Polen war schon zu Ostblock-Zeiten ein gutes Pflaster für Heavy Metal, man denke an die Speed Metaller TURBO, die renommierte Death Metal Band VADER und natürlich an die Satanisten-Kultband KAT, die so genial waren, dass sich auch der legendäre, 1986 verstorbene METALLICA-Bassist CLIFF BURTON nicht länger beherrschen konnte und seine Kutte mit KAT-Aufnähern verschönerte. Bei der zweiten, durch die Norweger berühmt gewordenen Black Metal-Welle war man auch früh dabei, die ersten Bands waren hier die heute vergessenen IMPERATOR, die EURONYMOUS (MAYHEM) auf DSP veröffentlichen wollte, HOLY DEATH, XANTOTOL, sowie eine ganz lustige Band, die sich BUNDESWEHRA (!) nannte. Es folgten GRAVELAND, BEHEMOTH und kurz darauf THIRST, SACRILEGIUM, INFERNUM und NORTH, später noch unzählige andere. Soweit ich das beurteilen kann, entwickelte sich die polnische Black Metal-Szene ab 1993 dann zu einer der aktivsten Europas. Aufgrund der Vorreiterrolle GRAVELANDS, deren Schreihals und ideologischer Kopf ROB DARKEN zumindest laut den Interviews die ich kenne, nicht gerade mit überschäumender Intelligenz gesegnet ist, brachte unser Nachbarland dann auch bekanntlich eine unrühmlich hohe Anzahl musikalisch schlechter sogenannter NSBM-Bands hervor (Nationalsocialist Black Metal). Warum sich ausgerechnet Polen hier hervortut, ist mir spontan schleierhaft, womöglich liegt es an der noch vergleichsweise starken katholischen Kirche des Landes und/oder einer besonders prekären Orientierungslosigkeit nach dem Ende des Kommunismus. Ist ja auch egal, jedenfalls orientierte sich die polnische Szene deutlich an ihren norwegischen Vorbildern, allen voran EMPEROR und DARKTHRONE. Unser Nachbarland schaffte es also genau wie wir Deutsche und im Gegensatz zu z.B. Finnland, Griechenland und Brasilien nicht oder nur sehr rudimentär einen eigenen, nationalen Black Metal-Sound zu kreieren. Der SACRILEGIUM Black Metal ist schnell beschrieben, denn er ist 100% lupenrein. Die „Sleeptime“-Stücke sind (fast) keyboardfrei und orientieren sich deutlich an DARKTHRONE in ihrer (besten) „Under A Funeral Moon“-Zeit. Mittlerweile versucht jede dritte Band diesen Stil zu kopieren, den meisten kann man getrost die Existenzberechtigung absprechen, SACRILEGIUM gelingt es jedoch hervorragend diese berühmte Kälte zu erzeugen. 1994 war das DARKTHRONE-Kopieren noch nicht so ein Black Metal-Volkssport wie heute, vermutlich gelang es SACRILEGIUM genau deshalb so beängstigend gut. Die fünf „Sleeptime“-Songs sind jedenfalls allesamt Volltreffer. An dieser Stelle muss ich noch daraufhinweisen, dass sich die Qualität einer guten Black Metal-Komposition geradezu experimentell nachweisen lässt Verspürt man beim Anhören auf einmal wie von Geisteshand gesteuert Lust darauf herumzuposen wie einst GENE SIMMONS (KISS), d.h. Zunge raus, dann „züngeln“ und Kopf nach oben, ist es guter Black Metal, bleibt das aus, ab in die Tonne damit. Die „Embrace The Darkness“-Stücke zeigen SACRILEGIUM von einer etwas anderen Seite. Man entwickelte sich in eine zaghaft- melodischere Richtung, der Keyboard-Einsatz nahm zu. Weiber-Black Metal also? Jein. Richtig ist, dass ein Zuviel an Keys oft dazu dient kompositorische Schwächen, d.h. die Kunst gute Riffs zu schreiben, zu verdecken. (Das ist gut bei DIMMU BORGIR zu hören.) Eine leichte Tendenz dahin ist auch hier beim ersten Song „The Serpents Throne“ auszumachen, obgleich der Keyboardeinsatz originell ist und teilweise an die klassisch beeinflussten cemballo-artigen Melodien früher GEHENNA-Aufnahmen erinnert. Insgesamt ist die Qualität des Songwritings jedoch weiterhin auf sehr hohem Niveau und bietet mit „Mare Tenebrarum“ einen der besten Black Metal-Songs, der mir je zu Ohren gekommen ist (und das heißt was!). SACRILEGIUM überschreiten hier passagenweise die Grenze zum puren Wahnsinn und schaffen es, ein Gefühl völliger metaphysischer Entfesselung, gleich einem freien Fall ins Ungewisse, zu erzeugen, die Black Metal-Variante der berühmten „German Angst“, die wirklich existenziell berührt und im Stande ist, aus Black Metal etwas künstlerisch Wertvolles zu machen. Ich hoffe, man versteht was ich meine, wahrlich eine schon spirituell zu nennende Hörerfahrung und eine beeindruckende Erinnerung daran, wie sehr ich diese Musik mal geliebt habe. Insgesamt sind bei den neueren SACRILEGIUM starke Ähnlichkeiten zu den nicht so sehr bekannt gewordenen Norwegern von OBTAINED ENSLAVEMENT, d.h. deren ersten beiden Alben, herauszuhören, zumindest in diesem Fall dürfte dies aber kein bewusstes Kopieren sein, zumal SACRILEGIUM sogar einen Deut besser sind. OBTAINED ENSLAVEMENT möchte ich aber bei dieser Gelegenheit gleich mitempfehlen. Ein echter Neofolk-Auskenner prägte einst für Musik, die auf eine ganz bestimmte Art erbaulich-transzendent ist, den Terminus „Reichsmusik“, dieser lässt sich mitunter auch gut auf die „Stampfpassagen“ SACRILEGIUMs anwenden. Sie reizen einfach dazu, das imaginäre Schwert gen Himmel zu recken. Der spezielle Reiz neuerer SACRILEGIUM besteht nun darin, dass sich Reichsatmosphäre und archaischer „Angst-Wahnsinn“ ständig abwechseln und genau das ist das zweite, tiefgründigere Kriterium für guten Black Metal. Alles in allem ein sehr gute Black Metal-Zusammenstellung fast ohne Schwächen. Wer es findet, sollte sich auch das SACRILEGIUM-Album „Wicher“ (1996) zulegen. P.S. Thematisch waren SACRILEGIUM übrigens nicht „satanisch“, sondern slawisch-heidnisch motiviert. Die Keyboarderin ist studierte Skandinavistin und lebt mittlerweile in Norwegen.
Dominik T. für nonpop.de
Verweise zum Artikel: » SACRILEGIUM Fanseite » ODIUM Rec.
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Zusammenfassung
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Inhalt
Tracks 1-3: "Embrace the Darkness" Promo'99, 4: Track from Split MLP w/ North,
5-10: "Sleeptime" demo'94. 1. Lilitu Aria 2. The Serpents Throne 3. Mare Tenebrarum 4. Tam gdzie ga�nie dzieñ... 5. Dawn 6. Empty Side Of Soul 7. Unholy Dream 8. Silence 9. Darkness... 10. Twilight |