Die Seite wird geladen... einen Moment bitte.
Dominik T.

LUFTWAFFE: Event Nihility

Folk The System!


LUFTWAFFE: Event Nihility
Genre: Neofolk
Verlag: Punch:-Records
Medium: CD
Kaufen bei: Amazon


Schrift vergrößern Schrift verkleinern

ALBIN JULIUS, der DER BLUTHARSCH-Vordenker, sagte einmal zu THE MOON LAY HIDDEN BENEATH A CLOUD-Zeiten in einem kultigen SIGILL-Interview etwas “Beachtliches”, das bei mir seitdem geradezu den Status einer Lebensmaxime angenommen hat. Angesprochen auf manch eine Eigenart seines Freundes BOYD RICE antwortete er sinngemäß, da er Amerikaner sei, müsse man gedanklich die Hälfte seiner Aussagen schon mal unbeachtet lassen bzw. relativieren. An diesen Satz musste ich sofort denken, als ich vor einigen Jahren erstmalig mit der Musik von LUFTWAFFE, einem „finsteren“ Yankee Martial-Neofolk Duo, in Berührung kam.
Die beiden „Men In Black“, die schon rein äußerlich ähnlich „evil“ ausschauen wie NIKOLAS SCHRECK (RADIO WEREWOLF) Ende der 80er Jahre, d.h, arisch-blonde, zurückgegelte Haare, straffe Uniform und oft Sonnenbrille, geben sich hier ähnlich seltsame Namen wie die Jungs von à;GRUMH. Der eine nennt sich "J1 StatiK", der andere "b9inVID". Dazu gibt’s dann ein fesches, selbstdesigntes Bandsymbol, das man bestimmt auch als Heckscheibenaufkleber, Armbinde und Button kaufen kann, sowie eine Musik, die ich mal galant als eine Mischung aus halbverdauten NON (BOYD RICE) der mittleren Schaffensperiode, STRENGTH THROUGH JOY, ROBERT X PATRIOT und einer „Camp“-artigen Kreisliga-Schockästhetik a la SEKTION B beschreiben würde, wenn auch LUFTWAFFE rein musikalisch mit „Industrial“ wenig zu tun haben und eher einen rockig-aggressiven Neofolkstil spiel(t)en. In anderen Worten: LUFTWAFFE sind der reinste Mumpitz, auch wenn das Anhören, das gestehe ich gerne ein, durchaus großen Spaß machen kann.
Eine weitere Angewohnheit von LUFTWAFFE war es außerdem bisher immer, zum Ankurbeln ihrer eigenen Karriere die echten „Stars“ auf ihre Tonträger einzuladen. Bisher gaben sich DOUGLAS P. (DEATH IN JUNE), RICHARD LEVY (OSTARA) und BOYD RICE, mit dem sie wohl eine besondere Freundschaft verbindet, die Ehre. Ihr BOYD RICE-Kollaborationsstück „The Cross Of Lorraine“ ist dann auch tatsächlich ganz brauchbar atmosphärisch.
Mit PUNCH haben LUFTWAFFE nun ein Label gefunden, das ein Herz für ihren Mummenschanz hat, so dass nicht mehr alles im Eigenverlag veröffentlicht werden muss. Immerhin, so wird jedenfalls auch nach außen deutlich, dass nicht nur sie selbst und BOYD RICE (remember ALBIN JULIUS), sondern auch ein seltsamer Italiener auf ihren fetzigen „fascist party“-Neofolk Stil abfahren.
Ich lege also ihr frisch erschienenes „Event Nihility“-Album ein und gehe meinem Tagewerk nach. Eine Stunde später ist die Spielzeit um. „Und, wie war’s?“, frage ich mich selbst und muss gestehen, das gar nicht so recht mitbekommen zu haben. Ich spiele sie nochmals ab und wieder geschieht das gleiche. Langsam dämmert’s mir, dass man so Musik laut aufdrehen muss, damit sie ihre Wirkung entfalten kann. Als vorläufiges Ergebnis muss jedoch vermerkt werden, dass das Album spielend leicht an einem vorbeirauschen kann, so etwas ist sicher kein Lob.
Versucht man sich dann mal zusammenzureißen und wirklich auf das Gebotene zu konzentrieren, weiß „Event Nihility“ dann doch teilweise zu gefallen. Es fällt allerdings auf, dass LUFTWAFFE etwas an Aggressivität und Fetzigkeit eingebüßt haben, stattdessen tendiert man oft recht deutlich zum Irish Folk. Vermutlich ist man hier wie viele Yankees während eines Ahnenforschungstripps auf irische Vorfahren gestoßen. „Event Nihility“ erinnert somit zwar einerseits nach wie vor etwas an NON „Gothic March Music“-Liveaufnahmen, aber unweigerlich muss auch hier der Name eines Musikers fallen, von dem sich der Rezensent selbstverständlich Gewehr bei Fuß augenblicklich distanziert: ERIC OWENS...Oh My God! 
Seltsamerweise erinnert eine der beiden LUFTWAFFE-Stimmen desöfteren überraschenderweise stark an einen etwas die Sensitivität verlierenden DAVID TIBET (CURRENT 93). Natürlich soll das nicht heißen, LUFTWAFFE hätten die Songwriter-Qualitäten eines MICHAEL CASHMORE (C93), eher meine ich die Art der Produktion, die etwas gedämpft und sogar auch ein wenig gehemmt wirkt und mich insofern an CURRENT 93s klassisches Livealbum „As The World Disappears“ (1991) erinnert, freilich mit dem Unterschied, dass das gedämpft Wirkende CURRENT 93 auf besagtem Album gut zu Gesicht steht, während man sich bei LUFTWAFFE, schon aus dem Grund, dass bis auf „Oh Coal Black Smith“ kaum musikalische Ähnlichkeiten festzustellen sind, mehr blutspritzenden Schmackes gewünscht hätte. 
Zum Glück geht es dann doch auf „Event Nihility“ nicht nur irisch zu, ab und an trällert eine Frau mit und durch viel Getrommel kann eine TERRORITMO-artige, annähernd rituelle Stimmung entfacht werden, wenn nur nicht dieser Valium-Schleier über allem läge. Ein etwas herrischeres Auftreten, mehr Disziplin und halbstarkes Gebrüll hätte ich mir gewünscht, stattdessen scheint immer mal wieder ein sowieso uneinlösbarer „Anspruch“, gar „Ambition“ durch (Flöten, zwei-, gar dreistimmiger Gesang, liebliches Gitarrengezupfe).
LUFTWAFFE wären aber nicht LUFTWAFFE, wenn nicht auch auf „Event Nihility“ ein paar Stars ihr Stelldichein geben würden. Es sind diesmal einmal mehr DOUGLAS P., der auf „The Scent Of The Vanquished“ die Klampfe spielt, während BOYD RICE auf wirklich erstaunlich ausdruckslose Weise singt (und auch Lyrik beisteuert) und es ist ihr Labelchef TAIRY von AIT!, der mit „La Rabbia E L’Orgoglio“ ein selbst komponiertes, mäßig interessantes Stück beisteuert. „The Scent Of The Vanquished“ ist dann so eine Art Senioren-Neofolk, der so aufreizend langweilig ist, dass ich gewillt bin, ihn nach masochistischer Dauerrotation schon fast wieder „cool“ zu finden, was tut man nicht alles für seine Helden...
Der wohl interessanteste Aspekt des Albums betrifft die Texte, nicht, dass die jetzt sonderlich poetisch wären, nein, das nicht, vielmehr sind sie auf eine obskure Weise richtig „old school“ apokalyptisch und kulturpessimistisch. Ich liebe das „über alles in der Welt“, und es macht einfach Spaß so etwas zu lesen, besonders wenn durchgeknallte Amis die Urheber sind. "The Indictment Of Birth" ist dabei EMILE CIORAN und "Patriarch Militant" uns DOUGLAS P. gewidmet.
Unbestätigten Gerüchten zufolge ist das Album auch inspiriert von einem ästhetisierten islamistischen Antiamerikanismus. "Lyrisch" habe ich jedoch keinen direkten Hinweis darauf entdecken können, d.h. antiamerikanistisch sind sie schon, aber „islamistische Anspielungen“ fehlen, wenn man mal von leicht angedeuteten Muezzin-Rufen absieht. Der gute TAIRY erlaubt sich allerdings die Pointe, auf seinem hier vertretenen AIT!-Stück von ORIANA FALLACI inspiriert zu sein, einer italienischen Publizistin, die gerne schon mal Muslime als „Kamelficker“ bezeichnete und dafür prompt vom Papst mit einer Audienz belohnt wurde (was ungefähr so ist, als hätte er JULIUS STREICHER eingeladen). TAIRY glaubt damit augenzwinkernd, „Event Nihility“ die richtige „ambivalente“ Würze verpasst zu haben, zum Glück sind wir Neofolker nicht verwirrt. 

Fazit: LUFTWAFFE sind immerhin richtig mit Feuereifer dabei. Es ist das Bemühen erkennbar, der Welt noch einmal so ein richtig böses old school Apocalyptik Folk-Album vor den Latz zu knallen, welches den Geist solcher Projekte wie NON, STRENGTH THROUGH JOY, ABOVE THE RUINS, ROBERT X PATRIOT und sogar CURRENT 93s „Swastikas For Noddy“ weiterträgt. Man kann bei aller Liebe nicht behaupten, dass das hier komplett gelungen ist, dennoch ist das ein sympathisches Album einer irgendwie „coolen“ Band. Wer so richtig ein Neofolk-Kamerad sein will, sollte eigentlich schon mal rein hören. Drei, vier Lieder sind bestimmt auch echte Kali-Yuga-Partykracher... In dem Sinne: LONG LIVE DEATH!     

 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» LUFTWAFFE offiziell
» LUFTWAFFE Myspace

Themenbezogene Newsmeldungen:
» Neues LUFTWAFFE-Album auf OLD EUROPA CAFE

Anzeige:
Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers bzw. Interviewpartners wieder. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Betreiber dieser Seite.
Link-Code zu diesem Artikel:
Wöchentliche Artikelübersicht per Mail
Werde NONPOP- Redakteur...
» Diesen Artikel bewerten
» Kommentar zum Artikel verfassen
Zusammenfassung
Bei LUFTWAFFE ist das Bemühen erkennbar, der Welt noch einmal so einen richtig bösen old school Apocalyptik Folk vor den Latz zu knallen...feat. DEATH IN JUNE, BOYD RICE und AIT!

Inhalt
1 Xian (2:00)
2 Jahada (2:37)
3 La Rabbia E L'Orgoglio (4:13)
4 Sic Semper Tyrannis (2:19)
5 Dogs (2:45)
6 Vindication Of Hate I (2:01)
7 Bled White (3:16)
8 The Indictment Of Birth (4:03)
9 Patriarch Militant (3:25)
10 Satan And The Sun (v.2) (3:21)
11 At The 9th Hour (3:03)
12 Where Lies The Land? (3:49)
13 The Scent Of The Vanquished (3:50)
14 Vindication Of Hate II (2:45)
15 Florida (3:32)
16 The Sun (3:30)
17 Fin De Ciecle (4:47)
18 Crimson On The Green (3:16)

Digipack, leider ohne Booklet
NONPOP RADIO
Nonpop Radio starten:

Hier Popup
Ebay- Angebote zum Thema:
Luftwaffe
 
boyd event luftwaffe nihility rice vanquished