sollte – wie alles aus dem COIL-Universum – in der entsprechenden Lautstärke über Kopfhörer genossen werden.
Da die einzelnen Beiträge bis auf die zwei genannten kleinen Ausrutscher ein stimmiges Gesamtbild ergeben, habe ich mich dazu entschlossen, die Songs im Folgenden einzeln unter die Lupe zu nehmen.
„Serial Flasher“ läuft gerade einmal eine knappe Minute und schon ertappt man sich dabei, rhythmisch mit dem Fuß zu wippen. Ein äußerst feiner Song mit verschiedenen Sprachsamples, die eindeutig sexueller Natur sind. Ein junger Mann lebt perverse Fantasien an einer von ihm gebauten Schneefrau aus … außerordentlich absurd, surreal und in schleppende Beats verpackt, die sofort mitreißen. Welcome to the THRESHOLD HOUSE!
„Physics is all very Good“ beginnt mit der Frage eines Reporters nach dem Ende des Universums, die er PROF. STEPHEN HAWKING stellt, dem wohl bekanntesten Astrophysiker der Neuzeit. Wer sich auch nur annähernd mit dem an ALS erkrankten Wissenschaftler befasst hat, wird unter Garantie schmunzeln, denn dieser Song lebt von der Antwort HAWKINGs mittels seines Sprachgenerators, auf den er aufgrund seiner Krankheit angewiesen ist um sich zu verständigen. "Geschmacklos", möchte man HYDE unterstellen, er baut verspielte Melodien drumherum und liefert den ersten Höhepunkt des Albums.
„Fj Nettlefold“ enthält eine der letzten Aufnahmen mit JHONN BALANCE, dessen Stimme – hier teils elektronisch verfremdet – die Geschichte der 100 Söhne des „Fj Nettlefold“ erzählt. Worum es genau geht, wusste wohl nur Balance selbst …
„Unhealthy Red“ ist eine Variation von „An Unearthly Red“ der „Coil Live Four“-CD und wurde in dieser Version (ohne Vocals) mit schnellen Jungle-Beats aufgepeppt. Notwendig war dieser frische Anstrich meiner Meinung nach nicht. „An Unearthly Red“ gehört für mich ohnehin zu den stärksten Titeln überhaupt, und ich beneide jeden, der dieses Biest von einem COIL-Song live zu Gehör bekam … "God told me to do it!"
“No one needs to notice” schaltet erstmals einen Gang zurück. Melancholischer Gesang von JOANNA DE SEYNE, getragen von einer starken Melodie und einem grandiosen instrumentalen Finale.
„A nutter at radio 3“ enthält wiederum sexuell explizite Anzüglichkeiten, gut verpackt in bedrohlich anmutende Streicherklänge, die einem ALFRED HITCHCOCK-Film entsprungen sein könnten.
„Make room for the Mushrooms“ enthält verloren geglaubte Vocals von JHONN BALANCE, die HYDE mittels moderner Prozessoren restaurieren und in diesem Song verwenden konnte. Mit einem Mal befinden wir uns im fernen Osten. Doch nur kurz, denn HYDE erhöht das Tempo, baut modulierte Sprachfetzen und meditative Stammesgesänge ein, bevor er die Atmosphäre des Stückes erneut ändert. Und zum Ende lautet das Motto dann nicht „Louder, Louder, Louder“ sondern „Faster, Faster, Faster“ …
„Athletico Tortilla“ überrascht mit klassischen Folkklängen und Klampfengezupfe, dass man in der Form nicht erwartet hätte. Natürlich ist das trotz allem kein Neofolk, der Beat dominiert zu sehr und ohne selbigen würde etwas fehlen.
„Dubya does One“ schockt zunächst mit einem GEORGE W. BUSH-Sample, doch nach anfänglichem Schrecken führt uns HYDE wieder auf den richtigen Weg, auch wenn einem einzelne Elemente dieses Stücks schon an anderer Stelle begegnet sind („Unhealthy Red“).
Das Artwork der CD ist recht schlicht gehalten und hätte eine edlere Aufmachung verdient. Im Beiheft wären ein paar Anmerkungen über den Entstehungsprozess schön gewesen, in Anbetracht der Tatsache, dass DANNY HYDE dieses Album jedoch ausschließlich über seine Webseite vertreibt und die Kosten wohl so niedrig wie möglich halten wollte, ist dies allerdings locker zu verschmerzen.
Ohne Frage ist zu erkennen, dass in diesem Werk eine Menge Arbeit und Herzblut steckt. Es gibt selbst nach mehrfachem Hörgenuss noch viel Neues zu entdecken. Der „Lady In The Radiator Song“ aus DAVID LYNCHs ERASERHEAD ist auch in einem der Stücke versteckt. Und das habe ich erst kürzlich entdeckt, obwohl ich „A Nature Of Nonsense“ bis zu diesem Zeitpunkt bereits unzählige Male gehört hatte.
P.S. Kürzlich ist via DIVINE FREQUENCY ein weiteres AURAL RAGE Remix Album namens "Sinsemilla Dreams" erschienen. Komischerweise ist es auf DANNY HYDEs Homepage bisher nicht erwähnt.
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Verweise zum Artikel:
» Aural Rage Webseite
» mp3 Hörproben
» Danny Hyde Biography
» Danny Hyde Diskography
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Zusammenfassung
Gelungenes Debütalbum des langjährigen COIL-Mitstreiters DANNY HYDE, der mit diesem Werk verdientermaßen aus dem Schatten von BALANCE/CHRISTOPHERSON hervortritt und zeigt, wie sehr er doch die Entwicklung der Band, wie wir sie heute kennen, mit seinem Stil beeinflusst hat.
Inhalt
01 – Serial Flasher (5:38)
02 – Physics is all very Good (4:23)
03 – Fj Nettlefold (mit Jhonn Balance) (7:38)
04 – Unhealthy Red (4:12)
05 – No one needs to notice (4:36)
06 – A nutter at radio 3 (5:57)
07 – Nasahara Arab (9:25)
08 – Make room for the Mushrooms (mit Jhonn Balance) (6:10)
09 – Athletico Tortilla (4:27)
10 – Dubya does One (5:41)
11 – Bats Alive (7:33)
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