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Dominik T.
SVARROGH: Kukeri
Black Metal eines ALLERSEELEN Trommlers
Kategorie: Rezension
Erstellt: 14.07.2006
Wörter: 976
Artikelbewertung:
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Bekanntlich hat sich der Black Metal von heute extrem ausgedehnt. Was als schmutziger Rock + Lobpreisung des Teufels (VENOM) begann, ist heute tausendfach stilistisch aufgefächert und differenziert in verschiedene Subgenres. Black Metal gibt es in allen Winkeln der Erde, gut, vielleicht nicht in Nordkorea, wohl aber z.B. in Afghanistan. Es gibt ihn als Biker-Rock'n' Roll-Vergnügen; es gibt ihn mit fließenden Grenzen zum Ambient oder industriellen Drone-Sounds; es gibt ihn "seriös-okkult", als bierernst- gemeinte lycantroph- atavistische Selbstverzauberung oder als schnöden Rechtsrock. Kurz, stilistisch ist Vieles möglich, der Kontext ist entscheidend, und weltanschaulich ist vom traditionellen Heavy Metal-Satanismus bis hin zum C.G. Jung beeinflussten Archetypen-Neuheidentum auch alles (Un)sinnige im Angebot. Eine besondere Pandora-Büchse machten Mitte der Neunziger ein gewisser Herr Nagell, ein Sigurd Wongraven und eine Kari Rueslätten als STORM auf (Kari distanzierte sich kurz darauf von diesem Projekt). Auf ihrem Album "Nordavind" (1995) spielten STORM norwegische Volkslieder im schwermetallischen Gewand und nannten das dann "Nordisk Nasjonalromantik Musikk". Sofort nach Erscheinen war klar, dieses Album ist aufgrund seiner eigentümlichen Mischung aus Bodenständigkeit und eben vikingländischer Nationalromantik ein Klassiker, der seine Nachahmer finden wird. Noch im selben Jahr erschien (vielleicht noch vor STORM und sowieso unabhängig davon) "Tuatha Na Gael" der Iren CRUACHAN, eine bis heute unerreichte Symbiose aus Irish Folk und Black Metal. Der Boden für nationalromantisch-folkloristischen Black Metal war also bereitet, zumal diese Verbindung sicherlich schon vorher durch solche Bands wie die frühen ULVER, die die norwegische Troll-Volkskultur für den Black Metal fruchtbar machten, in der Luft lag.
Nun, einige Jahre später haben wir, wie das immer so ist, den, mal mehr, mal weniger bekömmlichen Salat. Diese Art von Volkskultur-Black Metal, dessen künstlerische Hauptantriebsfeder sich meist aus einem mehr oder weniger gesunden (Kultur)- Nationalismus speist und mit den "satanischen" Wurzeln des Genres nun gar nichts mehr zu tun hat, ist heute vor allem in den slawischen Ländern sehr beliebt. Ein schönes Beispiel dafür ist SVARROGH, eine Ein-Mann-Band des in Deutschland lebenden Bulgaren DIMO DIMOV. SVARROGH - der altslawische Gott des Feuers und der Sonne - gibt es als Musikprojekt seit 2001. Besagter Herr Dimov spielt hier tatsächlich auch alle Instrumente selbst ein (also kein Drumcomputer oder ähnliches). SVARROGH versuchten von Anfang an die Folklore der bulgarischen Heimat mit typischen "Norsecore"-Black Metal zu verbinden. "Norsecore" ist ein Begriff für den (leider) in der Szene dominierenden Black Metal mit schrillem Keifer-"Gesang". Durch den Erfolg der norwegischen Bands, kommen leider 95% der heutigen Bands des Genres nicht auf die Idee es stimmtechnisch mal anders zu versuchen. Das jüngste SVARROGH-Album "Kukeri" ist gerade via HEAVY HORSES RECORDS erschienen. Bei "Kukeri" handelt es sich, so der Beipackzettel, um einen volkstümlich-bulgarischen Brauch am "Rosenmontag". Zumindest vom "Outfit" ist Kukeri auch ein Pendant zum alpinen Perchtentanz, den ja STURMPERCHT oder WALDTEUFEL schon ausgiebig auf ihren Tonträgern und Auftritten behandelt haben. Das Kukeri-Konzept dürfte dann auch gleich Hinweise genug darauf liefern, was denn musikalisch erwartet werden darf. Und tatsächlich: Das Ergebnis ist wenig überraschend - typischer Black Metal und slawische Folklore treffen, wie auch auf den zwei bisher erschienen Vorgängeralben, im steten Wechselspiel aufeinander. SVARROGH nennen das "Bulgarian Bitow Black Metal". "Wenig überraschend" heißt jedoch nicht, dass es an eigener Identität mangelt, im Gegenteil, mir ist keine weitere heutige Black Metal Band bekannt, die derart leidenschaftlich darum bemüht ist, sowohl authentische, heimatliche Folklore als auch wüsten Black Metal gleichberechtigt erklingen zu lassen. Der Gesang ist ebenfalls recht variabel gehalten, neben dem typischen Keifern und Flüstern, sind auch eine Klarstimme und Death Metal-typisches "Growlen" zu vernehmen. Alles in allem kann man Vergleiche zum legendären CRUACHAN-Erstling durchaus gelten lassen, wenn auch die Folkloreform natürlich eine andere ist und bei den Iren die Symbiose harmonischer gelungen ist. Dafür sind SVARROGH druckvoller und aggressiver, während sich allerdings der Black Metal und die Folklore noch etwas schüchtern gegenüber stehen. Auch ahnt man sofort, dass es sich um eine Ein-Mann-Band handelt. SVARROGHs Songstrukturen klingen hier und da (wohl bewusst) etwas chaotisch und lassen eine visionäre Dickköpfigkeit vermuten, die in einem Bandkollektiv sich wohl so nicht hätte entfalten können. Die Black Metal-Seite von SVARROGH ist gut, wenn auch von den Riffs her nicht gerade ausgesprochen ungewöhnlich. Die eigene Identität entsteht so vollends allein durch die folkloristischen Aspekte. DIMO DIMOV arbeitet wohl an einem reinen Folklore-Album, auf das man wirklich gespannt sein darf. Ich bin nun kein Experte für slawische Folklore, doch scheint der Exil-Bulgare alles hier sehr beeindruckend authentisch, im Sinne der schon sprichwörtlichen Balkan-Schwermut, umgesetzt zu haben. Vielleicht kennen einige wenige das bulgarische Musikkollektiv ISIHIA; sie veröffentlichen nicht im Neofolk-Kontext, sondern auf einem schnöden Weltmusik-Label, dennoch würde ihnen bei grösserer Bekanntheit ihrer kämpferischen Musik zumindest der Teil der Neofolkwelt zu Füßen liegen, der etwas mit frühen LAIBACH, ACTUS, SCIVIAS, SKROL, TMLHBAC, PARZIVAL, BORIS KOVAC und natürlich LE MYSTERE DES VOIX BULGARES (Ja, ich schmeiße alles in einen Topf, bitte untertänigst um Verzeihung.) anfangen können. SVARROGH bieten diese stolzgeschwellte Brust- Atmosphäre ebenfalls, wenn auch noch nicht so eindringlich. Fazit: SVARROGH ist ein ambitioniertes Projekt, welches für den metallischen Teil noch nicht die Pagan Metal-Klasse der Iren von PRIMORDIAL besitzt, bekanntlich die Band des Genres, die seit Jahren alle anderen Heiden-Combos, inkl. der so gut gestarteten CRUACHAN, auf die Plätze verweist, aber mit dem bereits angekündigten Neofolk-Album sicher für Furore sorgen wird (DIMO DIMOV trommelt auch für ALLERSEELEN). Wenn es dann erscheint, duerfte es mit den interessanten KINOVIA (CYNFEIRDD) aus Bosnien, die zweite lohnende Balkan- Neofolk Veröffentlichung werden. Freunde des Volkskultur-Black Metals, die z. B. die Robustheit solcher (übersteigert) ukrainisch-nationalistischer Recken wie KRODA, die lettischen SKYFORGER oder ein paar anderer talentierter russischer ("BlazeBirth Hall") und ukrainischer Jungs, die ich hier lieber nicht nenne, zu schätzen wissen, werden mit "Kukeri" sicher hochzufrieden sein. Kleine Randnotiz: DIMO DIMOV ist auch noch als Schlagzeuger Mitglied bei HATRED DIVINE - melodischer Black Metal - und spielte vorher noch bei den Bands ARGUS und VISZERAL.
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Verweise zum Artikel:
» SVARROGH offiziell
» SVARROGH @Myspace
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Zusammenfassung
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Inhalt
1. The Pashovi Cliffs
2. Mourning mill
3. Wind hunters
4. Kukeri towards the sea
5. My dinasty
6. The solitude Of Stara Planina
7. Rhodopean winter
8. Kukeri in the snow
9. Somewhere in the woods
10. Memories in the dark of the ages
11. Sun, I pray to thee
12. Kukeri Of The Sun
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