Roy L.
CALLE DELLA MORTE: A Dionur Gott verpflichtet
Genre: Folk (-Rock)
Verlag: HauRuck!... Erscheinungsdatum: Oktober 2006 Medium: CD Preis: ~7,00 € Kaufen bei: HR!S.P.Q.R.... Nur die Besten sterben jung. Nicht länger als drei kurze Jahre weilten CALLE DELLA MORTE unter uns, drei Jahre voller alkoholischer Todessehnsucht, morbider Tanzschritte und düsterer Gondelfahrten. Das 'trio infernale' um HR!S.P.Q.R.-Präfekten VINZ (I.H.S.V.), INNER GLORY-Frontmann JONNY B. und den unendlich sprudelnden genius loci der Stadt Venedig entfesselte auf den spärlich vorhandenen Veröffentlichungen den bisher einzigen musikalischen Gestus, der an AIN SOPHs magisches "Aurora"-Album zumindest anknüpfen konnte. CALLE DELLA MORTE waren vor allem sehr italienisch, gutgekleidete "ragazzi di strada", symbolistische Historiker einer verlorengegangenen Grandezza, immer etwas umwölkt von einem Hauch faschistischer Dekadenz. Ihr finales Testament, ihr marmorner Grabstein "A Dio" ist ein letzter stilvoller Tritt in die Hintern und Gemüter fortwährender Ignoranten. Was mit einem elegisch-betrunkenen Volkslied ("Maya") beginnt, 'live' dahingepfeffert von einem wilden slowenischen Mädchen, endet tränenvoll in einem Schauer sakraler Orgeln ("Requiem per un'Amica"). Dazwischen entfalten sich vier letzte heiß aufflammende Lieder. Rockabilly-Folk paart sich mit Pure Roman Pop, hymnisch und feierlich, der Tonfall süßlich-locker. Auf einer mit barocker Schwermut geschmückten Bühne erdolchen sich die Protagonisten dieses tragikomischen Schlussaktes. Kartonklingen wetzend, tropft ihr rotweingeschwängertes Blut auf das venezianische Parkett. Ein fruchtbarer Boden für irreale Machtspiele, kriminalistische Liebesgeschichten, das Mysterium der Lichter und Spiegelungen. Die "Acqua Alta" scheint lebendig wie ein Dunstschleier auf dem Hin und Her ihrer Bewohner. "Meta Settembre" ist das große Vermächtnis der italienischen Band. Längst weit vom Neofolk-Klischee entfernt, finden wir uns in einem bluesigen Old-School Kosmos wieder. Für alle, die diesen Sommer auf SPIRITUAL FRONT gehofft hatten, - und mehr oder weniger bitter enttäuscht wurden - birgt diese lakonische Grabinschrift den wahrhaftigen 'Suicide Pop', ein lustig torkelnder Trauermarsch, voller Allegorien, mit 'coolen' Bassläufen, gezuckerten Melodien und dieser nächtlich-rauchigen Stimme, die sich auf den steinernen Böden unzähliger Osterien wundgekratzt hat. CALLE DELLA MORTE haben ihre Arbeit tatsächlich im Zenit stehend beendet. Ihr endgültiges "Addio" ist ein Abschied an überirdische Sphären, eine Anrufung höherer Mächte, ein pathetisches "A Dio" - ein Werk, das nur Gott verpflichtet ist. Seraphflügel breitend, erhebt sich der religiöse Chorus von "Symbolum 77" zu kathedralischen Ausmaßen. Etwas weltlicher und schmutzig-romantisch, das süße "Lame di Cartone". Ein wenig bekommt man den Eindruck, eine Handvoll Punks hätte hier plötzlich auf Folk umgesattelt und unterwegs noch ein paar Countrymusiker aufgegabelt. Oder, als hätte man diese Stücke von einem zwanzig, fünfundzwanzig Jahre währenden Schlummer befreit und neu aufgenommen. Seltsam, dass die Reise schon vorbei ist, dass sie gerade hier, an dieser liebenswürdigen Stelle enden musste, der Vorhang geschlossen wurde und die Trauerfeier bereits im eisigen Novemberwind zerstäubt. Schade um diese außergewöhnliche Band, die den Italophilen unter uns Musikliebhabern in den letzten Jahren so viel Freude und Hoffnungen bereitet hatte. Ruhet in Frieden, ihr venezianischen Dandys, wir werden euch vermissen. Doch in eurer verzauberten Wunderstadt werdet ihr als unvergessene Tote umhergeistern, wo sich unter den Kanälen und nachtfeuchten Gassen ein saugender Eingang zur Hölle auftut. Von hier aus senden CALLE DELLA MORTE ihre Postkarten in die Welt der Überlebenden. Nur kurze Grußworte sind es, eine Einladung ins Fegefeuer, ein lauthals lachender Epigraph. † Fine †
Roy L. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » Calle Della Morte » HR!S.P.Q.R. Themenbezogene Artikel: » Calle Della Morte :: Peste '03 » Calle Della Morte Themenbezogene Newsmeldungen: » Calle Della Morte - A Dio
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Zusammenfassung
Kurzes Testament und suizidaler Selbstinszenierungsakt der hoffnungsvollsten Vertreter von Italiens junger Folk-Pop Garde. CALLE DELLA MORTE haben ihre Arbeit im Zenit stehend beendet. Ihr endgültiges "Addio" ist zugleich ein pathetisches "A Dio" - ein Werk, das nur Gott verpflichtet ist.
Inhalt
Maya
Meta Settembre Symbolum 77 Lame di Cartone Cartoline dall'Inferno Requiem per un'Amica 14min HR!S.P.Q.R. X | MCD in Sleevecard + Inlay |