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Roy L.

Martyn Bates & Troum

"To A Child Dancing In The Wind"


Martyn Bates & Troum
Genre: Drone
Verlag: Transgredient
Vertrieb: Drone Records
Erscheinungsdatum:
April 2006
Medium: CD
Preis: ~12,00 €
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Bei den, in unseren Kreisen immer häufiger werdenden Zusammenarbeiten von Künstlern trennen sich die musikalischen Resultate, abhängig vom Potential harmonischer Konvergenz, oftmals am Scheideweg zwischen breiig verschwommenen Mixturen und einzigartig stimmungsvollen Verschmelzungen. Manchmal gibt es sogar Kollaborationen, die man sich insgeheim, in der dunkelsten Ecke des Geistes wünscht, und so ungewöhnlich sie auf den ersten Blick erscheinen mögen, sind sie dann früher oder später doch fleischgeworden.
Die gemeinsame Arbeit von Englands düsterstem Troubadour MARTYN BATES und den Bremer Dronemusikanten TROUM, nach langer Ankündigung nun endlich vor zwei Monaten erschienen, lässt sich zweifelsohne der eben genannten Kategorie zuordnen. Auf ihrem Konzeptalbum "To A Child Dancing In The Wind" gleiten zwei im Grunde gar nicht mal so weit voneinander entfernte Welten ineinander.
MARTYN BATES ist sicher den meisten Lesern als Mitbegründer des seit 1980 aktiven, enorm einflussreichen Duos EYELESS IN GAZA bekannt. Nach sieben Jahren und bereits damals unzähligen Alben, die im Niemandsland zwischen Rock und Pop alle nur denkbaren stilistischen Verästelungen durchschritten, beendete er kurzfristig die Zusammenarbeit mit Peter Becker, um als Solist ausgedehnte Ausflüge in folkloristische Gefilde und den Kosmos des "Wyrd-Folk" zu unternehmen. Viele traditionell und neo-romantisch inspirierte Alben entsprangen der stets unüberschaubaren Kreativität des kauzigen Briten. Doch auch ein reger Austausch mit anderen Künstlern entwickelte sich aus der schieren Anziehungskraft seiner Veröffentlichungen heraus. So entstanden u.a. die "Murder Ballads", eine Trilogie episch langer Dichtungen, die mit ex-NAPALM DEATH-Drummer Mick Harris aufgenommen wurden. Gemeinsam mit der längst emanzipierten ex-Grufti Chanteuse ANNE CLARK vertonte Bates einen Gedichtszyklus von Rainer Maria Rilke. Mit ex-World Serpent Chef Alan Trench (ORCHIS) entstand gar ein gänzlich neues Psych-Folk-Projekt namens TWELVE THOUSAND DAYS und neben zahlreichen Soundtrack- und Stummfilmarrangements wurde letztendlich auch EYELESS IN GAZA Mitte der Neunziger wieder rehabilitiert, so dass man MARTYN BATES durchaus einen vielbeschäftigten Wirbelwind heißen kann. Im vorigen Jahr erschien bei dem Schweizer Label Shayo eine Neuauflage des legendären "Mystery Seas (Letters Written #2)" Albums, die ihn der Neofolksubkultur sicher noch einen Schritt näher brachte.
Das deutsche Ambientprojekt TROUM mag zwar nicht auf eine derart weit zurückreichende Geschichte zurückblicken können, gehört allerdings ebenso seit mehreren Jahren zum festen Kern der Szene. Aus dem inzwischen kultverdächtigen Trio MAEROR TRI entsprungen, das seit Ende der 80er/Anfang der 90er eine in letzter Zeit neu entdeckte Spur von mehr als einem Dutzend Tapes und einigen offiziellen Veröffentlichungen hinterließ, synthetisierten Stefan Knappe (Baraka[H]), seinerseits Chef von Drone-Records, und Martin Gitschel (GLIT[s]CH]) einen fast schon revolutionären, unverkennbaren Stil aus mehrschichtig verfremdeten Gitarrendrones und meditativen Ambientflächen, die mal mehr, mal minder von Ethno- und Psychedelicelementen getragen werden. Der Dritte im (ehemaligen) Bunde, Helge Siehl, veröffentlicht nebenbei bemerkt unter dem Namen TAUSENDSCHOEN weiter. Mit einem bereits gewaltigen Oeuvre und nicht zuletzt durch die meilensteinartige "Tjukurrpa" - Trilogie haben sich TROUM im internationalen Genre mehr als deutlich etabliert und dabei sogar die Stellung des angesehnen Innovators bezogen.
Was die beiden nun für das hier vorliegende Album zusammenführt und - ich nehme es gleich vorweg - in kongenialer Weise aneinander bindet, das ist der große, mythenreiche Genius des irischen Poeten William Butler Yeats (1865-1939). Als einer der hervorragendsten englischsprachigen Lyriker des ausgehenden 19.Jahrhunderts hauchte er der antizeitgeistlichen neoromantischen Strömung mit naturmystischen Insignien und exotischen Allegorien neues Leben ein. In ein kulturelles "fin de siècle" hineingeboren, stand Yeats gewissermaßen zwischen den schrittweise divergierenden Welten. Mit Versen, die sich in eine moderne Bildsprache vornüberbeugen und gleichzeitig dem Rhythmus antiker Form und Strenge verhaftet bleiben, gelang ihm der Spagat als rätselhafter, ungreifbarer Virtuose verbalisierter Sehnsüchte. Yeats, der zynische, mythologisch überpflasterte Minnesänger, der keltische Traditionalist, der auch die okkulten Kreise einer Helena Petrowka Blavatsky tangierte, Kontakt zu Ezra Pound und Oscar Wilde hielt, blieb dadurch aber oftmals auch unverstanden, schwer zugänglich und wortwörtlich von esoterischer Qualität. Erst im vorigen Jahr erschien unter Herausgabe von Norbert Hummelt ein Gedichtband mit neuerlichen Übersetzungen ins Deutsche ("Die Gedichte", Luchterhand, München 2005).
Auf dem Album "To A Child Dancing In The Wind" lassen sich nun neben zwei instrumentalen Stücken vier Vertonungen aus dem Spätwerk des Dichters finden. Der Auftakt wirkt mit dem dreizehnminütigen "Mad As The Mist And The Snow #2" vom ersten Augenblick an außerordentlich fesselnd. TROUM liefern dabei sozusagen das sphärische Fundament, das sukzessive freigelegt und ausgebreitet wird, sanft anschwillt und subtilen Höhepunkten entgegengestrebt. Eine nahezu übersinnlich wahrgenommene Präsenz von Drones entströmt den meist rückwärtslaufenden, bis zur Unkenntlichkeit bearbeiteten Gitarren- und Akkordeonloops. Die Kompositionen des Bremer Duos erstrecken sich auf eine derartig voluminöse Dreidimensionalität, wie man sie ansonsten nur von BAD SECTOR, dort natürlich etwas schneidender, verzerrter kennt. TROUMs geistige "Muzak" ist der raumgewordene "stream of (sub-)consciousness" traumwandlerischer Substanzen, eine Art Umstülpung psychosomatischer Kreisläufe. Wenn MARTYN BATES nun darein seinen Gesang legt, tut er dies ohne durch Überhöhung den atmosphärischen Hintergrund zu abstrahieren, oder in gedämpfter Artikulation seine Stimme diesem anzupassen, sondern in einer so natürlichen Weise, dass es fast Mühe bereitet, in Worte zu fassen, wie leichtfüßig sich hier die unterschiedlichen Wellenzüge zu harmonischen Interferenzen vereinigen. BATES interpretiert Yeats' Verse aus der emotionalen Tiefe der Bilder heraus, die Worte auf sachten Schwingen zu ätherischen Spruchbändern verbindend, ohne dabei allzu sehr dem Gewicht formalen Schnickschnacks zu verfallen. Hieraus klingt auch eine nostalgische Sprachmelodie; Yeats selbst wird ins Zeitliche gesetzt, seine anachronistische Lyrik umso mehr, sie entrückt in eine mythologische Vorzeitigkeit. Mit dem Harmonium verleiht der Brite der Musik einen ebenso aufs Vergangene bezogenen, sogar etwas folkloristischen Charakter. Wenn kurz vor dem Ende des ersten Titels, in der eindrucksvollsten Passage des gesamten Albums, das berauschende Zittern der Balalaika fast schon unmerklich hinzutritt, wird alles auf eine höhere Ebene gehoben. Alles fließt, wird umflossen von der Transzendenz dieses fragilen Klangbettes. Eine kurzlebig hindurchscheinendes Ineinanderströmen von Innen- und Außenwelt, Drone-Folk in intensivster Ausschweifung. Die weiteren Stücke besitzen eine für TROUM ungewöhnliche songhafte Kürze. Auch scheinen die meditativen Ambientstrukturen, ihrem düsteren Schleier entledigt, jedoch immer noch so subtil wie möglich und quasi im "Subtext" begriffen, etwas mehr traditionell melodische Ausformungen zu offenbaren. Gerade in dem Instrumental "The Magi", das durch BATES' ausufernde Mundharmonikadramatik Morricone-ähnliche Gefilde durchragt, hören sich die brummelnd sägenden Gitarren auch als das an, was sie tatsächlich sind. So beeinflussen beide "Kollaborateure" einander im positivsten Sinne und konkretisieren ein gemeinsam gefundenes Klangerleben, das wiederum dem unwiderstehlich melancholischen Zauber von William Butler Yeats unterworfen ist. Ein Gesamtwerk konnte hier entstehen, das auch unterstrichen wird durch die, in stimmungsvollen Farben gehaltene, üppig ausgedehnte, mit, viel romantisches Flair der Jahrhundertwende hervorrufenden Fotos versehene Gestaltung von Mystery Sea Labelchef Daniel Crokaert.

 
Roy L. für nonpop.de


Verweise zum Artikel:
» Martyn Bates
» Troum
» Transgredient Records
» William Butler Yeats


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Zusammenfassung
Das deutsche Ambient-Duo TROUM und der britische Wyrd Folk-Troubadour MARTYN BATES vertonen in magisch harmonierender Kollaboration Gedichte des Neo-Romantikers William Butler Yeats. Poetischer Drone-Folk in intensivster, emotionalster Ausschweifung!

Inhalt
Mad As The Mist And Snow #2
The Arrow
The Magi
I Made My Song
To A Child Dancing In The Wind
Mad Reprise

38min

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