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Dominik T.

V.I.: Noise.Il (Sampler)

Industrial aus Israel


V.I.: Noise.Il (Sampler)
Genre: Industrial/Noise
Verlag: Tophet...
Medium: CD
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"Industrial“, der so umgrenzt nichts weiter als das sein will und z.B. Gummibegrifflichkeiten wie "avantgardistisch“ nur deshalb benutzt, weil das zum Szeneslang gehört, ist anno 2006 meist eine etwas dröge und visionsarme Angelegenheit, die nur darauf ausgerichtet ist, einer kleinen Zielgruppe zu gefallen, die es genauso haben will. Stellt man dies als umfassende Klammer voran, gibt es recht interessante Industrial-Szenen in östlicher Richtung, besonders in Russland, aber auch in Israel. Offenbar liegt das auch etwas an dem gesellschaftlichen Klima in diesen Ländern, gehören doch alle erdenklichen Stimmunglagen zwischen Nervosität, Frust und Paranoia zu den produktivsten Triebfedern für guten Krachsound. Vor ein paar Wochen erschien nun mit "Noise.Il“ auf TOPHET PROPHET nach "Tel Aviv Aftermath“ der zweite reine Industrialsampler, dessen Ziel es offenbar ist,  die israelische Industrialszene vorzustellen.
Die CD wird in einem wirklich schicken Digipack geliefert, auf dem Cover sind vier Weizenähren abgebildet, deren Stengel in einen Barcode übergehen. So ein Bild reizt natürlich direkt zum spekulativen Interpretieren, vermutlich hat es was mit "Leben“ und "Verdinglichung“ zu tun ("I’m not a number, I am a free man“, wie es bei DEATH IN JUNE und IRON MAIDEN heißt) oder ist sogar eine direkte Anspielung auf die prekäre Lage, in der sich Israel befindet.
Nun denn, los geht’s mit MORTALMANIFEST, einem relativ neuen Projekt, welches auch gerade unter dem Titel "Wake“ auf dem israelischen Label HOUSE OF THE LAST LIGHT eine Vollzeit-CD veröffentlicht hat. Auf ihrer "Myspace“-Seite geben sie u.a. an, von solchen COLD MEAT-Acts wie SKIN AREA und IRON JUSTICE beeinflusst zu sein. Abgesehen davon, dass es doch wundern sollte, solche weniger als mittelspannenden Industrialprojekte schon als Einflussgrößen anderer vermittelt zu bekommen, ist dieser Selbstbeschreibung nichts hinzuzufügen. Auf "Noise.Il“ sind sie zweimal vertreten. Ihr Opener des Samplers "Fear Establishment For Lucifer Jupiter“ besteht aus einer etwas soundtechnisch bearbeiteten, englischsprachigen Rede, die von Zuschauerlachen und nervösem Trommeln begleitet wird. Das Ganze dauert gut zehn Minuten und der "Clou“ des Ganzen wird einem, wenn überhaupt nur klar, wenn man auch weiß, um was es in dieser bearbeiteten Rede geht. Also fragte ich einfach mal beim verantwortlichen "Industrialisten“ nach. Laut seiner Antwort beschäftigte er sich hier mit Verschwörungstheorien, im speziellen mit dem "Einfluss“ der "Illuminaten“ auf die USA, demnach handle die Rede von dem "Plan“, den Planeten Jupiter zu sprengen, um dann... äh, naja, irgendwie wollen jedenfalls die "Illuminaten“ die Welt beherrschen, tut mir leid, ich bekomme von so Theorien Kopfweh. Die Rede stamme von einem christlichen Ex-Illuminaten, der die Welt vor so luziferischen Plänen warnen möchte.  Ähnlich gelagert auch der andere MORTALMANIFEST-Track "The Star Of Washington“, drei Minuten mehr oder weniger rhythmischer Noise, inhaltlich von der Entdeckung inspiriert, derzufolge man auf Satellitenphotos sehen könne, dass um das  "Weiße Haus“ ein satanisches Pentagramm erkennbar sei, an welchem besagter Regierungssitz die nach unten weisende Spitze markiert.
Tja, solche Themen erwartet man von VAWS, Rüggeberg oder "künstlerisch“ verarbeitet vielleicht von SRP (Gott habe ihn selig), aber sicher eher weniger von einem israelischen Industrialprojekt. Dieser Umstand macht das Unternehmen MORTALMANIFEST ganz witzig, aber das allein reißt dann doch nicht vom Hocker, dennoch, ich habe schon mal schlechteren Industrial gehört. Weiter geht es mit DRONE LEBANON und wieder zwei interessant klingenden, über den Sampler verteilten Titeln(amen) "I’ll Be The Weininger Of My Time“ und "Zionistzermatism“. Im ersten Stück wird natürlich OTTO WEININGER Tribut gezollt, jenem genialischen, mysogynen, antisemitischem wiener Juden, der bereits mit 23 Jahren spektakulär seiner Existenz eine Ende bereitete und der so unterschiedliche Literaten und Philosophen wie KARL KRAUS, AUGUST STRINDBERG, JULIUS EVOLA oder LUDWIG WITTGENSTEIN stark beeinflusste. Es ist überliefert, dass Hitler in ihm "den einzig anständigen Joden“ zu erkennen glaubte. Auch später eiferten manch traurige Gesellen der Neonaziszene Weiniger bewusst oder unbewusst nach. Ein Beispiel wäre DAN BURROS, ein echter "Nazi Of The Night“, der das Konzept der "Leaderless Resistance“ ("we’ve got no swastika, we’ve got no leader“) entwickelte und sich später aufgrund seines eigenen "Jüdischseins“ konsequenterweise erschoss. Auch "Apocalypse Culture II“ berichtet von einer kuriosen (ein Mann) Organisation namens "Jews For Hitler“. Das DRONE LEBANON-Stück vermittelt durchaus etwas von dieser schrägen Weltsicht, indem es mit sich steigernden "nahöstlichen“ Gesängen anfängt, dann in aggressives Power-Electronics-Geschrei übergeht (Zitate aus Weiningers Hauptwerk "Geschlecht und Charakter“) und im generellen Noise-Inferno endet. Wahrlich nicht originell, aber auch nicht schlecht und sicher das beste Stück des Samplers. "Zionistzermatism“ setzt nun, laut E-Mail-Auskunft des Künstlers, antisemitische Stereotype in Beziehung zu den Theorien des polnischen Malers STANISLAW SZUKALSKI. Soundtechnisch bieten uns DRONE LEBANON hier eine Stimm-Sample-dominierte, klassische Noise-Ambient/Industrial-Komposition. Sehr gut eigentlich und was für Freunde von Projekten wie PROJEKT HAT, GIFT oder CONTROL RESISTANCE. Der Mann hinter diesem Projekt ist ein desillusionierter israelischer Soldat, der einst im Libanon kämpfte. "Drome Lebanon“ (mit "m“) ist hebräisch und bedeutet "Südlibanon“. Es geht hier also um Traumataverarbeitung.

Andere Projekte dieses Samplers sind GEDEM (unstrukturierter Noise), WRECK & DROOL (auch nicht übermäßig spannender Industrialnoise), sowie GROP vs. ABOOLELE bzw. ABOOLELE vs. GROP (!) mit anhörbarem, rhythmischem Noise.

Schlussendlich wird der Sampler mit einem Beitrag, der mittlerweile recht bekannten BARZEL abgeschlossen, "bekannt“, weil dieses Projekt aus der Diaspora New York sich dem radikalen "Zionismus“ verschrieben hat und dementsprechend krasse Power- Electronics liefert. Das Projekt ist nicht die Offenbarung schlechthin, aber international weit über dem Durchschnitt. Mit BARZEL wurde ein sehr tiefgründiges Interview in der aktuellen DEGENERATE-Ausgabe geführt, wer also einen unheimlichen Einblick in die Welt des Zionismus erheischen will, sei dahin verwiesen. Im "Industrial“ geht es traditionell um Information, insofern muss man selbstverständlich mit Projekten wie BARZEL genauso leben, wie es auch mit den paar wenigen authenthisch "neonazistischen“ Projekten (GENOCIDE LOLITA) gelingt. Daher verstehe ich die Aufregung um BARZEL nicht und wünsche allen, die so etwas brauchen, viel Spaß.

"Noise.Il“ kann ich insgesamt nicht vollends empfehlen, doch lohnt es sich sicher, DRONE LEBANON kennenzulernen. Der Sampler ist aber interessant, wenn man an dem einen oder anderen angesprochenen Thema ein spezielles Interesse hat. Qualitativ und künstlerisch wirkt  "Noise.il“ auf mich wie eine israelische Fortsetzung des COLD MEAT-Samplers "Estheticks Of Cruelty“ (1999), der ja nicht so schlecht war. Ob es Sinn macht, Veröffentlichungen dieser Art anzuhäufen, bleibt altklugerweise jedem selbst überlassen.


 
Dominik T. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» TOPHET PROPHET Label


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Zusammenfassung
„Noise.Il“ kann ich insgesamt nicht vollends empfehlen. Der Sampler ist aber interessant, wenn man an dem einen oder anderen angesprochenen Thema ein spezielles Interesse hat.

Inhalt
01. MORTALMANIFEST: Fear Establishment For Lucifer Jupiter
02. Drone Lebanon: I'll be the weininger of my time
03. Gedem: My Bleeding Ears
04. Gaop vs Aboolele: Telemarketing The Temple Of Hatred 2005
05. Wreck&Drool: Idle Petitions
06. Drone Lebanon: Zionistzermatism
07. MORTALMANIFEST: the Star Of Washington
08. Aboolele vs Gaop: He Will Be Blessed
09. BARZEL: Rebuild The Temple Now
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